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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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um, als dass sie uns laufen lassen , begriff Jack. Diese Einsicht war erschütternd, aber nicht erstaunlich. Irgendwo im Wald warteten zwölf Gräber auf sie. Nicht so bald, aber irgendwann. Zuerst würde die Bande sie soviel wie möglich Gold suchen lassen. Doch eines Tages, wenn die anderen Goldsucher in der Gegend auf sie aufmerksam wurden und Verdacht schöpften, oder wenn der Neid unter den Sklavenhaltern zu groß wurde, würde man sie zwangsweise in den Wald marschieren lassen. Und dieser Marsch würde mit einer Kugel in den Hinterkopf enden.
    Er schwor sich, bis dahin nicht mehr hier zu sein. Und Merritt auch nicht.
    Er schaufelte die nächste Pfanne voll Sand und Steine vom Flussbett hoch und versuchte, so gut er konnte, die Ereignisseauszublenden und einfach das Schürfen zu genießen. Er richtete seine ganze Aufmerksamkeit nach unten, sodass er weder ihre Umgebung noch ihre grausamen Wächter wahrnahm. Er dachte an Eliza und seine Mutter, schwenkte das Wasser behutsam im Kreis in der Pfanne herum, wobei immer mehr Wasser herausspülte und bald nur noch die schwereren Bestandteile am Grund des Napfes zurückblieben. Dafür hatte er diese ganze weite Reise auf sich genommen. All die Strapazen, all diese Monate eingesperrt in der Hütte inmitten des heftigsten Winters, den er jemals erlebt hatte, dem Tod näher als je zuvor. Doch nun stand er in einem Seitenarm des Yukon River und suchte zwischen Schlamm und Flusskieseln nach glitzerndem Gold. Er versuchte, sich dadurch aufzubauen, zu begeistern, doch es gelang ihm nicht. So sehr er auch den Blick senkte, Jack konnte nicht vergessen, dass er ein Gefangener war und sämtliche Schätze, die er fand, in die Taschen von Dieben und Mördern wandern würden.
    »Wenn die nur wüssten, mit wem sie sich angelegt haben«, sagte er sich, doch er hatte selbst seine Zweifel. Er begann langsam, sich selbst hier draußen besser zu verstehen, als ob er seine leuchtende Silhouette gegen einen blendenden Sonnenuntergang besser erkennen könnte. Dennoch war ihm dieser Jack London immer noch ein großes Rätsel. Was ihn gleichermaßen begeisterte und beängstigte: Er konnte nicht anders, als zu glauben, dass ihm große Taten und Wunder noch bevorstünden, dass das Leben ihn nicht grundlos hierhergeführt hatte. Doch zuerst musste er diese schreckliche Gegenwart überstehen, damit diese Taten und Wunder auch in Sichtweite rücken konnten.
    »Jack«, flüsterte ihm jemand zu.
    Er runzelte die Stirn und sah sich um, ohne den Kopf zu heben. Oben, auf der Uferböschung ihm gegenüber hielt einer der Sklavenbande mit dem Gewehr in der Armbeuge Wache und rauchte. Sein Blick war in die Ferne gerichtet. Flussaufwärts kniete ein schwarzer Mann im Wasser, den Jack nur als Jonas kannte.
    »Jack«, hörte er wieder und Jonas sah zu ihm auf. »Unsere Stimmen fließen mit dem Fluss. Die hören uns nicht. Verstehst du?«
    Jack sah wieder zum Sklaventreiber. Der Mann war fast zehn Schritte näher als Jonas, trotzdem schien er nichts gehört zu haben.
    »Der Bach fließt von mir zu dir, deshalb kannst du mich hören, aber ich dich nicht.«
    Jack hustete zur Bestätigung und Jonas lächelte zum Zeichen, dass er verstanden hatte.
    »Der Große, Reese, will ausbrechen. Heute Abend nach dem Essen, wenn sie glauben, dass wir müde sind und schlafen wollen. Wenn wir alle mitmachen, schaffen es die meisten«, sagt er.
    Jack runzelte die Stirn und versuchte, Jonas anzublinzeln, doch er wusste nicht, ob Jonas ihn verstanden hatte. Beide schürften und schwenkten weiter. Verdammt, wenn ich nur zurückflüstern könnte. Das ist doch Wahnsinn! Die werden uns alle niedermetzeln. Reese war ein Riesenbär von einem Kerl, und Jack hatte sich gewundert, dass William und seine Bande es gewagt hatten, ihn zur Sklaverei zu knüppeln. Doch von dem, wie Reese mit den anderen Sklaven umging, wusste Jack, dass Reese ein feiger Schlägertyp war. Vielleicht hatte William ihn auch so eingeschätzt und gewusst, dass er alleinkeine Bedrohung darstellte. Solche Schlägertypen trauten sich nie allein, sondern nur in der Gruppe, wenn alle hinter ihnen standen und sie anfeuerten.
    Jack sah zum Sklaventreiber und riskierte dann, Richtung Jonas den Kopf zu schütteln.
    Jonas runzelte die Stirn. »Willst du etwa hierbleiben?«
    Wieder schüttelte Jack den Kopf.
    »Dann ist das unsere Chance. Je länger wir warten, desto schwächer werden wir.«
    Jack hustete schroffer als zuvor, um seine Missbilligung auszudrücken.
    »An die

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