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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sofort. Er schien nicht still stehen zu können, und dann bemerkte ich, dass ihm ein Bein fehlte und die Krücke am Boden neben ihm lag.«
    »Sie erkannten genau, dass es sich um eine Krücke und nicht um ein Gewehr handelte?«
    |317| »Ja, Sir.«
    »Haben Sie Lance Corporal Bedford darauf aufmerksam gemacht?«
    »Ja, Sir. Ich habe es versucht, aber er schrie herum und hörte nicht zu.«
    »Wen hat er angeschrien?«
    »Die Leute, die wir bewachten, Sir. Die jammernden Frauen.«
    »Und was hat er geschrien?«
    »Dass sie das Maul halten sollen.«
    »Was genau?«
    »Er nannte sie
hajji- Huren
und sagte ihnen, sie sollten
verdammt noch mal ihr Maul halten.«
    Je länger das Verhör dauerte, desto niederdrückender wurde es. Alles, was Harker beschrieb, jeder Moment, jedes Wort und jede Nuance entsprach dem, was Delgado bereits berichtet hatte. McKnight tat sein Bestes und erhob Einspruch. Der eine oder andere wurde aufrechterhalten, doch die Aussagen des jungen Soldaten waren schonungslos, und mit jeder Antwort schaufelte er mehr Erde auf Dannys Sarg. Tom fiel es schwer, die Zweifel, die ihm kamen, zu ignorieren, sosehr er es auch versuchte. Vielleicht hatte Danny all das tatsächlich von sich gegeben. Vielleicht war er blind gewesen vor Wut.
    Als Richards fertig war, konnte man die dunkle Wolke, die über der Verteidigung hing, beinahe sehen. Kelly und Gina saßen schweigend und mit gesenktem Blick da.
    Im Kreuzverhör bohrte McKnight nach, versuchte lose Enden zu finden, an die er anknüpfen konnte, doch mit wenig Erfolg. Er stellte Harker die Möglichkeit in Betracht, dass er sich vielleicht verhört hatte, zu viel Lärm und Verwirrung geherrscht hatten, um sicher sein zu können, dass er selbst zu aufgeregt und ängstlich gewesen war, um sich derart deutlich erinnern zu können. Aber Harker stockte an keiner Stelle, wiederholte nur ruhig und beharrlich, was er bereits gesagt hatte.
    |318| Schließlich gingen sie zu dem über, was danach geschehen war. Nach achtundvierzig Stunden war Harker bereits zum ersten Mal von NCIS-Ermittlern verhört worden, und McKnight fragte, ob er sich in dieser Zeit oder danach mit Sergeant Delgado ausgetauscht habe. Harker verneinte. Einzig und allein nach dem Vorfall hätten er und Delgado in Dannys Gegenwart noch einmal miteinander gesprochen.
    »Ich hatte den Befehl, es nicht zu tun, Sir. Es war ein Befehl, den habe ich befolgt.«
    McKnight begab sich zum Tisch, sein Assistent reichte ihm ein Dokument. Langsam schritt er zurück zum Zeugenstand.
    »In Ihrer ersten Aussage, Private Harker, haben Sie weit weniger spezifische Angaben über Lance Corporal Bedfords Äußerungen gemacht, bevor Sie beide das Feuer eröffneten. Warum?«
    »Ich wollte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen, Sir.«
    »Sie wollten ihn nicht in Schwierigkeiten bringen?«
    »Ja, Sir.«
    »Sie sagten aus – und ich zitiere:
Es war zu laut. Alle schrien und kreischten.
Ist das korrekt?«
    »Es herrschte viel Geschrei, Sir, aber er schrie lauter, so dass ich ihn gut verstehen konnte.«
    »Sie haben also gelogen.«
    »Nein, Sir, ich wollte einen Kameraden schützen.«
    »Indem Sie die Unwahrheit sagten.«
    »Indem ich nicht die volle Wahrheit sagte, Sir.«
    »Wir sollen Ihnen also das, was Sie einmal gesagt haben, nicht glauben, aber das, was Sie später gesagt haben, schon, als die Mordanklage gegen Sie fallengelassen wurde?«
    Richards sprang auf. »Einspruch!«
    »Stattgegeben.«
    McKnight formulierte neu, verfolgte denselben Pfad, aber es war offensichtlich, dass er nicht weiterkam. Harker präsentierte |319| sich als ehrenhafter Mann, der gezwungen war, zu entscheiden, ob er einen Kameraden schützen oder die Wahrheit sagen sollte. Wieder und wieder, ohne eine Miene zu verziehen, verneinte er, dass er sich mit Sergeant Delgado be- oder abgesprochen habe. Die Spitzfindigkeiten und Einschüchterungen seitens der Verteidigung schienen Colonel Scrase zu irritieren. Mehrmals schritt er ein, fragte McKnight, worauf er hinauswolle, und ermahnte ihn, zum Punkt zu kommen. Harker verließ den Zeugenstand mit der Aura tapferer Glaubwürdigkeit. Sogar Tom fiel es schwer, an ihm zu zweifeln.
    Die Stimmung beim Abendessen im Marco’s, dem kleinen italienischen Restaurant zwei Häuserblocks vom Hotel entfernt, war gedrückt. Nur die Familie saß beisammen, Dutch und Gina, Danny und Kelly – und Tom. Keiner verlor ein Wort über die Anhörung.
    Dutch bemühte sich, die anderen mit einer Geschichte über seinen Golfpartner Doug

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