Die Wölfe von Yellowstone. Die ersten zehn Jahre (German Edition)
sie zu Tode trampeln.
Als die Wölfe nach Yellowstone kamen, waren sie eine unbekannte Spezies für die Elche. Wenn sich ein Wolf einem Elch näherte, lief dieser nicht fort. Nach ersten blutigen Zwischenfällen jedoch lernten sie schnell, und es dauerte nur eine Saison, bis sie begriffen hatten, welche Gefahr die Wölfe bedeuteten. Heute ziehen sie schon in andere Gebiete, wenn sie nur Wolfsgeheul hören.
Joel Berger, ein Elchbiologe von der Wildlife Conservation Society in Wyoming, hat Versuche mit Tonbändern mit Wolfsgeheul unternommen, die er in den Elchgebieten abspielte. Vor der Wiederansiedlung der Wölfe unterbrachen die Elche ihre Nahrungsaufnahme beim Abspielen des Geheuls nur für etwa 30 Sekunden, bevor sie wieder gemütlich weiterfraßen. Nach der Rückkehr der Wölfe wurden sie bei jedem Wolfsheulen sofort aufmerksam und ruhelos und zogen meist weiter, fort vom Heulen der Wölfe. Elchmütter, die schon Kälber an Wölfe verloren hatten, waren fünf Mal aufmerksamer als andere Elchmütter.
Ein anderer Versuch kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Dabei warf Berger Schneebälle mit Wolfs- oder Grizzly-Urin in die Nähe von Elchen. Elchmütter, deren Kälber getötet worden waren, zeigten sich beim Geruch des Urins äußerst aufgeregt, andere ignorierten ihn.
Vor der Wiederansiedlung der Wölfe waren viele Naturschützer beunruhigt, dass die Wölfe ganze Herden von Beutetieren ausrotten würden. Sie gingen von der »Blitzkrieg-Theorie« aus, die besagt, dass überall, wo der prähistorische Mensch zum ersten Mal ein Gebiet betreten hat, alle großen Tierarten ausgerottet wurden. Berger ist der Auffassung, dass die vernichteten Tiere einfach nicht klug genug waren, zu lernen, dass Menschen gefährlich sind.
»Unsere Daten stimmen mit der Theorie überein, dass einige Beutearten bestimmte Arten von Predatoren nicht erkennen«, sagt Berger.
Die Elche von Yellowstone jedoch sind inzwischen offenbar klug genug, um zu erkennen, dass Wölfe eine Gefahr für sie sind.
In Yellowstone gibt es etwa 300 Elche (2012). Zwar ist die Population in den letzten Jahren zurückgegangen, jedoch nicht wegen der Wölfe, sondern hauptsächlich wegen des Verlustes von altem Waldbestand in den umliegenden Gebieten, durch die Jagd außerhalb des Parks und wegen des großen Waldbrandes von 1988, der einen beträchtlichen Teil ihres Winterhabitats zerstörte.
Wölfe und Bären
In Yellowstone gibt es etwa 500 bis 600 Schwarzbären (Ursus americanus) und 150 Grizzlybären (Ursus arctos horribilis) .
Die Schwarzbärenmännchen wiegen zwischen 90 und 140 und die Weibchen 60 bis 80 Kilo und haben eine Schulterhöhe von etwa einem Meter.
Grizzlymännchen wiegen 140 bis 320 und Weibchen 90 bis 180 Kilo; sie haben eine durchschnittliche Schulterhöhe von 1,50 Meter.
Schwarzbären leben überwiegend in Waldgebieten und an Lichtungen. Auch Grizzlys nutzen Waldgebiete, halten sich jedoch mehr auf offenen, freien Wiesen auf.
Die Schwarzbären haben kurze, gebogene Klauen, mit denen sie besser auf Bäume klettern als graben können. Im Gegensatz dazu haben Grizzlys längere und weniger gebogene Klauen und einen kräftigeren Schultermuskel, der es ihnen besser ermöglicht, zu graben als zu klettern, was nicht bedeutet, dass man vor einem angreifenden Grizzly auf dem Baum sicher ist. Durch das Graben erreichen sie Wurzeln und Knollen in der Erde, aber auch Nagetiere und deren Proviantvorräte.
Vom Verhalten her sind Schwarzbären im Allgemeinen wenig aggressiv und verlassen sich auf ihre Fähigkeit, auf Bäume zu klettern, um sich und ihre Jungen vor Beutegreifern zu retten. Grizzlybären dagegen sind aggressiver als Schwarzbären und haben hauptsächlich ihre imposante Größe, um sich und ihren Nachwuchs vor Gefahren zu schützen.
Yellowstone ist eines von nur zwei Gebieten südlich von Kanada, in denen immer noch Grizzlys leben. Sie sind ganzjährig geschützt.
Früher wurden die Bären im Park noch gefüttert. Man veranstaltete regelrechte Schaufütterungen bei den Hotels. Auf alten Bildern kann man sehen, wie Touristen aus dem Auto heraus Bären füttern. Nachdem es jedoch zu immer mehr Verletzungen und Todesfällen kam, begann die Parkverwaltung, ihre Managementpolitik zu ändern. Ab 1970 wurde das Füttern verboten. 1975 kamen die Grizzlys auf die Artenschutzliste. Danach stieg ihre Zahl stark an.
Wölfe, Grizzlys und Schwarzbären haben seit Urzeiten in denselben Lebensräumen nebeneinander existiert. Die meisten
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