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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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mich immer gefragt, ob sie von jemandem dazu gedrängt wurde. Willas Nachricht … ihre Entscheidung fortzugehen … kam so vollkommen überraschend.«
    »Ich hatte keine andere Wahl, Seamie. Es war falsch. Für dich. Für Willa. Und für Jennie. Ich ging an diesem Abend in eure Wohnung. Du warst nicht da, nur Jennie. Sie wirkte völlig aufgelöst. Sie wusste Bescheid, Seamie. Und war schwanger mit deinem Sohn. Du und Willa, ihr beide seid die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Wie konnte ich die Sache auf sich beruhen lassen? Wie konnte ich zulassen, dass sie dich und alle in deiner Umgebung zerstört?« Albie sah Seamie an. »Jetzt bist du wütend auf mich, oder?«
    Das Geständnis versetzte Seamie einen Stich – und die Erkenntnis, dass er Jennie solchen Kummer bereitet hatte. »Nein, Albie, ich bin nicht wütend auf dich, sondern auf mich selbst. Ich hatte keine Ahnung, dass Jennie Bescheid wusste«, antwortete er traurig. »Ich dachte, es sei mir gelungen, es vor ihr geheim zu halten.«
    »Es tut mir leid. Ich hätte den Mund halten sollen.«
    »Nein, Albie. Ich bin derjenige, der einen Fehler gemacht hat. Und nicht nur einen. Es war ein Fehler, Jennie zu heiraten, und ein weiterer, mich abermals mit Willa einzulassen. Ich habe versucht, die Dinge wieder ins Lot zu bringen. Ich habe mein Bestes versucht, ein guter Ehemann und Vater zu sein. Und wenn dieser Krieg vorbei ist, werde ich es noch einmal versuchen.«
    »Entspricht die Suche nach Willa deiner Vorstellung von einem guten Ehemann?«, fragte Albie.
    »Um Himmels willen, Albie!«, erwiderte Seamie ärgerlich. »Ich reite doch nicht in die Wüste hinaus, um eine Liebesaffäre aufzuwärmen. Was soll ich deiner Meinung nach denn tun? Auf meinem Hintern sitzen bleiben, während sie in einem türkischen Gefängnis verrottet? Während die Wachen sie schlagen, hungern lassen … oder ihr noch Schlimmeres antun?«
    »Lawrence sucht nach ihr. Wenn sie noch lebt, findet er sie.«
    Seamie lachte bitter. »Und riskiert damit, seine Position preiszugeben? Die Stärke seiner Truppen? Direkt vor einer Offensive? Das bezweifle ich. Lawrence ist durch und durch Soldat, Albie, und das weißt du. So gern er Willa vielleicht retten möchte, kann er nicht wegen einer Person das Leben von Tausenden aufs Spiel setzen.«
    »Du darfst das nicht tun.«
    »Was zum Teufel ist denn los mit dir, Albie? Willst du denn nicht, dass ich sie finde?«, fragte Seamie, bereute seine Worte jedoch sofort, als er den Schmerz auf Albies Gesicht sah.
    »Natürlich möchte ich, dass sie gefunden wird, Seamie. Sie ist meine Schwester. Wir hatten zwar unsere Differenzen in den letzten Jahren, aber ich liebe sie sehr«, erwiderte Albie ruhig. »Aber ich glaube nicht, dass du sie finden kannst. Allenfalls ihre Leiche. Und das wollte ich mithilfe einheimischer Kontakte – mit Beduinenhändlern, türkischen Informanten und dergleichen – selbst tun. Ich wünschte, du würdest mir dabei helfen. Ich wünschte, du würdest hierbleiben und …« Er brach ab.
    »Was?«
    Albie sah Seamie an. »Ich habe Angst, dass es für dich das Ende bedeutet, dass dir die Sache den Rest gibt. Ich war eigentlich schon immer der Überzeugung, dass ihr beide euch gegenseitig umbringen werdet. Schon seit Langem. Damals als Kinder auf dem Boot meines Vaters. In Cambridge, als ihr irgendwelche Gebäude raufgeklettert seid. Auf dem Kilimandscharo seid ihr dann dem Ziel schon ziemlich nahegekommen. Und später in London dachte ich, ihr schafft es, indem ihr euch gegenseitig das Herz brecht. Was übrigens immer noch passieren kann. Es ist eine Art Wahn zwischen euch beiden. Ihr nennt es vermutlich Liebe. Es hat Willa in Afrika fast zerstört. Und dann noch einmal in England. Sie ist wahrscheinlich nicht mehr am Leben, Seamie. Ich weiß es, und du weißt es, aber du kannst das nicht akzeptieren. Und jetzt bist du entschlossen, dich auf dieser aussichtslosen Suche höchster Gefahr auszusetzen. Wenn du in Gefangenschaft gerätst, weißt du, was dir passiert …«
    »Albie, ich habe keine Wahl. Siehst du das denn nicht ein? Sie ist mein Herz und meine Seele. Es besteht noch eine Chance, wenn auch nur eine sehr geringe, dass sie am Leben ist, und solange diese Hoffnung besteht, kann ich sie nicht aufgeben. Das kann ich einfach nicht.«
    Albie seufzte. »Ich habe geahnt, dass ich dich nicht davon abbringen kann.« Er griff in seine Hosentasche und zog ein zusammengefaltetes Stück Papier heraus. »Das ist eine Karte der Region. Die

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