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Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Die Wildkirsche. Erotischer Roman

Titel: Die Wildkirsche. Erotischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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Sieh es dir an, danach kannst du immer noch gehen.«
    Als wäre dies sein Stichwort gewesen, trat der katzenartige Gaukler einen Schritt nach vorn an den Bühnenrand und breitete die Arme aus. »Sehen Sie die unglaublichsten Dinge aus aller Welt! Meine Brüder und ich haben weder Kosten noch Mühen gescheut, um Ihnen heute den gefährlichen Wolfsmann zu präsentieren. Er ist halb Mensch, halb Tier!«
    »Das ist doch was – ein Werwolf! Macht es dich nicht neugierig?«, flüsterte Giffard aufgeregt.
    »Wieso höre ich nur immer auf dich? Die Schau ist genau so, wie ich es erwartet habe. Wie vor zwanzig Jahren.«
    »Das kannst du mir nicht erzählen, Beaumont. Du willst einen Werwolf erwartet haben?«
    »Nein, ich spreche von der Ausbeutung, die hier betrieben wird.«
    »Bewahren Sie bitte äußerste Ruhe, wenn wir ihn gleich auf die Bühne holen. Er lebte viele Jahre in der Abgeschiedenheit der Wälder, große Menschenmengen machen ihn aggressiv.«
    Der Dickwanst, der trotz seines massiven Leibesumfangs eine gewisse Leichtfüßigkeit an den Tag legte, eilte die Treppe hinunter und riss den Zeltvorhang auf. Das Rasseln schwerer Eisenketten erklang und das Grollen eines Tieres war zu vernehmen. Beaumont hielt den Atem an. Sein Herz pochte schneller, als ein junger, schwarzgelockter Jüngling in das Innere des Zeltes trat, einen anderen, merkwürdig gebückt laufenden Mann an einer Kette hinter sich herziehend. Brutal riss er an dem Eisen, das in einem Lederband um den Hals des Gefangenen endete, sodass dieser gezwungen war, hastig die Treppe emporzusteigen. Kaum hatte er die Bühne betreten, ging ein entsetztes Raunen durch die Menge. Der Gaukler stolzierte mit geschwellter Brust am Bühnenrand entlang, der Wolfsmann folgte ihm mit gesenktem Blick. Widersetzte sich die Kreatur, hob er den Rohrstock in seiner rechten Hand und ließ ihn auf den Rücken des Wilden niedersausen, bis dieser sich unter schmerzerfülltem Geheul fügte. Aufgeregt tuschelten die Frauen in der hinteren Reihe. »Welch haariges Biest«, hörte Beaumont ihre Worte. »Hat man so etwas schon gesehen!« »Widerlich, einfach widerlich dieser Gestank.«
    Eine Dunstwolke umhüllte den Wilden und folgte ihm, wo immer er hintrat. Der Geruch von Schweiß stieg Beaumont in die Nase und ließ ihn würgen. Giffard ging es nicht besser. Jegliche Farbe wich aus seinem Gesicht. Rasch hielt er sich ein frisches Tuch vor Nase und Mund, als der Wilde an ihnen vorbeilief. Die schwarzen Haare hingen ihm ins Gesicht, sein Körper war von Striemen gezeichnet, Schmutz lag in einer dicken Schicht auf seiner krustigen Haut. Am Leib trug er nicht mehr als einen Lendenschurz. Sein Anblick war ekelerregend. Es kostete die Zuschauer einiges an Mühe, ihr Entsetzen zu verbergen. Gleichzeitig konnte niemand den Blick von der erbärmlichen Gestalt lassen. Alle ergötzten sich an seinem Leid.
    Langsam zog der Jüngling seine Kreise, drohend den Stock hebend, wenn der Wilde nicht spurte.
    »Mein Gott, ich frage mich, wo sie diesen menschlichen Abfall hergeschafft haben?«, keuchte Giffard und drückte den feinen Stoff seines Tuches fester in sein schwammiges Gesicht.
    »Lassen Sie sich nicht täuschen, der Herr, erklärte ein junger Mann zu Giffards Linken. »Wolfsmenschen gibt es nicht. Das sind Mythen. Ich bin überzeugt, diese abgewrackte Kreatur ist in Wahrheit ein Schauspieler, der sich sein tägliches Brot mit derlei Auftritten verdient. Zugegeben eine nicht gerade angenehme Tätigkeit, wenn man bedenkt, worin sich der Ärmste gesuhlt haben muss, um derart zu stinken. Heutzutage tun die Menschen vieles für Geld.«
    Wer genau hinsah – und das tat Beaumont –, bemerkte schnell, dass der Wolfsmann, der eigentlich eher einem verkrüppelten Affen glich, einen eigentümlichen Gang besaß. Er erschien Beaumont keineswegs gestellt und dem Wilden ganz natürlich inne. Mühelos ging er auf allen vieren, nicht jedoch auf den Knien, wie es ein kleines Kind tat, das noch nicht laufen gelernt hatte. Durch die unterschiedliche Arm- und Beinlänge war er gezwungen, sein Gewicht nach vorn zu verlagern und dabei das Hinterteil auf fast schon belustigende Weise in die Höhe zu recken.
    »Lauf die gleiche Strecke zurück, unsere Zuschauer wollen dich sehen. Sie bekommen nicht genug von deiner Hässlichkeit«, rief der Gaukler und führte den Wilden nochmals über die Bühne. Dieses Mal konnte Beaumont dem Wilden ins Gesicht blicken. Der Ausdruck war stumpf, beinahe einfältig. Die Augen

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