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Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition)

Titel: Die Wilden Küken - Auf der Alm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmid
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Falkenturm gewandert.« Sie wies mit der Hand nach draußen. »Eine halbe Stunde von hier!«
    Ole rutschte neben Lilli und kuschelte sich in seine Decke.
    Fanni starrte ins Leere. »Es war ein weiter und beschwerlicher Weg für Antonio!«
    »Aber er hat Sie geliebt!«, flüsterte Lilli.
    »Ich weiß nicht, ob es wirklich Liebe war.« Fanni verlor sich kurz in Gedanken. »Ich wurde schwanger und mein Vater, der stolze Schraderbauer … Er war gegen Antonio. Und das hat er ihm auch gesagt.« Sie faltete die Hände im Schoß. »Ich habe eine Woche lang gebetet und gewartet. Ich konnte ja nicht mit Antonio reden, nachdem mein Vater ihm gedroht hatte.« Ihre Stimme wurde immer leiser. »Endlich war Sonntag. Ein schlimmer Tag. Der erste Schneesturm und …« Sie schloss die Augen. »Antonio stürzte ab und ist gestorben.« Fanni schluckte und redete heiser weiter. »Ich habe nie erfahren, wie er sich entschieden hatte!«
    »Und Ihr Baby?«, fragte Lilli.
    »Meine Tochter war alles, was ich noch hatte!« Fanni biss sich auf die Lippe und schwieg lange. »Aber mein Vater bestand darauf, dass sie in der Stadt zur Schule ging. Ins Internat.« Fannis Hände bedeckten ihr Gesicht. »Jetzt lebt Antonia im Ausland.« Die alte Frau erhob sich und löschte die Petroleumlampe.
    Nur noch die Kerze in der Blechlaterne erhellte die Stube.
    »Seit Antonios Tod stelle ich bei jedem Unwetter ein Licht ins Fenster«, sagte Fanni, als hätte sie Lillis Gedanken gelesen. Sie wünschte ihnen eine gute Nacht und ging in den Nebenraum.
    Ole und Lilli flüsterten noch miteinander, dann warf Ole sich ein paar Mal herum und schlief ein.
    Lilli zog die Decke fester um sich. Viel zu müde für jeden weiteren Gedanken hörte sie Ole beim Atmen zu, blinzelte in die Kerzenflamme und fiel in einen traumlosen Schlaf.

Gleich mit den ersten Sonnenstrahlen wachte Lilli auf. Das Heulager neben ihr war leer. Sie lief ans Fenster und entdeckte Ole am Brunnen. In der niedrigen Stube roch es nach Holzfeuer und frisch gebackenem Brot. Lillis Kehle war trocken und sie hatte schrecklichen Durst. Rasch nahm sie ihre Kleider von der Leine und zog sich an.
    Draußen hockte Fanni kerzengerade auf der Holzbank und stützte das Kinn auf ihren Wurzelstab. Lillis Morgengruß erwiderte sie nur mit einem Nicken.
    Der Himmel war wie leer gefegt und die Felsgipfel erschienen in der klaren Bergluft unwirklich nah. Summend schwebten Bienen um die Anflugbretter des Bienenstocks an der Scheune.
    Lilli trat neben Ole an den Brunnen. »Bist du schon lange auf?«
    »Ich nicht, aber sie!«, sagte er mit einem Seitenblick Richtung Fanni. »Wie ein Gespenst hat sie schon irgendwas gebacken!«
    In langen Zügen trank Lilli von dem Brunnenwasser, das so eisig war, dass es in den Zähnen schmerzte. Mit ihren nasskalten Händen wischte sie sich über die Augen. Jenseits der sattgrünen Almwiese ragte vor der grauen Felskulisse eine dunkle Turmruine auf. Lilli fokussierte ihren Blick. Ein Raubvogel kreiste um das Gemäuer und verschwand.
    Lilli zeigte in die Richtung. »Ist das der Falkenturm, Frau Schrader?«
    »Besser, ihr geht jetzt!«, sagte Fanni abweisend. »Die Schraderhütte ist keine Frühstückspension!«
    Aber als Lilli und Ole ihre Sachen zusammengepackt hatten, steckte ihnen die alte Frau frisch gebackene Milchbrötchen in die Taschen. Lilli und Ole bedankten sich und brachen auf.

    An der Hadersdorfer-Alm wurden Lilli und Ole von Gelatino und Giulia mit einer Standpauke empfangen, die sich gewaschen hatte. Die anderen
Küken
und
Olme
standen auf der Veranda, vor der sich Gelatino und Giulia aufgebaut hatten. Beide redeten gleichzeitig und so einig wie selten auf die beiden Ausreißer ein, dass niemand mehr etwas verstand, aber alle wussten, was gemeint war.
    Doch mittendrin wurde Gelatinos und Giulias Schimpftirade unterbrochen. Vor lauter Erleichterung über die Wiederkehr seines verlorenen Bruders trat Little nach vorn und umarmte Ole.
    Sofort verpuffte der Zorn und Gelatino und Giulia mussten lachen. Trotzdem verhängten sie eine Strafe. Lilli und Ole sollten die neu errichtete Herzchenbude streichen.
    Eigentlich war das eher ein Vergnügen als eine Strafe. Lilli und Ole fingen nämlich an, die Bude mit bunten Bildern zu bemalen. Und nachdem Bob, Very und Enya ihnen eine Weile nur Gesellschaft geleistet hatten, holten auch sie sich Pinsel und Farbreste aus der Scheune. Schließlich pinselten sie zu fünft und voller Begeisterung Ziegen, Berggipfel, Blumen, Gewitterwolken und

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