Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
Vom Netzwerk:
sagte Willa, dass sie keine andere Wahl hatte. Gehorsam schluckte sie die Pille.
    »Sehr gut«, sagte die Frau. »Jetzt legen Sie sich zurück. Bei Morphium kann einem ein bisschen schwindlig werden. Vor allem in geschwächtem Zustand. Ich bin hier, wenn Sie etwas brauchen.«
    Irgendetwas in Willa wollte aufbegehren, mehr Fragen stellen, einen Streit vom Zaun brechen, aber die Droge wirkte bereits, und sie fühlte sich köstlich warm und schläfrig, und der Schmerz in der Brust und alle anderen Schmerzen ließen nach. Es war stärker als das Opium, das sie rauchte, unendlich viel stärker. Also kämpfte sie nicht. Sondern blieb einfach liegen und hatte das Gefühl, auf einer weichen Wolke zu schweben.
    Wie lange dieser Zustand andauerte, wusste sie nicht. Eine Stunde konnte vergangen sein oder nur eine Minute, als sie Schritte im Gang hörte. Sie klangen langsam und gemessen. Sie machten halt vor ihrer Tür, dann trat jemand ein.
    Sie versuchte, die Augen zu öffnen, zu sehen, wer es war, aber sie fühlte sich so müde und schwach, dass ihr die Lider nicht gehorchten.
    Sie spürte eine Hand, die ihr übers Haar und dann über die Wange strich. Eine Männerhand. Das wusste sie, weil die Person mit einer männlichen Stimme sprach. Mit einer vertrauten Stimme. Die sie schon einmal irgendwo gehört hatte, aber wo?
    Und dann fiel es ihr ein – im Gefängnis. In dem Vernehmungsraum. Einen Moment lang packte sie Todesangst. Sie wollte aufstehen. Weglaufen. Aus diesem Zimmer entkommen. Aber das konnte sie nicht. Ihre Glieder fühlten sich an wie Blei.
    »Scht«, sagte die Stimme. »Schon gut, Willa. Alles ist gut. Ich habe bloß ein paar Fragen an dich. Nur eine oder zwei. Und dann kannst du schlafen.« Die Stimme klang leise und beruhigend. Nicht verärgert wie damals.
    »Wo ist Lawrence, Willa?«, fragte die Stimme. »Ich muss es wissen. Das ist sehr wichtig für mich. Und du hilfst mir dabei, ja? So, wie du mir damals auf dem Berg geholfen hast.«
    Willa nickte. Sie wollte helfen. Sie wollte schlafen.
    »Nein, nicht nicken. Beweg dich nicht. Du musst ruhig liegen. Dich ausruhen. Sag’s mir einfach. Wo ist Lawrence?«
    Willa schluckte. Ihr Mund fühlte sich plötzlich trocken an. Sie wollte ihm gerade antworten, ihm alles sagen, als sie plötzlich Lawrence vor sich sah. Er kauerte an einem Lagerfeuer in der Wüste. Auda war bei ihm. Er sah sie an und hob dann langsam den Finger an den Mund. Und sie wusste, sie musste die beiden beschützen. Sie durfte dem Mann nichts verraten.
    »Müde …«, sagte sie und versuchte, den Nebel in ihrem Kopf zu klären, die Fragen des Mannes abzuwehren.
    Die Hand an ihrer Wange packte sie jetzt am Kinn. Grob.
    »Wo ist Lawrence?«, fragte die Stimme, nun nicht mehr freundlich.
    Willa strengte sich an, einen klaren Gedanken zu fassen. Mit größter Mühe sammelte sie ihre letzten Kraftreserven, um mit einer guten Antwort aufzuwarten, die den Mann nicht wütend werden ließe.
    »Karkemisch«, sagte sie. »Er ist bei Ausgrabungen in Karkemisch. Er hat dort einen Tempel gefunden …«
    Karkemisch war die Hethitersiedlung, wo Lawrence vor dem Krieg als Archäologe gearbeitet hatte.
    Der Mann ließ sie los. Er fluchte leise, dann sagte er: »Sie haben ihr zu viel gegeben. Durch die Drogen und das Fieber ist sie völlig durcheinander. Das nächste Mal ein bisschen weniger, bitte.«
    Willa hörte, wie sich die Schritte entfernten und die Tür zufiel. Dann hörte sie nichts mehr.

   68   
    D as ist reiner Wahnsinn, nicht wahr, Mr Foster?«
    »Nur, wenn es misslingt, Madam. Aber wenn es gelingt, ist es ein Geniestreich.«
    Fiona saß im Zug nach Oxford gegenüber von ihrem Butler und nickte. »Sid sagte, einige von ihnen mögen Gartenarbeit. Charlie hat mir früher bei den Rosen geholfen. Erinnern Sie sich?«
    »Durchaus«, antwortete Foster. »Vor allem erinnere ich mich, dass er beschloss, seinen eigenen Dünger herzustellen. Aus Gemüseabfällen, Fischköpfen und schal gewordenem Bier. Er hat ihn in der Küche zusammengebraut, ihn dann vergessen, und die Spülmagd ist aus Versehen darüber gestolpert.«
    »Daran erinnere ich mich auch noch«, antwortete Fiona lachend. »Er hat das ganze Haus verpestet.«
    »Das stimmt. Bei dem Gestank in der Küche kamen einem die Tränen. Die Köchin war so außer sich, dass sie gekündigt hat. Es bedurfte all meiner Überredungskünste, sie zum Bleiben zu bewegen.«
    »Davon hatte ich ja keine Ahnung, Mr Foster. Danke.«
    Sie blickte Mr Foster an und

Weitere Kostenlose Bücher