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Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Die Witwen von Paradise Bay - Roman

Titel: Die Witwen von Paradise Bay - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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furchtbar ansteckend ist. Ich bekämpfe den Drang zu lachen, denn inmitten eines hitzigen Wortgefechts ist Gelächter ebenso unangebracht wie in einer Bibliothek oder in der Schule, was den Reiz nur erhöht. Bald schon lächeln wir einander beschämt an und vergeben uns.
    »Hör zu, Priss«, sagt Charlie sehr ernst. »Du warst nicht hier, und daher kannst du es nicht wissen. Dad war nicht so krank wie Mom, aber, weiß Gott, er ist schnell gealtert. Ich musste alles für die beiden tun. Weißt du noch, wie es früher war?« Er wartet die Antwort gar nicht ab. »Dad wollte immer nur vor dem Fernseher sitzen, Hockey gucken, Zeitung lesen oder Nachrichten hören, und Mom hat immer in der Küche rumgewerkelt und ihn angebrüllt, er solle irgendetwas tun.«
    Meine Mutter hatte tatsächlich die unheimliche Fähigkeit zu erahnen, wann mein Vater die Augen geschlossen hatte, denn genau in dem Moment verlangte sie von ihm, die Auffahrt freizuschaufeln, den Rasen zu mähen, die Blätter zu harken oder die Einkäufe zu erledigen.
    »Sobald Dad pensioniert war, wollte er auf einmal den Rasen mähen, die Läden streichen oder das Leck auf dem Dach flicken. Er wollte wohl allen beweisen, dass er das noch konnte, aber er konnte eben nicht. Er war schon außer Atem, wenn er nur die Treppe raufgegangen ist. Und Mom wollte plötzlich, dass er sich hinlegt. Zwei Jahre lang habe ich jeden Tag den gleichen Anruf bekommen: ›Charlie, dein Vater steigt auf das Dach und will die Regenrinne reinigen. Charlie, dein Vater hebt was Schweres. Dein Vater schaufelt draußen Schnee, und ich hab Angst, dass er ausrutscht und sich den Kopf aufschlägt.‹ Verstehst du allmählich?«
    »Ja«, nicke ich mit schlechtem Gewissen, aber Charlie ist noch längst nicht fertig.
    »Und seit Dads Tod musste ich die unmöglichsten Botengänge für Mom erledigen. Weizenkleie besorgen, Dollarscheine, weil sie keine Münzen mag, Gelenksalbe, Tylenol gegen ihre Arthritis, nur nicht die Kapseln, Teeblätter, eine 50-Watt-Glühbirne, weil 40 zu schwach und 60 zu hell sind. Dann soll ich bei Marks and Spencer Fleischpastete kaufen, obwohl Marks and Spencer hier vor zwanzig Jahren dichtgemacht hat, aber nein, sagt Mom, Marks and Spencer ist im Einkaufszentrum. Seit Dads Tod war mein Leben eine einzige Scheißschnitzeljagd.«
    Ich lache unpassenderweise, aus Verlegenheit.
    »Sie ist schon lange nicht mehr klar im Kopf. Wann hat sie dich zuletzt mit deinem Namen angesprochen oder sich halbwegs normal benommen? Glaubst du nicht, das mit der Todesanzeige war ein Zeichen dafür, dass sie langsam durchdreht? Der Schlaganfall ist nur der Anfang vom Ende.«
    Mir wird zum ersten Mal bewusst, dass ich Charlie mit unseren alternden Eltern alleingelassen habe. Natürlich nicht absichtlich. Als ich von hier weggegangen bin, waren beide in bester Verfassung. So hatte ich sie in Erinnerung, und so habe ich sie mir immer vorgestellt.
    Charlie sieht mich mit einer gewissen Befriedigung an. »Und dann kommst du für eine Scheißwoche im Jahr, und Mom und Dad führen sich auf, als wärst du die Scheißkönigin von England, auf Staatsbesuch. Plötzlich ist alles prima und dreht sich nur um Prissy und ihre Familie, und wenn du weg bist, muss ich wieder den ganzen Mist erledigen.«
    »Es tut mir leid«, sage ich. »Das war mir nicht bewusst.«
    »Schon okay. Nur die Sache mit Mom jetzt … ich kann nicht tun, was du tust. Ich kann das nicht …«
    »Ich tue es. Es macht mir nichts aus.« Und das meine ich ehrlich.
    Als Charlie fort ist und ich meiner Mutter ins Bett geholfen habe, klingelt mein Handy. Es ist Howies Nummer, und darum gehe ich nicht ran, wie bei keinem seiner heutigen Anrufe. Zuletzt hatten wir eine Woche nach Mutters Schlaganfall miteinander telefoniert. Ich stand im Sanitätshaus und diskutierte gerade, ob ich den teureren gepolsterten Toilettensitz oder den Plastiksitz kaufen sollte. In dem Moment rief Howie an und fragte, ob ich das Päckchen erhalten hätte. Ich fragte, welches Päckchen, obwohl ich natürlich wusste, dass er die Scheidungspapiere meinte. Er sollte nur endlich die Dinge beim Namen nennen und nicht Päckchen sagen, als hätte er mir ein Geschenk geschickt. Davon abgesehen war die Frage sowieso dumm, denn er hatte es mir ja persönlich aushändigen lassen. Die Papiere konnten kaum in der Post verloren gehen. Ich fand es furchtbar grausam und unsensibel, mich deshalb anzurufen, wo ich gerade so viel durchmachte, aber dann wurde mir klar, dass er von dem

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