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Die Wildrose

Die Wildrose

Titel: Die Wildrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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buntes Tuch um den Hals und einen goldenen Ring im Ohr. Über einer Braue befand sich eine Narbe, und sein Mund war voll verfaulter Zähne. Er war ein großer Mann, eine imposante Erscheinung, aber das Beunruhigendste an ihm waren seine Augen. Es waren die Augen eines Raubtiers – dunkel, seelenlos und voller Gier.
    »Wer sind Sie, zum Teufel?«, knurrte er und griff nach einem großen Klappmesser auf dem Tisch.
    Max wusste, dass er vorsichtig vorgehen musste. Man hatte ihn gewarnt, dass Madden gewalttätig und unberechenbar sei. Und er hätte sich auch nicht an ihn gewandt, wenn ihm eine andere Wahl geblieben wäre. Aber die Jungs aus Cambridge waren ihm auf der Spur. Er musste irgendeine Möglichkeit finden, um ihnen aus dem Weg zu gehen, und zwar schnell, sonst wäre alles ruiniert.
    »Mein Name ist Peter Stiles. Ich bin Geschäftsmann. Ich würde gern einen Handel mit Ihnen machen«, sagte er mit perfektem Londoner Akzent.
    »Sie sind ein toter Mann, das ist alles«, antwortete Madden. »Sie haben vielleicht Nerven. Vielleicht sollt ich Ihnen die Eingeweide rausreißen. Und in den Fluss schmeißen. Und Sie gleich hinterher. Was sollt mich daran hindern, hä?«
    »Eine Menge Geld«, sagte Max. »Ich brauche Ihre Hilfe, Mr Madden. Ich bin bereit, viel Geld dafür zu bezahlen. Wenn Sie mich umbringen, gibt’s kein Geld.«
    Madden lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nickte in Richtung eines anderen Stuhls. Max setzte sich.
    »Ich habe von Ihrer Werft gehört«, begann Max. »Ich brauche ein Boot. Ein Motorboot.«
    »Wozu?«, fragte Madden.
    »Um einen Mann von London in die Nordsee zu bringen. Um eine sichere Verbindung herzustellen. Alle vierzehn Tage. Außerdem brauche ich einen Skipper, der das Schiff steuern kann. Einen Mann, der den Flussbehörden gut bekannt ist, der seit Jahr und Tag die Themse rauf- und runterfährt, der keine Aufmerksamkeit erregt.«
    »Wozu der Aufwand?«
    »Ich habe etwas, das in andere Hände übergehen soll.«
    »Heiße Ware?«
    »Das möchte ich lieber nicht sagen«, antwortete Max.
    »Wenn ich mein Boot riskiere und meinen Skipper, hab ich ein Recht, Bescheid zu wissen«, widersprach Madden.
    »Juwelen, Mr Madden. Sehr wertvolle. Ich muss sie aus England auf den Kontinent bringen«, erwiderte Max. Er nahm seine Geldklammer aus der Tasche, zählte einhundert Pfund ab und legte die Geldscheine auf den Tisch. Und seine Hand darüber. »Ich bin bereit, ein sehr großzügiges Arrangement mit Ihnen zu treffen«, fügte er hinzu.
    Ein Glitzern trat in Maddens Augen. Er griff nach dem Geld, aber Max ließ es nicht los.
    »Ich bezahle Sie für Ihr Boot, Ihren Skipper und Ihr Schweigen. Haben wir uns verstanden? Wenn ein Wort über die Sache nach außen dringt, ist unser Deal geplatzt.«
    »Ich posaun wohl kaum in der Gegend herum, was ich so treib. Ihr Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben«, antwortete Madden.
    Max nickte. Er schob ihm das Geld zu. »Das hier ist nur die erste Rate. Mein Mann übergibt Ihnen jedes Mal eine weitere. Sein Name ist Hutchins. Er wird heute in zwei Wochen auf dem Dock hinter dem Barkentine sein. Um Mitternacht. Ihr Skipper soll ihn dort treffen.«
    Max stand auf, tippte an seine Mütze und ging. Madden war ein grausiger und schrecklicher Mensch, und Limehouse ein grausiger und schrecklicher Ort. Er war froh, beides hinter sich zu lassen, aber das Treffen war erfolgreich gewesen. Sehr erfolgreich sogar.
    Er hatte etwas, das in andere Hände übergehen sollte – aber das waren keine Juwelen. Und er brauchte eine Verbindungskette, um das zu erreichen. Eine verlässliche Kette zwischen London und Berlin.
    Und heute Abend war das erste Glied geschmiedet worden.

   7   
    F RAUENSTIMMRECHT !«, las Seamie auf einem Banner, das über den Esstisch seiner Schwester ausgebreitet war. »Meinst du, das genügt, um deine Sache voranzubringen, Fee?«, fragte er, als er sie auf die Wange küsste.
    Fiona lachte. Sie hatte eine Nadel in der Hand und nähte an dem Banner. »Ich muss noch das › JETZT ‹ hinzufügen«, erwiderte sie. »Frühstück doch etwas, mein Lieber.«
    »Das werde ich, danke«, antwortete Seamie und nahm Platz. Ein Dienstmädchen räumte die schmutzigen Teller der jüngeren Kinder ab, die schon aufgestanden und an Seamie vorbei in den Gang gerannt waren. Nur Katie und Joe saßen noch am Tisch.
    »Guten Morgen allerseits«, sagte Seamie, bekam aber keine Antwort. Katie, die Eier und Tee nicht angerührt hatte, schob Fotos auf dem Layout des

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