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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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nicht.
    Sie war immer schon »dem Tode nahe«. Wenn Charlie und ich Streit hatten, ich fünf Minuten zu spät nach Hause kam oder nicht gut in der Schule war, legte Mom die Hand auf die Brust und klagte, dass ich sie frühzeitig ins Grab bringen würde. Ich hatte ständig Angst, sie mit irgendetwas zu enttäuschen und zur Waise zu werden. Ich lebe nicht ewig , lautete Mutters Mantra. Das sagte sie so oft, dass ich fest davon überzeugt war, sie würde weder meine Hochzeit noch die Geburt ihres Enkels erleben, von meiner Scheidung ganz zu schweigen. Dass sie ihr bevorstehendes Ableben seit fünfundzwanzig Jahren ankündigt, ist ermüdend, vor allem, da ich momentan in einer wirklichen Krise stecke.
    »Ach, du stirbst schon wieder?« Meine Kälte und mein Sarkasmus erstaunen mich selbst. »Du stirbst seit fünfundzwanzig Jahren mindestens einmal pro Jahr. Bist du nicht auch letztes Jahr um diese Zeit gestorben? Vielleicht solltest du es endlich einmal tun.«
    Kaum habe ich das gesagt, tut es mir leid. Meine Worte hängen wie eine düstere Rauchwolke in der Luft, nur leider lässt sie sich nicht mit einer Handbewegung verscheuchen. Charlie sieht mich an, als hätte ich den Verstand verloren, was ich allmählich selbst glaube, und Quentin kann ich bei der Vorstellung, wie verletzt ich wäre, wenn er so etwas zu mir gesagt hätte, nicht einmal anschauen. Mom umkrallt den Spüllappen. Am liebsten würde ich mich in Luft auflösen und wünsche mir fast, meine Mutter würde mich wegen dieser Unverschämtheit aus dem Zimmer schicken.
    »Richtig, ich war letztes Jahr krank«, sagt sie leise und wohlüberlegt. »Aber ich glaube kaum, dass du dir ein Urteil darüber anmaßen darfst, denn du hast dir ja nicht einmal die Mühe gemacht, nach mir zu sehen.«
    Ich weiß, ich sollte mich entschuldigen und es damit gut sein lassen, aber jetzt bin ich so weit gegangen, jetzt muss ich es auch zu Ende bringen, und daher erwidere ich im gleichen Tonfall: »Dir wurde ein Nierenstein entfernt. Ohne einen Schnitt.«
    »Immerhin hätte ich daran sterben können, oder?«, fragt sie ruhig. Ich will gerade entgegnen, dass ich noch nie gehört habe, irgendjemand sei an einem Nierenstein gestorben, doch sie lässt mich nicht zu Wort kommen. »Jedes Mal, wenn eine alte Frau wie ich ins Krankenhaus kommt, besteht das Risiko von Komplikationen. Davon abgesehen hatte ich einen ausländischen Arzt, und ich muss dir ja nicht sagen, wie die sind. Nicht zu vergessen, dass ich mich hinterher scheiße gefühlt habe und es nett gewesen wäre, du wärst hergekommen und hättest mir unter die Arme gegriffen, aber du hattest ja Besseres zu tun. Du bist doch auch jetzt bloß hier, weil du nirgendwo anders hin kannst.«
    Mom hat recht, aber das zu hören, ist unglaublich verletzend. Mein eben noch schlechtes Gewissen verwandelt sich augenblicklich in Wut.
    »Ach, darum geht es also?«, frage ich trotzig. Jeder Anschein einer freundlichen Unterhaltung ist zerstört. »Du bist wütend, weil ich damals nicht wegen des Eingriffs hergeflogen bin, jetzt verstehe ich. Dabei hat mir Charlie gesagt, du kämst wieder in Ordnung, oder, Charlie?« Ich wende mich Beistand suchend an meinen Bruder, aber er scheint sich zwischen den Fronten so unbehaglich zu fühlen, dass ich das Vorhaben aufgebe, ihn zu meinem Verbündeten zu machen.
    »Ich habe dich im Krankenhaus angerufen. Ich habe dir Blumen geschickt. Ich konnte damals schlecht wegfahren. Quentin steckte mitten in den Prüfungen, und Howie hatte diese große Sache bei der Arbeit, und ich …«
    »Oh, es tut mir so leid, Prissy«, fällt mir meine Mutter ins Wort. »Ich werde versuchen, zu einem für dich passenderen Zeitpunkt zu sterben. Sag mir, wann es geht, und ich sehe, was sich machen lässt.«
    Zum Beispiel jetzt? , liegt mir auf der Zunge, aber ich besitze genug Verstand, mir diese Bemerkung zu verkneifen. Ich seufze übertrieben laut und verdrehe die Augen. Vor Quentin sollte ich mich nicht so aufführen, doch in Gegenwart meiner Mutter werde ich automatisch wieder zum Kind. Ich hole tief Luft und beschließe, über mich selbst hinauszuwachsen und mich wie eine fürsorgliche Tochter zu verhalten.
    »Na schön, Mom. Fangen wir noch einmal an. Warum erzählst du uns nicht, was der Arzt gesagt hat, und dann sehen wir weiter.«
    »Oh, ich war nicht beim Arzt«, sagt sie, und da würde ich sie vor lauter Frust am liebsten anschreien.
    »Ich weiß es einfach. Ich weiß nicht genau, wann es so weit ist. Falls ich eines

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