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Die Wildnis

Die Wildnis

Titel: Die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Golden , Tim Lebbon
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sich um, und Jack wusste, er redete mit seinem nächsten Nachbarn in der anderen Richtung. Fasziniert beobachtete er, wie das Gespräch von Mann zu Mann weitergegeben wurde, ohne dass die Sklavenhalter etwas davon mitbekamen. Köpfe senkten sich oder neigten sich zur Seite, um besser zu hören, und Jack konnte die Stimmen verfolgen, obwohl er sie nicht mehr hören konnte.
    Die Flüsterpost erreichte Merritt. Er nickte einmal, doch dann stand Archie vor ihm und reichte ihm seine Essensration. Merritt nahm sie, ohne aufzusehen oder etwas zu sagen, und Archie ging weiter. Jack sah Merritt das Essen an seinen Mund führen, und bevor er hineinbiss ein paar Worte sprechen.
    Die Botschaft erreichte Reese, der gerade seinen Mund nach dem Essen abwischte. Er bewegte sich langsam und bedächtig. Seine langen Haare hingen ihm ums Gesicht, sein voller Bart verdeckte den Mund. Er bückte sich und schürfte mit der Hand Wasser aus dem Fluss. Jack sah, wie er beim Trinken ein paar Worte antwortete.
    »Bitte sehr, ein königliches Festmahl«, sprach Archie, der mittlerweile Jack erreicht hatte und in seiner Tüte nach einem Stück Brot grub. Jack merkte, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief, und er konnte neben dem Geruch des Flusses und Waldes sogar das trockene Brot riechen.
    Er streckte die Hand aus.
    »Mist«, sagte Archie und ließ das Brot in den Fluss fallen. Es schwamm davon, saugte sich mit Wasser voll und sank schon. Jack griff nach seinem Essen und Archie schlug ihm gegen die linke Schulter. Nicht fest, aber genug, um Jack ausdem Gleichgewicht zu bringen, sodass er kopfüber in den Fluss stürzte.
    Prustend kam er wieder an die Oberfläche, wo er von Archies lautem Gelächter begrüßt wurde.
    »Quäl die Tiere nicht«, sagte jemand. William. Er war aus den Zelten aufgetaucht, die die Sklavenbande aufgebaut hatte, und überquerte nun die Wiese zum Fluss.
    »Der hier beißt nicht«, grinste Archie.
    Zitternd kroch Jack aus dem Fluss.
    »Nicht mehr«, sagte William. Wieder einmal bemerkte Jack die eisige Kälte in den Augen des Anführers. Als wäre er völlig leer innen drin , dachte er und war erleichtert, dass er mit den nassen Kleidern einen Grund für sein Schaudern hatte.
    »Da«, bemerkte Archie. Er ließ einen Fetzen Trockenfleisch auf die Erde fallen und trat im Weggehen drauf.
    Jack presste die Lippen zusammen. Sein Herz schlug schneller. Nicht jetzt , dachte er, doch die Versuchung war groß. Er könnte in einem Augenblick bei Archie sein, ihm das eigene Messer aus dem Gurt ziehen und es dann an seinen Hals hochreißen …
    »Reese sagt, du bist nur ein Junge«, flüsterte Jonas ihm zu. »Er sagt, du hast keine Ahnung. Du sollst den Mund halten und auf ihn hören, wenn du leben willst.«
    Jack blinzelte Jonas stumm zu, da Archie noch kichernd von ihm wegspazierte. Außerdem war er sich bewusst, dass William ihn mit kalt berechnenden Augen anstarrte.
    Jack setzte sich, rieb den Schmutz von seinem Trockenfleisch und begann zu kauen.
    Sie mussten den ganzen langen Nachmittag arbeiten. Gegen Mitte des Nachmittags brachte ihnen ein anderer Sklaventreibereine Handvoll Kekse, und diesmal bekam Jack seinen Anteil. Für die meisten Bandenmitglieder war er wohl nur einer von vielen Gefangenen. Es waren Archie und William, die ihn auf dem Kieker hatten. Diese Information speicherte er gut ab.
    Mehrmals riskierte er einen Blick stromaufwärts. An mehreren anderen Männern vorbei sah er Merritt vor sich hinarbeiten und fand, sein Freund war durch das, was passiert war, irgendwie weniger geworden. Er war zwar immer noch genauso groß und kräftig, aber nun hatte er etwas Zerbrechliches an sich, als sei ein Teil von ihm verkümmert, als sie Jim erschossen hatten. Er hat seinen Freund sterben sehen , überlegte Jack. Das muss furchtbar gewesen sein.
    Hinter Merritt arbeitete Reese. Einmal erwischte der große Mann Jack dabei, wie er ihn beobachtete, und verzog das Gesicht. Die beiden waren zu weit auseinander, um sich effektiv zu verständigen, deshalb wandte sich Jack wieder seiner Arbeit zu und schürfte wieder, ohne Reese weiter zu beachten. Der Typ ist ein Idiot , dachte er. Aber Jack machte sich Sorgen: Wenn Reese, wie angekündigt, an diesem Abend den Ausbruch wagte, würden Jack und Merritt mit hineingezogen. Die Ereignisse würden sich überstürzen, und er würde für die unüberlegten Entscheidungen eines anderen büßen müssen.
    Bei einem Sklavenaufstand, das war ihm nur allzu klar, wäre er der Erste von ihnen,

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