Die Willow Akten
der Werwolf in seiner Bewegung, und ihre Blicke trafen sich. Sie studierten einander, und Angel ahmte die Bewegungen des Wolfes nach, indem er den Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung drehte, so als versuche er zu verstehen, womit er es zu tun hatte - Beute und doch keine Beute. Um die Sache zu vereinfachen, bleckte Angel zischend die blutverschmierten Zähne. In solcher Weise in die Defensive getrieben, hieb die Bestie knurrend mit der Klaue in seine Richtung. Sicher außer Reichweite grinste Angel nur, ehe er sich zurückzog, während der Werwolf sich neugierig über Theresas Leiche beugte.
Als er eine Sekunde später hörte, wie die haarige Bestie klagend den Mond anheulte, wurde Angels Lächeln noch breiter.
Es war immer dasselbe. Buffy spürte einen leichten Stich, als ihr mal wieder bewußt wurde, dass sie hier in Sunnydale wahrscheinlich immer auf der anderen Seite der Dinge sein würde. Über ihrer Suche nach der Bestie war es inzwischen beinahe Morgen geworden, und Buffy machte sich seufzend auf den Rückweg zu Giles’ Wagen. Schon während sie über den völlig verlassenen Parkplatz ging, hörte sie die blecherne Stimme eines Nachrichtensprechers aus dem Radio…
»… Die Verhandlungen wurden unterbrochen, als sich der westliche Leiter Petrie nicht mit seinem Kollegen aus dem Osten einigen konnte. Petrie sagte, ein Streik wäre unvermeidbar.«
… aber als sie näherkam, stellte sie fest, dass der Wagen leer war.
»Giles?« Von Panik erfasst rannte sie zum Fenster. Was, wenn der Werwolf ihn entdeckt und weggeschleppt hatte? Was, wenn er tot war? Mit einem Schrei auf den Lippen riss sie die Tür auf…
»Waahh!«, schrie Giles erschrocken und setzte sich auf.
Erleichtert seufzte Buffy auf und stieg ins Auto. »Ich habe Sie nicht gesehen und dachte, irgendwas wäre passiert.«
»Nein, nein«, presste Giles hervor. Sein Haar war zerzaust, und seine Stimme klang schläfrig. »Ich bin nur… es geht mir gut.« Er blinzelte müde. »Schön. Äh… irgendeine Spur von dem Werwolf?«
»Nein.« Sie musterte ihn mit einem schiefen Blick. »Ich nehme an, Sie haben auch nichts gesehen, oder? Ist ja auch nicht so einfach mit geschlossenen Augen.«
Schuldbewusst blickte Giles zur Uhr und dann aus dem Fenster. »Tut mir Leid. Es wird bald hell werden. Ich denke, wir sollten…«
»Warten Sie!«, unterbrach ihn Buffy. Sie beugte sich vor und drehte den Lautstärkeregler am Radio hoch.
»… sagte die Polizei, dass der Vorfall im Zusammenhang mit den verstümmelten Tierkadavern der vorangegangenen Nacht stünde. Das Büro des amtlichen Leichenbeschauers gab bekannt, dass es sich bei der Toten um eine siebzehnjährige Schülerin der Sunnydale High School namens Theresa Klusmeyer handelt. Die Anwohner werden aufgerufen, auffällige Gegebenheiten sofort den zuständigen Behörden zu melden… «
Giles streckte die Hand aus und schaltete das Radio ab, während Buffy völlig verstört auf dem Sitz zusammensackte. Theresa, tot? Das konnte doch nicht sein, vor ein paar Stunden waren sie doch noch zusammen beim Sportunterricht gewesen.
»Buffy«, sagte Giles sacht, »wir werden diese Bestie kriegen. Uns bleibt noch eine weitere Nacht.« Als Buffy nicht reagierte, fuhr er fort. »Jetzt können wir nichts mehr tun - die Sonne geht bereits auf. Der Werwolf ist jetzt kein Werwolf mehr.«
Nein, dachte Buffy. Er ist keiner mehr.
Und Theresa ist kein lebender Mensch mehr.
3
Er konnte die Sonne fühlen, und sie war warm und hell. Ein sanfter Windhauch strich über ihn hinweg und trug das Zwitschern der Vögel an seine Ohren. Er benötigte noch etwas mehr Zeit, bis er erkannte, dass da noch etwas anderes war, ein Knurren. Er kniff die Augen vor der blendenden Helligkeit zusammen, und als er sich streckte, hatte er das Gefühl, jedes einzelne seiner Gelenke krachen zu hören. Er fühlte einen vagen, gar nicht so unangenehmen Schmerz, der ihm ein Stöhnen entlockte… und dieses Stöhnen entwickelte sich aus dem vorangegangenen unheimlichen Knurren.
Er öffnete die Augen und fand sich unter einem sonnenbeschienenen Blätterdach wieder.
Falsch.
Wo war die Decke über seinem Zimmer?
Mühsam richtete er sich auf und starrte auf die Bäume um sich herum - irgendwie waren sie ihm vertraut, vielleicht die hinter seinem Elternhaus. Wie in den meisten Waldgebieten gab es auch hier Bäume und Gräser und Steine und vermutlich tausend kleine Tiere und Insekten. Was es hier nicht geben sollte, war sein eigener
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