Die Wildrose
torpediert wurde.«
»Wir sind schon ein tolles Paar, nicht wahr? Man bräuchte uns bloß zusammenzunähen, dann ergäben wir vielleicht ein gut funktionierendes menschliches Wesen«, bemerkte sie ironisch.
Seamie holte seine Sachen, Willa ging in James’ Zimmer, fand einen Koffer und packte ein paar Kleidungsstücke für ihn zusammen. Als sie fertig war, brachte sie den Koffer zur Eingangstür.
James und Seamie waren schon bereit. James drückte seinen Teddybären an sich. »Darf Wellie auch mitkommen?«, fragte er.
»Natürlich darf er das«, antwortete Seamie. »Nicht mal im Traum würde ich daran denken, Wellie zurückzulassen.«
»Vergiss die Kekse nicht.«
»Bestimmt nicht. Wir nehmen die ganze Dose mit.«
»Und Tee? Können wir Tee in einer Flasche mitnehmen, Daddy? Mit viel Milch?«
»Wir haben keine Zeit, Tee zu machen, James, aber wir trinken auf …«
Seamie wurde durch ein scharrendes Geräusch unterbrochen. Alle hatten es gleichzeitig gehört und wandten sich zur Tür um. Der Türknauf drehte sich, zuerst nach rechts, dann nach links. Dann rüttelte jemand daran. Seamie wusste, dass die Tür nicht aufgehen würde, weil er sie zugesperrt hatte, nachdem Willa eingetreten war. Er wusste aber auch, dass die Angeln verrostet waren und dass ihnen vermutlich nur ein paar Sekunden blieben.
Seamie ergriff James’ Hand und zog ihn zum Kinderzimmer. Schnell machte er das Fenster auf. »Hör zu, James, und tu genau, was ich sage. Du sperrst deine Tür ab, kletterst aus dem Fenster und läufst ins Dorf. Zum King’s Head. Sag Mr Peters, dein Vater braucht Hilfe. Er soll den Polizisten schicken.«
»Aber Daddy …«
»Stell dir vor, ich bin Major Lawrence. Und du Auda, und dass du Hilfe von Khalaf al Mor holen musst. Die Türken haben das Lager umringt. Pass auf, dass sie dich nicht entdecken.«
James’ Gesicht leuchtete auf. Er salutierte.
Seamie erwiderte den militärischen Gruß. »Beeil dich, James. Sperr hinter mir ab! Jetzt geh!«
Er schloss die Tür und hörte, wie James von innen den Riegel vorschob. Über dem Kamin hing ein alter Säbel, hoffentlich konnte er den noch rechtzeitig holen. Er lief in die Küche zurück und sah, dass Willa verzweifelt versuchte, das Sofa vor den Eingang zu rücken. Er griff über den Kaminsims und riss den Säbel von der Wand. In dem Moment, in dem seine Hand den Griff umschloss, wurde die Tür eingetreten.
117
R unter damit. Sofort. Oder ich knall sie ab«, rief Billy Madden.
Innerhalb von Sekunden hatte er die Tür eingetreten und den Raum durchquert. Willa blieb keine Zeit zu entkommen. Er packte sie mit einer Hand an den Haaren und drückte ihr mit der anderen eine Pistole an die Schläfe.
Seamie senkte den Säbel, legte ihn aber nicht weg.
»Lass ihn fallen, verdammt!«, brüllte Madden und riss Willas Kopf grob zurück. Sie schrie auf vor Schmerz. Seamie gehorchte. »Eine Bewegung, und sie ist tot«, sagte Madden. Dann wandte er sich an seinen Begleiter. »Bennie, hol den Jungen.«
»Nein!«, rief Seamie.
Willa konnte nicht genau sehen, was geschah, aber offensichtlich gab es ein Handgemenge. Sie hörte das scheußliche Geräusch von knickenden Knochen, wie jemand zu Boden sackte und Seamies Stöhnen. Als Nächstes hörte sie Bennies Schritte. Er probierte die Klinke, dann trat er die Tür ein.
»Hören Sie auf«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Bitte …«
»Halt’s Maul«, brummte Madden und zog noch fester an ihren Haaren. Er hatte ihren Kopf so weit zurückgerissen, dass sie kaum mehr atmen konnte.
Bennie kam in den Raum zurück. »Der Junge ist nicht da, Boss«, sagte er.
»Was?«, schrie Madden.
»Er ist nicht da. Er ist fort. Das Fenster steht offen. Er muss rausgeklettert sein.«
»Wo ist er?«, brüllte Madden Willa an. Er ließ ihre Haare los, schleuderte sie gegen die Wand und würgte sie so heftig, dass sie glaubte, er würde ihr die Luftröhre abdrücken. »Bennie, lauf ihm nach!«, brüllte er, als Willa nicht antwortete.
Bennie hastete aus der Tür, und Willa sah, dass er ebenfalls eine Pistole trug. Madden wandte sich wieder zu ihr. »Ich bring dich um, das schwöre ich. Und dann mach ich ihn kalt«, sagte er und zielte mit seiner Pistole auf Seamie. »Wo ist der Junge?« Inzwischen würgte er sie so gnadenlos, dass sie nach Luft keuchte. Sie zerrte an seiner Hand. Trat nach ihm. »Wo ist der Junge?«, fragte er erneut, als sie sich schließlich nicht mehr wehrte. Er wartete eine Ewigkeit, wie es schien, und
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