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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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kopflos um die arme alte Mrs Pillower herum. Mr Foster weiß nicht mehr weiter. Und sogar die Hunde lassen die Köpfe hängen. Keiner weiß, was er tun soll, wenn du es ihnen nicht sagst. Du musst jetzt aufstehen.«
    Rose hörte ein Schluchzen, dann noch eines. Fiona drehte sich um, und Rose sah ihr verschwollenes Gesicht und ihre verweinten Augen.
    »Ich versuche ja aufzustehen, Rose«, erwiderte sie mit brüchiger Stimme. »Ich versuche es wirklich, aber wenn ich das tue, sehe ich nichts als die Gesichter der Männer im Hospital vor mir. All die jungen Männer, die jetzt aussehen wie alte Männer, nach dem, was man ihnen angetan hat. Und es ist ein neues Gesicht dabei – mein Charlie, der mich nicht mal mehr erkennt. Er ist wie tot, Rose.«
    »Er ist aber nicht tot. Er ist in einem guten Krankenhaus in Oxford bei seinem Onkel Sid und seiner Tante India, wo er die beste Pflege kriegt. Es gibt keinen besseren Platz für ihn.«
    Fiona schüttelte den Kopf. »Du hast ihn nicht gesehen. Meinen wunderbaren Jungen gibt es nicht mehr. Ein Fremder hat seinen Platz eingenommen. Ein Fremder mit erloschenen Augen, eine leere Hülle. Wie konnte er das nur tun, Rose? Dieser Lieutenant… Stevens ist sein Name. Wie konnte er Charlie das antun? Und ihm ist nichts passiert. Kein Disziplinarverfahren wurde gegen ihn eingeleitet. Aber er sollte im Gefängnis sitzen für das, was er getan hat. Charlie wird sich nie mehr davon erholen. Wie auch? Es ist ja nichts mehr von ihm übrig. Er hat nicht die geringste Chance.«
    Rose ließ sie weinen. Ließ sie den Kummer und die Wut herausschreien, und als das Schluchzen in stumme Tränen übergegangen war, sagte Rose: »Hör zu, Fiona, hör mir gut zu. Wenn du glaubst, dass Stevens Charlie zerstört hat, dann ist es so. Und dann hast du recht – der arme Junge hat keine Chance mehr. Zumindest so lange nicht, wie du in diesem Bett bleibst und ihn aufgibst.«
    Fiona wischte sich die Tränen ab. Zum ersten Mal seit Rose hereingekommen war, sah sie ihr in die Augen.
    »Er ist immer noch da«, sagte Rose. »Er hat sich nur tief in sein Inneres zurückgezogen. An einen ruhigen, sicheren Platz. Wo ihn keine Granaten treffen können. Wo er seine toten Freunde nicht sehen muss. Du bist seine Mutter. Wenn jemand zu ihm durchdringen und ihn von dort wieder zurückholen kann, dann du. Aber du musst es versuchen. Ich kenne dich seit dem Tag deiner Geburt, Fiona. Du hast dein ganzes Leben lang gekämpft. Hör jetzt, um Himmels willen, nicht damit auf.«
    »Aber ich weiß nicht, wie, Rose. Ich weiß nicht, was ich tun soll«, antwortete Fiona hilflos.
    Rose lachte und drückte Fionas Hand. »Wissen wir je, was wir tun sollen, wir Mütter?«, fragte sie. »Wusste ich, was ich tun sollte, als Joe seinen ersten Keuchhustenanfall hatte? Hast du gewusst, was du tun sollst, als Charlie vom Baum fiel und sich den Arm brach? Nein. Man weiß nie, was man tun soll. Man findet es eben irgendwie heraus, weil man es muss. Wenn du es nicht tust, wer sonst?«
    Fiona nickte.
    »Alles, was du tun musst, mein Mädchen, ist, es zu probieren«, sagte Rose und tätschelte ihren Arm. »Ich weiß, dass du es für Charlie tun kannst. Ich weiß, dass du es kannst.«
    Fiona setzte sich auf. »Kann ich das, Rose? Wirklich?«
    »Ja, natürlich kannst du das. Du wirst ihn finden, Fiona. Das weiß ich. Du findest ihn und bringst ihn zu uns zurück.«
    »Versprichst du mir das?«, fragte Fiona kleinlaut.
    Rose dachte an ihren verstörten Enkelsohn. Sie dachte an den Horror, der ihm widerfahren war, als er das Blut seines toten Freundes von sich abwischen musste. Sie dachte, wie grausam er missbraucht worden war und wie Leute schon wegen geringerer Anlässe dem Wahnsinn verfallen waren.
    Und dann dachte sie an die Frau, die neben ihr saß, an alles, was sie in ihrem Leben durchmachen musste, und dass ihre Verluste und ihr Kummer sie nicht bitter und grausam hatten werden lassen, sondern stärker, liebevoller und großzügiger.
    »Das tue ich«, erwiderte Rose lächelnd. »Ich verspreche es.«

   66   
    S eamie öffnete die Augen.
     »Wo bin ich?«, murmelte er. »Was ist passiert?«
    Er blinzelte ein paarmal, um klarer zu sehen, dann versuchte er, sich aufzusetzen und die hämmernden Schmerzen in seinem Kopf zu ignorieren. Stöhnend sank er wieder zurück.
    Er blickte sich um und stellte fest, dass er in einem Zelt auf einem weichen Teppich lag. Wie er dort hingekommen war, wusste er nicht.
    Ein paar Sekunden lang erinnerte er

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