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Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Titel: Die Wildkirsche. Erotischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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wandte den Kopf zur Seite. Durch einen Spalt in der Zeltwand erhaschte er einen Blick nach draußen. »Oh, là, là, sieh einmal dort hinüber.«
    Giffards schwulstiger Finger deutete auf zwei hübsche Frauen, die sich alle Mühe gaben, einen Jüngling in ihren Wagen zu locken. Sie tänzelten um ihn herum, ließen anzüglich ihre Hüften kreisen und rückten immer wieder ihre üppigen Dekolletés zurecht. Die Haut der Mädchen, von der sie weit mehr zeigten, als es sich ziemte, schimmerte in einem warmen Olivton, und das Klimpern der Goldplättchen, die ihre Gürtel zierten, war bis ins Innere des Zeltes zu hören.
    »Diese Tänzerinnen sind nicht zu verachten. Was würde mein italienischer Cousin Giovanni zu diesen kecken Frauenzimmern sagen? Mamma Mia!«
    »Giffard!«, stöhnte Beaumont. »Hast du denn immer nur das Eine im Kopf?«
    »Wir sind doch hier, um uns zu amüsieren, oder nicht?«
    »Ja. Aber dir tropft bereits der Speichel aus dem Mund.«
    »Ich bin eben ein Mann. Dir würde nebenbei bemerkt ein Weib an deiner Seite guttun, dann verlörest du vielleicht endlich diese elende üble Laune, die du mit dir herumträgst wie ein Geschwür.«
    Beaumonts Augen blitzten. Giffard merkte, dass er zu weit gegangen war, und senkte den Kopf. »Verzeih«, stammelte er. »Manchmal bin ich ein Trampeltier. Ich weiß, dass dir Yvonne fehlt, gleich wie viele Jahre seit ihrem Tod vergangen sind.«
    Beaumont atmete tief ein und blickte Giffard versöhnlich an. »Im Gegensatz zu mir hast du noch eine Frau, die dich liebt. Kümmere dich besser um sie, anstatt fremden Röcken nachzustarren.«
    »Du hast ja recht, nur diese Mädchen ... wären eine Sünde wert.«
    Giffard blickte erneut zum Wagen. Mit einiger Enttäuschung musste er jedoch feststellen, dass die aufreizenden Tänzerinnen verschwunden waren. Auch von dem Jüngling war nichts zu sehen.
    »Ich beneide den Jungen«, sagte Giffard schwermütig und wandte sich erneut der Bühne zu, vor der sich inzwischen einige Leute versammelt hatten. Der Pantomime zog ein weißes Tuch aus seinem Ärmel und winkte der Menge zu, bevor er sich mit einem Rückwärtssalto verabschiedete. Der Applaus fiel trotz des Zuwachses im Zuschauerbereich gering aus. Erst als zwei Männer die Bühne betraten, schwoll er merklich an. Der kleinere der beiden Gaukler grinste breit und offenbarte eine Reihe ungewöhnlich gepflegter Zähne, die allein durch seine dunkle Gesichtsfarbe noch mehr erstrahlten. Er hatte etwas Katzenhaftes an sich. Der andere war korpulent, überragte seinen Kollegen um gut einen Kopf und strahlte Gemütlichkeit aus. Zweifelsohne waren die beiden ein ungewöhnliches Paar. Dies allein rechtfertigte jedoch nicht die Begeisterung, die ihnen die Zuschauer entgegenbrachten.
    »Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir freuen uns, dass Sie so zahlreich erschienen sind und präsentieren Ihnen nun voller Stolz unsere Kuriositätenschau!«
    Abermals schwoll der Beifall an. Beaumont schüttelte seufzend den Kopf. Hätte er geahnt, welche Art von Veranstaltung ihn hier erwartete, hätte er das Zelt nicht betreten. Er überlegte zu gehen. Aber der Andrang wurde immer größer. Die Menschen trieben ihn und Giffard in die erste Reihe, direkt an den Bühnenrand.
    »Sie sind wie die Geier!«
    »Es ist eben nicht viel los in Gagnion. Deswegen dürsten die Menschen nach Abwechslung, nach Spannung, nach einer Sensation.«
    »Hast du vorher gewusst, dass dies eine Kuriositätenschau ist?«
    »Nein, ich las das Schild nicht«, sagte Giffard aufrichtig. »Aber was ist denn an einer Schau so schlecht?«
    »Du willst mich nicht verstehen, nicht wahr?«
    »Nun warte doch erst einmal ab, was sie uns bieten.«
    »Eine Kuriositätenschau lebt von ihren Kuriositäten! Was also werden sie uns schon anderes vorführen als eine arme, geschundene Kreatur, aus deren Leid sie ihre Einnahmen beziehen?«
    »Jetzt mal den Teufel nicht an die Wand, Gabriel.« Beaumont seufzte schwer. »Es bringt nichts, mit dir darüber zu debattieren. Ich gehe!«
    Er wandte sich ab, doch Giffard hielt ihn am Arm zurück. »So warte doch! Vielleicht ist dies die Gelegenheit, Vorurteile abzulegen?«
    »Vorurteile? Ich weiß, wovon ich rede.« Widerwillig blieb der Doktor stehen. »Die Kuriositätenschauen, die ich gesehen habe, waren allesamt gleich. Sie zeichneten sich durch eine ungeheuerliche Menschenverachtung aus!«
    »Seit du das letzte Mal auf einem Jahrmarkt warst, ist einige Zeit vergangen. Die Menschen haben sich geändert.

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