Die Wildrose
wandte sich an Seamie. »Khalaf al Mor möchte dir sagen, dass dies Daoud, sein erstgeborener Sohn, ist. Er möchte, dass du weißt, dass Willa Alden ihm das Leben gerettet hat.«
Seamie war plötzlich ganz aufgeregt. Jetzt war er sich sicher, dass Khalaf al Mor ihm helfen würde, Willa zu finden.
»Der Scheik möchte dir ebenfalls sagen, dass Willa Alden die Kette, die er dir gezeigt hat, von Fatima bekommen hat und dass sie bei einigen Howeitat-Räubern gefunden wurde, als sie sie in Umm al-Qittayn, einem kleinen Dorf am Fuß des Jabal Ad Duruz, verkaufen wollten. Einige der Männer des Scheiks waren dort und erkannten sie wieder. Sie fragten die Howeitat, woher sie sie hätten, aber sie sagten nur, sie hätten sie gefunden – aber nicht, wo und wie. Die Howeitat waren in der Überzahl, sonst hätten sie sie ihnen einfach abgenommen. Da dies nicht möglich war, kauften sie sie ihnen ab und brachten sie hierher zurück. Die Frau des Scheiks erkannte sie sofort als ihre eigene wieder.«
»Sprich weiter, Abdul. Erzähl mir den Rest«, bat Seamie.
»Khalaf als Mor sagt, diese Männer nennen sich Howeitat, aber sie gehören zu keinem Stamm, zu keinem Dorf. Sie sind als Räuber und Entführer bekannt. Sie haben schon oft Waffen, Informationen und manchmal auch Menschen an die Türken verkauft. Khalaf al Mor befürchtet, dass sie das auch mit Willa Alden gemacht haben.«
»Frag ihn, wo sie sind und wie ich sie finden kann«, bat Seamie.
Abdul übersetzte schnell, und Seamie erfuhr, dass die Räuber vermutlich ein paar Meilen südlich des Jabal Ad Duruz lebten und er sie bestechen müsste, um zu erfahren, was sie mit Willa gemacht hatten. Aber Khalaf mahnte zur Vorsicht, weil sie völlig unberechenbar seien. Sie seien misstrauisch und schnell beleidigt, und Seamie dürfe sich ihnen unter keinen Umständen allein nähern.
»Aber ich muss zu ihnen«, erwiderte Seamie. »Wie soll ich sonst herausfinden, ob sie Willa entführt haben?«
Khalaf erklärte, dass er ihm helfen werde. Er werde ihm zehn Männer mit Waffen und Kamelen geben und persönlich mitreiten, um Willa Alden aufzuspüren.
Seamie meinte, dass sie sofort aufbrechen müssten, und dankte dem Scheik tief berührt über dessen Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft.
Der Scheik lächelte. »Das tue ich nicht für dich, mein Freund«, teilte er ihm durch Abdul mit. »Sondern weil Allah Willa Alden liebt. Und Khalaf al Mor ebenso.«
67
W illa öffnete die blutunterlaufenen, geschwollenen Augen.
Sie erwartete die Dunkelheit in ihrer Gefängniszelle, doch stattdessen sah sie Licht. Heller Sonnenschein fiel durch ein Fenster auf die sauberen Laken ihres Betts.
Sie betrachtete ihre Hand. Sie war ebenfalls sauber. Der verdreckte, zerrissene Ärmel ihres Kakihemds, das sie wochenlang getragen hatte, war weg. Stattdessen blickte sie auf einen Ärmel aus weißer Baumwolle.
Es ist eine Halluzination, dachte sie, von meiner Krankheit ausgelöst. Oder vielleicht träume ich. Vielleicht hat mich der Wärter schließlich bewusstlos geschlagen, und ich träume bloß, an einem sauberen Ort, in sauberen Kleidern, in einem sauberen Bett zu liegen. Sie wartete mit geöffneten Augen, dass die Halluzination aufhörte, der Traum endete und sie wieder in ihrer Zelle im Dunkeln wäre. Aber das geschah nicht.
»Wo bin ich?«, murmelte sie schließlich.
»Ah, Sie sind wach«, sagte plötzlich eine Stimme auf Deutsch. Eine Frauenstimme, die munter und sachlich klang.
Willa setzte sich auf, und der Schmerz in den gebrochenen Rippen ließ sie aufstöhnen. Sie drehte den Kopf und sah, dass die Frau links von ihr an einem kleinen Waschbecken stand. Sie war ganz in Weiß gekleidet, ihr Haar ordentlich unter eine weiße Haube gesteckt.
»Sie waren sehr krank«, sagte sie lächelnd. »Tatsächlich war ich mir zu einem bestimmten Zeitpunkt ziemlich sicher, wir würden Sie verlieren. Sie haben sich drei Rippen gebrochen, wissen Sie. Und gerade erst eine schwere Typhuserkrankung überstanden. Vor ein paar Nächten ist Ihr Fieber auf über einundvierzig Grad gestiegen.«
»Wer sind Sie?«, fragte Willa.
»Ich bin Ihre Krankenschwester«, antwortete die Frau.
»Aber wie …?«
»Reden Sie nicht so viel. Sie sind noch sehr schwach. Hier, nehmen Sie das«, sagte sie und legte eine kleine weiße Pille in Willas Hand und reichte ihr ein Glas Wasser.
»Was ist das?«, fragte Willa.
»Morphium. Gegen die Schmerzen. Nehmen Sie es bitte.«
Etwas in dem Tonfall der Schwester
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