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Die wir am meisten lieben - Roman

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Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Risse. Der Nächste wird auch welche haben. Man muss sie nur finden.«

|305| FÜNFUNDZWANZIG
    Sie standen auf dem roten Teppich, lächelten im Blitzlichtgewitter. Ihre Namen leuchteten in großen Lettern über dem Kino. Hinter der Absperrung aus roten Samtseilen jubelte die Menge. Das Licht der Scheinwerfer kreiste am Himmel.
    Diane trug ein blaues, trägerloses Kleid, das einzig für diesen Anlass von Edith Head entworfen worden war, eine weiße Nerzstola locker um die Schultern gelegt. Ein Collier, das zehntausend Dollar wert war – eine Leihgabe von Marcel aus Beverly Hills –, funkelte auf ihrem bereits berühmten Dekolleté.
    Während sie ein letztes Mal winkten, sich drehten und hoheitsvoll ins Foyer schritten, um diese Charade der glücklichen Ehe und des beruflichen Glücks vorzuspielen, begriff Ray, seinen Arm um Dianes Taille, dass er zum ersten Mal seit einem Monat anders Hand an sie legte als aus Wut oder aus Versehen.
    Irgendein Idiot von Fotograf bat um ein Bild von ihnen mit Herb Kanter und dem kleinen Wichser Terry Redfield. Mit ihren fetten, hässlichen Frauen warteten die beiden schon.
    »Diane, du siehst umwerfend aus«, sagte Redfield und küsste sie links und rechts wie ein schwuler Friseur. Sein Lächeln erstarb, als er sich Ray zuwandte. Er bot ihm nicht einmal seine Hand an, nickte bloß und murmelte ein symbolisches Hallo. Ein verständliches Verhalten nach der letzten Begegnung beim Screening, als Ray erfuhr, was sie mit seinen Szenen gemacht hatten. Obwohl der Kiefer des kleinen Schweinehundes nicht mehr blau war, blieb die Erinnerung an heftige Schläge.
    Keiner der beiden machte jedoch eine Szene bei dieser einzigen Premiere von
The Forsaken
. New York war abgesagt worden. |306| Sie posierten vor den Palmen und Postern, lächelten pflichtbewusst in die Kameras. Anschließend begaben sie sich zu ihren Plätzen im Kinosaal, wo Ray für die nächsten neunzig Minuten diesen verdammten Film noch einmal sehen und so tun musste, als fände er ihn hervorragend.
    Tommy saß neben Leanne und wirkte nicht sonderlich begeistert, der Anblick seiner Mom heiterte ihn jedoch auf. Herb hatte das Kindermädchen für diesen Abend engagiert. Ray hatte sie seit Arizona nicht mehr gesehen und hoffte auf ein paar private Minuten später auf der Party. Er zwinkerte Leanne zu, bevor die Lichter ausgingen, aber sie bemerkte ihn wohl nicht.
    Die Vorkritiken in der Presse waren verheerend. Nur Diane wurde einhellig gelobt, sie konnte offenbar nichts falsch machen. Die Kritiker schrieben:
Das große neue Talent verdient einen besseren Stoff.
Und:
Allen Widrigkeiten zum Trotz geht ein neuer Stern auf
. Zu Ray waren die Schweinehunde weniger großzügig.
Variety
bemerkte, er solle sich seinen Lebensunterhalt anders verdienen, und die Schlagzeile im
Hollywood Reporter
lautete:
Reds größter Flop
.
    Ray fragte sich, wie sie darauf kamen, denn im Film kam er kaum vor. Redfield und Kanter hatten ihn aus fast jeder Szene herausgeschnitten. Von wegen Liebesgeschichte. Es war, als hätte die Frau, die Diane spielte, eine Affäre mit einem unsichtbaren Mann. Selbst die Pferde waren öfter in Großaufnahme zu sehen.
    Dem Applaus beim Abspann nach zu urteilen, hatte das Publikum doch Gefallen an dem Film gefunden, trotz des Trottels, der am Ende der Gerichtsszene, als der Richter das Todesurteil über Ray fällte, Beifall geklatscht hatte. Aber was wussten sie schon? Herb Kanter hatte den Laden mit Freunden und Speichelleckern gefüllt.
    Die Premierenfeier war so schlecht wie der Film. Tommy war |307| müde, und Leanne musste ihn nach Hause bringen. Das Stelldichein, auf das Ray gehoffte hatte, war damit in unerreichbare Ferne gerückt. Ray strich umher wie ein Aussätziger, sein aufgesetztes Lächeln wurde zusehends schwächer. Er kam sich vor wie in der letzten Nacht auf der verfluchten Titanic. Er bahnte sich seinen Weg zur Bar und musste eine ganze Weile warten, bis er die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf sich gezogen hatte.
    »Entschuldigen Sie?«
    Der Kerl schien ihn absichtlich zu ignorieren.
    »Hören Sie schwer?«
    »Nein, Sir. Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Gib mir einfach eine Flasche Jim Beam.«
    »Tut mir leid. Ich kann Ihnen lediglich ein Glas geben.«
    »Gib mir die verdammte Flasche.«
    »Sir –«
    »Wissen Sie, wer ich bin?«
    »Wieso, haben Sie es vergessen?«
    Ray packte den Mann am Kragen und zog ihn über den Tresen, warf dabei Gläser um und verschüttete Alkohol. Der Kerl quiekte wie ein

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