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Die wir am meisten lieben - Roman

Die wir am meisten lieben - Roman

Titel: Die wir am meisten lieben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Sie. Nur, dass Sie ein Filmemacher |49|
und
Autor sind. Ich würde nie behaupten, dass ich mich auf Ihrem Niveau bewege. Ihre Serie über Blackfeet habe ich übrigens sehr gerne wiedergesehen. Und ich liebe das Buch. Großartige Arbeit. Sozusagen bahnbrechend. Ich habe es einem Dutzend Leuten gegeben.«
    »Danke. Das macht wahrscheinlich die Hälfte des Verkaufs.«
    Ein Fan. Tom war das nicht gewöhnt. Manchmal, ja, bekam er einen Brief, aber es war Jahre her, seit er eine Begegnung wie diese gehabt hatte. Beinahe fehlten ihm die Worte.
    »Wie kommt es, dass ein Engländer sich so für den Westen begeistert?«, fragte Karen O’Keefe.
    »Oh, das ist eine lange Geschichte.«
    Das hielt ihn nicht davon ab, sie zu erzählen. Er beherrschte sie perfekt:
    Seine Begeisterung für Cowboys und Indianer im Kindesalter; wie er auf dem Lande aufgewachsen und wie ihn, als er schließlich in den Staaten gelandet war, das bloße Ausmaß der Wirklichkeit umgehauen hatte; dann seine Faszination, als er die brutale Wahrheit, die sich hinter all den Mythen und Legenden verbarg, entdeckt hatte.
    »Sie meinen, die
wahre
Geschichte des Westens?«
    »Ja. Ich erinnere mich noch an meine erste Reise zum Little Bighorn –«
    »Tommy!«
    Eine Hand umklammerte seine Schulter. Er wandte sich um, und im selben Moment drückte Troop ihn so fest an sich, dass Toms Brille verrutschte. Glücklicherweise hatte er sein Glas geleert, sonst wären sie beide nass geworden. Die Anrede
Tommy
hatte ihm einen Schock versetzt. Er hatte geglaubt, diesen Namen für immer im Internat abgelegt zu haben. Zusammen mit seiner Unschuld und vielem anderen.
    »Hallo, Troop«, sagte er. »Wie geht es dir?«
    »Gut, Mann. Gut! Jetzt, wo ich dich sehe, noch besser.«
    |50| Troop gab ihn etwas frei, hielt Tom aber noch immer mit seinen riesigen behaarten Händen an den Oberarmen und betrachtete ihn.
    »Du siehst gut aus, Mann. Trainierst du?«
    »Nein. Noch nie getan und werde es auch nie tun.«
    »Wie geht es deiner umwerfenden Frau – Jan, stimmt’s?«
    »Gina. Wir haben uns vor fünfzehn Jahren getrennt.«
    »Verdammt. Tut mir leid. Du hattest eine Tochter, richtig?«
    »Einen Sohn. Daniel.«
    »Daniel. Wie geht es ihm?«
    »Okay, nehme ich an. Ich sehe ihn nicht sehr oft. Gerade ist er im Irak.«
    »Journalist?«
    »Nein, Marinesoldat.«
    »Offizier?«
    »Unteroffizier.«
    »Zum Teufel auch.«
    »Kommen wir da nicht alle hin?«
    Tom wandte sich Karen O’Keefe zu, die sie beide mit einem ironischen Lächeln beobachtete. Er stellte sie einander vor, und ihm entging nicht, wie Troop sie mit seinen dunklen Augen fixierte und ihren Arm mit einer Hand umschloss, als er ihr mit der anderen die Hand schüttelte und sie länger als nötig hielt. Bill Clinton machte es genauso, das hatte Tom im Fernsehen gesehen.
    »Karen ist eine deiner größten Fans«, sagte Tom.
    »Über Geschmack lässt sich nicht streiten«, sagte Troop.
    »Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe noch kein Wort von Ihnen gelesen«, sagte Karen O’Keefe. Sie gefiel Tom von Minute zu Minute besser.
    »Nun, das ist auch in Ordnung.«
    »Zu testosterongetränkt, fürchte ich.«
    »Und das können Sie beurteilen, obwohl Sie noch nie ein Wort von mir gelesen haben.«
    |51| »Sie dürfen es weibliche Intuition nennen.«
    Troop lächelte, aber der Ausdruck in seinen Augen war hart.
    »Darf ich das?«
    Er wandte sich an Tom.
    »Wohnst du noch in Missoula?«
    »Komme einfach nicht weg.«
    »Ein schöner Platz. Ich habe mir gerade ein Haus in den Bitterroots gekauft.«
    »Großartig.«
    »Nur eine Hütte. Aber ich möchte mehr Zeit dort verbringen. L. A. ist auf Dauer zu hektisch. Nun ja, hör zu, ich sollte – wie sagt man –
umherwandern
. Wir sehen uns später, Tom.«
    »Und ob.«
    Troop nickte Karen O’Keefe zu. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das zugleich zuvorkommend und unverschämt war.
    »So ein Idiot«, sagte sie, als Troop kaum außer Hörweite war. »Erinnern Sie mich daran, an Ihrer Rechten zu bleiben.«
    Sie lachte, legte ihre Hand auf seinen Arm und ließ sie dort einen Moment lang.
    Sie tauschten Telefonnummern und E-Mail-Adressen aus und verabschiedeten sich. Als Tom ging, unterhielt Karen sich mit einem grausam attraktiven Mann in ihrem Alter. Schon lange hatte er sich nicht mehr auf diese Art und Weise zu einer Frau hingezogen gefühlt. Anrufen würde er sie wahrscheinlich nicht. Nachdem Gina ihn verlassen hatte, hatte er zwei oder drei romantische Abenteuer gehabt, aber nichts von Dauer. Er

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