Die Witwe
in scharfem
Ton. »Wer ist am Apparat?«
»Harry Weisman.«
»Was wollen Sie?«
»Dieser Polyp hat mir wieder
Fragen gestellt.«
»Kann ich was dafür?« Ihre
Stimme klang gleichgültig. »Das ist nicht meine, sondern Ihre Sorge. Sie können
sich doch leisten, sich Sorgen zu machen, Harry. Nicht wahr?«
»Was soll das heißen?« sagte
ich mit unterdrückter Stimme.
»Spielen Sie nicht den
Gerissenen! Ich zahle Ihnen weiß der Himmel genug, ganz abgesehen von den
anderen. Sie müssen mit der Zeit ein reicher Mann sein, Harry. Also behalten Sie
Ihre Sorgen für sich. Ja? Hoffentlich fallen Sie vor lauter Sorgen tot um. Und
rufen Sie mich bitte nicht mehr an.« Ein scharfes Klicken ertönte, als sie
auflegte.
Ich hängte ein und zündete mir
eine Zigarette an. Dann versuchte ich erneut, bei den Gibbs anzurufen, und
wiederum meldete sich niemand. Ich suchte Romairs Nummer heraus und wählte sie. Romair antwortete fast sofort.
»Hier Wheeler«, sagte ich.
»Hängt Pines noch immer an dem Wasserhahn in der Küche?«
»Allerdings, Lieutenant«, sagte
Romair mit angestrengter Stimme. »Ich glaube, er steht unmittelbar vor einem
hysterischen Anfall. Kann ich ihm nicht etwas von Ihnen ausrichten?«
»Klar«, sagte ich. »Sie können
ihm von mir ausrichten, daß eine solch enge Bindung an einen Wasserhahn der
Beweis für ein krankhaftes Gemüt sei. Legen Sie ihm nahe, gelegentlich auch
einmal an Mädchen zu
denken.«
Ich legte schnell auf, wählte
dann Lavers’ Privatnummer und wartete etwa zwanzig Sekunden, bis sich jemand
meldete.
»Hallo?« sagte eine
verschlafene Stimme.
»Wenn das nicht meine
Lieblingsfrau ist«, sagte ich. »Wenn du mit dem Eismann fertig bist, weißt du,
daß du mich nur anzurufen brauchst, Süße.«
»Das kann nur Lieutenant
Wheeler sein«, sagte Mrs. Lavers geduldig. »Und Scherereien gibt es auch, daran
zweifle ich nicht.«
»Nur eine klitzekleine Leiche«,
sagte ich. »Es bricht mir das Herz, den Sheriff um diese Nachtzeit zu stören,
aber ich nehme an, er möchte es wissen.«
»Ich werde ihn rufen«, sagte
sie. »Wann kommen Sie einmal zum Abendessen?«
»Sobald der Sheriff das nächste
Mal verreist ist«, sagte ich. »Ich werde eine Fußangel vor der Hintertür
auslegen, für den Fall, daß er etwas vergessen hat und zurückkommt.«
»Sie sorgen dafür, daß ich mich
wieder jung fühle.« Sie seufzte schwer. »Ist es Ihnen ernst mit der Leiche?«
»Es ist mir mit Leichen nie
ernst«, sagte ich kalt. »Ich bin ein normaler und zugleich junger Mann.«
»Ich werde das dem Sheriff
erzählen. Er wird es einfach nicht glauben.«
Ich wartete ungefähr eine halbe
Minute, und dann bellte Lavers’ Stimme in mein Ohr. »Was, zum Teufel, ist das
für eine Sache mit einer Leiche? Es ist doch mitten in der Nacht!«
»Während Sie schliefen, habe
ich gearbeitet«, sagte ich mit verletzter Stimme. »Das ist das Schicksal eines
Polypen. Ich habe Leute aufgesucht. Ich habe soeben auch Harry Weisman
aufgesucht, und er hat mir die Tür geöffnet, aber geredet hat er nicht mehr mit
mir.«
»Treiben Sie es nicht auf die
Spitze!«
»Genau das hat Harry getan. Er
hat es auf die Spitze getrieben, beziehungsweise seinen Magen auf die Spitze
eines Messers. Er ist tot.«
»Haben Sie den Mörder?«
»Er ist durch das
Badezimmerfenster über die Feuertreppe entkommen.«
»Was haben Sie getan, während
er entflohen ist?«
»Die Wilhehn -Tell-Ouvertüre gespielt.«
»Hören Sie zu«, sagte Lavers
mit erstickter Stimme. »Jetzt aber Schluß mit Ihren Albernheiten. Wenn Sie
behaupten, Sie hätten einen Mörder Ihren Händen entschlüpfen lassen...«
»Durch das Badezimmerfenster,
nicht durch meine Hände«, verbesserte ich ihn. »Ich drückte draußen vor der
Wohnungstür auf den Summer. Ich habe schließlich keinen Röntgenblick, Sheriff.
Ich kann noch nicht durch Türen hindurchsehen, auch wenn ich daran arbeite.«
»Ich dachte, Sie hätten darin
inzwischen ausreichend Praxis«, brummte er. »Weisman ist also erstochen
worden?«
»Mit einem Dolch, der wie der
Zwillingsbruder von dem aussieht, mit dem Julia Grant umgebracht wurde.«
»Aber das ist unmöglich! Sie
haben ihn doch ins Büro gebracht, und er liegt jetzt eingeschlossen in meinem
Safe.«
»Vielleicht handelt es sich
nicht nur um Zwillinge, sondern um Drillinge«, sagte ich. »Trotzdem, würden Sie
bitte Polnik hierherschicken?«
»Natürlich«, sagte er. »Die
Jungens im Rathaus werden sich über diese Sache totlachen! Ich, der
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