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Die Woelfin

Die Woelfin

Titel: Die Woelfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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hätte!
    Waren wir nicht alle letztlich Sinnsucher?
    Ich jedenfalls ertappte mich immer öfter dabei, wie ich mich fragte, woher der Fluch, der mich und andere durch mondbeschienene Nächte hetzen ließ, eigentlich kam. Wo seine Anfänge, seine Wurzeln lagen. Mit wem hatte dieses Werwolftum dereinst begonnen -und warum?
    Was war von der Sage zu halten, wonach unser Fluch auf die Schandtat Lykaons zurückging, des Königs der Arkadier, der Zeus dereinst Menschenfleisch zum Essen vorgesetzt haben sollte, worauf der Göttervater ihn erzürnt in einen Wolf verwandelte, der fortan heulend durch die Wälder irren mußte?
    Gab es einen wahren Kern in solchem Märchen? Ich hatte viele Menschen danach befragt, Männer und Frauen, die als weise galten - auch Chiyoda -, aber entweder hatten sie keine Antworten gewußt oder sie mir mit Absicht vorenthalten - aus Gründen, die mir ein Rätsel blieben wie der Ursprung meiner Krankheit.
    Wenn es denn eine Krankheit war .
    Ich hatte das Bett so zurechtgerückt, daß ich liegend aus dem Fenster zu der Stelle des nächtlichen Himmels schauen konnte, wo das Licht, das mir seit Jahrhunderten heimleuchtete, auftauchen würde.
    Und als er dann kam, mein schrecklicher Versucher, kam er nicht allein.
    *
    Diesmal betrat er das Zimmer, ohne anzuklopfen, und daß ich nicht abgeschlossen hatte, mochte er als Einladung betrachten .
    ... dieser häßliche Narr!
    Ich konnte das Herz des Wirts hören, als er in den Raum schlüpfte - es pochte laut, wie rasend.
    Auch ihn trieb die Gier, wenngleich sie anderer Natur war als meine.
    »Wer . ist da?« Ich zwang meine Stimmbänder, die sich wie der Rest meines Körpers verändert hatten, zu einem Klang, der ihn nicht gleich davonjagen würde.
    Dennoch stockte er kurz in der Bewegung. Aber vielleicht lag es auch daran, daß er das Bett noch an einem anderen Platz vermutete und mein scheinbar verängstigtes Geflüster ihm den rechten Weg wies.
    Er besaß keine Raubtieraugen wie ich. Für ihn mußte es stockfinster sein, denn der Mond war gerade erst zur Hälfte über den Horizont gewandert, und sein Schein hatte noch nicht den Weg durch das Fenster gefunden.
    »Ich bin es. Der Wirt .« Seine Stimme war rauh vor Erregung.
    »Ich dachte, Ihr hättet gerufen .«
    »Oh ... nein. Doch ... Ich ...« Ich wälzte mich absichtlich auf der knarrenden Matratze, damit er es noch leichter hatte, zu mir zu finden. Daß ich das Bett umplaziert hatte, mochte ihm auch nicht verwunderlicher erscheinen als das, was ich mir selbst angetan hatte. Ich stellte mir vor, wie er den ganzen Nachmittag an mich gedacht hatte - und wie langsam der Wunsch, es mir zu geben, übermächtig geworden war.
    Was mochte sein fettes Weib, das ich bei meiner Ankunft nur einmal flüchtig sah, gerade tun? Die Kinder versorgen? Ich hatte sie lange nicht mehr kreischend durch das Haus stürmen hören.
    Schemenhaft sah ich ihn auf mich zukommen. Mit dem Schienbein stieß er gegen die hölzerne Umrandung des Bettes und unterdrückte mühsam einen Fluch.
    »Kann ich etwas für Euch tun?«
    Ich hatte auf dem Bauch gelegen. Nun stützte ich mich auf Handballen und Knie und machte einen Katzenbuckel. Dabei konnte ich das Knirschen meiner Gelenke hören. Schon vorher hatte sich mein Körper gestreckt, war meine ganze Anatomie wie unter Gezeiten-kräften verschoben worden.
    Ich glaube nicht, daß ich ihm noch gefallen hätte.
    So wenig wie ihm gefiel, was er berührte, als er zu mir auf das Bett glitt.
    Vielleicht hatte ihn der Anblick meiner rasierten Haut erst verwirrt und dann - im Laufe der Stunden, die er das Bild in seinem Kopf herumgetragen hatte - allmählich um den Verstand gebracht. Und nun berührte er etwas, das seine Finger wie von einer heißen Herdplatte zurückzucken ließ.
    Überrascht schrie er auf, wollte zurückweichen, aber ich hielt ihn fest.
    »Ich dachte mir, daß du kommen würdest«, sagte ich kehlig. »Das erspart es mir, nach dir zu suchen.«
    Vielleicht begriff er in diesem kurzen Moment zwischen meinen Worten und seinem Tod noch, daß er den Fehler seines Lebens begangen hatte - im Grunde jedoch bezweifelte ich, daß er eine solch schnelle Auffassungsgabe besaß.
    Ihm blieben höchstens zwei Sekunden.
    Dann hatte ich ihm bereits die Kehle durchgebissen, um zu verhindern, daß seine Schreie den Rest der Familie vorzeitig warnten.
    Denn ich hatte nicht vor, mich mit ihm allein zu begnügen. Vor mir lag ein beschwerlicher Weg, der es ratsam machte, sich zu stärken

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