Die Wildrose
spicken, meine Liebe. Margot, achte darauf, dass sie es nicht tut.«
Maud hatte das Gefühl, als wäre Asquith plötzlich wieder eingefallen, dass er Gäste hatte, die er freundlich behandeln sollte. Sie fand seine Stimmung merkwürdig und schwer zu verstehen, schrieb aber alles der Last seines Amtes und dem Ärger darüber zu, dass er zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar sein musste.
»Ist das Arbeitszimmer tatsächlich so weit entfernt?«, fragte Max.
»Nein, es ist gleich oben. Direkt über uns. Henry ist nur verärgert«, erklärte Margot.
Max nickte und stand auf. »Möchte jemand noch einen Drink?«, fragte er.
»Ich, mein Lieber«, antwortete Maud. »Vom Bordeaux, bitte.«
Max nahm ihr Glas. Er lächelte sie verführerisch an, und Maud fragte sich, mit welcher Ausrede sie sich wohl von dem Kartenspiel verabschieden könnte. Sie hatte keine Lust, hier im Salon zu sitzen und sich auf Farben, Trümpfe und Finten zu konzentrieren. Sie wollte lieber mit Max allein zusammen sein.
Margot war das Lächeln von Max nicht entgangen. Während der die Getränke holte, warf sie Maud einen schelmischen Blick zu. »Geht’s nur mir so? Oder ist es wirklich zu warm hier drinnen?«, murmelte sie und fächelte sich mit ihren Karten Luft zu. Maud schlug nach ihr.
Währenddessen bemerkte keine der beiden Frauen, wie Max zur Decke hinaufblickte. Sein Lächeln war verschwunden, und auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck grimmiger Entschlossenheit.
19
D u willst Schluss machen. So ist es doch, oder?«, fragte Seamie mit gequältem Gesichtsausdruck. »Hast du mir deswegen geschrieben?« Er saß auf dem blauen, mit Seidenstoff bezogenen Sofa im Wohnzimmer der Wilcotts.
Jennie, die auf und ab gegangen war, blieb stehen und sah ihn an. »Nein!«, erwiderte sie schnell. »So ist es ganz und gar nicht, Seamie. Lass mich doch bitte ausreden!«
»Also, was ist es dann? Du hast mich doch nicht so dringend herbestellt, um eine Tasse Tee mit mir zu trinken.«
»Ja, das ist richtig.« Jennie öffnete die Wohnzimmertür und blickte in den Gang hinaus, um sicherzugehen, dass ihr Vater nicht in der Nähe war, dann schloss sie sie wieder. Seamie hatte recht – etwas war nicht in Ordnung. Sie hatte ihm am vergangenen Abend an die Adresse seiner Schwester geschrieben und ihn gebeten, am nächsten Morgen herzukommen, weil sie ihm etwas sagen müsse, etwas ganz Dringendes. Was ihr schon seit Tagen Sorgen machte. Seit sie Harriet Hatcher aufgesucht hatte. Jetzt war er hier, und sie musste es ihm sagen. Sie konnte es nicht länger für sich behalten.
»Seamie«, begann sie leise. »Ich bin schwanger.«
Seamie riss die Augen auf. »Schwanger? Du meinst, du bekommst ein Baby?«
»Ja. Das bedeutet schwanger sein – dass man ein Kind bekommt.«
Seamie war ganz blass geworden und stand langsam auf.
Jennie blickte auf ihre gefalteten Hände hinab. »Ich weiß, das ist ein Schock für dich. Und ich weiß, dass du Pläne hast, die nichts mit mir zu tun haben. Deshalb habe ich mich in Heimen für ledige Mütter umgesehen. In Einrichtungen, wo ich hingehen könnte, um das Kind zu bekommen. Wo es Leute gibt, die ein gutes Zuhause für das Kind finden würden …«
»Niemals«, unterbrach Seamie sie barsch. »Sprich nicht von so etwas, Jennie. Denk noch nicht mal daran.« Er trat zu ihr hin, nahm ihre Hand und ging auf die Knie. »Heirate mich, Jennie«, sagte er.
Jennie schwieg. Sie sah ihn mit großen Augen prüfend an.
»Heirate mich«, wiederholte er. »Ich möchte mit dir leben. Ich will dieses Kind und noch mehr Kinder. Einen ganzen Haufen Kinder. Drei oder vier. Sechs. Zehn. Ich will, dass du meine Frau wirst.«
»Aber Seamie«, erwiderte sie sanft, »was ist mit Shackleton und seiner Expedition?«
»Shackleton muss eben ohne mich zur Antarktis reisen. Mein Platz ist jetzt hier. Bei dir und unserem Kind. Heirate mich, Jennie. Sag Ja.«
Jennie schüttelte den Kopf und sagte mit ängstlicher Stimme: »Seamie, ich … ich muss dir sagen …«
»Was? Was musst du mir sagen? Willst du mich nicht? Gibt es einen anderen?«, fragte er gekränkt und überrascht zugleich.
» Einen anderen ?«, fragte sie verletzt. »Nein. Wie kannst du so etwas fragen? Es gibt nur dich, Seamie. Und ja … ich will dich. Sehr sogar. Das wollte ich dir sagen. Nur das.« Sie holte tief Luft und fügte dann hinzu: »Ja, Seamie, ich will dich heiraten. O ja.« Dann brach sie in Tränen aus.
Seamie führte sie zum Sofa hinüber, zog sie auf seinen
Weitere Kostenlose Bücher