Die Wohlgesinnten
you cannot destroy … Er spricht natürlich von den Juden.« – »Ja. Tatsache ist, daß man eine reine Rasse kaukasischen Stammes nicht vernichten kann. Es ist eine physiologische Tatsache; ein simples Naturgesetz, das die Pläne der ägyptischen und assyrischen Könige, der römischen Kaiser und christlichen Inquisitoren durchkreuzt hat. Keine Strafgesetze, keine physische Folter können bewirken, daß eine überlegene Rasse von einer untergeordneten absorbiert oder vernichtet wird. Die Mischrassen der Verfolger verschwinden, die reine, verfolgte Rasse überlebt. « – »Da hast du’s! Stell dir vor, dieser Mann, dieser Jude war Premierminister der Königin Viktoria! Er hat das britische Weltreich gegründet! Noch unbekannt, hat er solche Thesen einem christlichen Parlament vorgetragen! Komm wieder her. Schenk mir Tee nach, hier.« Ich ging zu ihm zurück und goss ihm eine weitere Tasse ein. »Aus Liebe und Achtung für deinen Vater, Max, habe ich dirgeholfen, habe ich deine Karriere verfolgt, habe ich dich unterstützt, wo ich konnte. Du schuldest es dir selbst, ihm Ehre zu machen – und seiner und deiner Rasse. Auf dieser Erde ist nur Raum für ein auserwähltes Volk, das berufen ist, über die anderen zu herrschen: Entweder sind sie es, wie es der Jude Disraeli und der Jude Herzl wollen, oder wir sind es. Deshalb müssen wir sie bis zum letzten Angehörigen ihrer Rasse vernichten, sie mit Stumpf und Stiel ausrotten. Denn wenn nur zehn von ihnen übrig bleiben, ein intaktes Quorum, nur zwei, ein Mann und eine Frau, stehen wir in hundert Jahren wieder vor demselben Problem und müssen von vorn anfangen.« – »Darf ich Ihnen eine Frage stellen, Herr Doktor?« – »Nur zu, nur zu, mein Kleiner.« – »Welche Rolle spielen Sie eigentlich in dem Ganzen?« – »Leland und ich, meinst du? Das ist gar nicht so leicht zu erklären. Wir haben keine offiziellen Posten. Wir … wir stehen dem Führer zur Seite. Siehst du, der Führer hat den Mut und die Weitsicht gehabt, diese historische, schicksalhafte Entscheidung zu treffen; doch die praktische Durchführung interessiert ihn natürlich nicht. Zwischen der Entscheidung und ihrer Umsetzung, mit der der Reichsführer SS betraut wurde, klafft eine riesige Lücke. Unsere Aufgabe besteht nun darin, diese Lücke zu schließen. Insofern folgen wir weniger den Befehlen des Führers als den Erfordernissen der Lücke.« – »Ich weiß nicht, ob ich das wirklich verstehe, aber was erwarten Sie von mir?« – »Nichts, nur dass du deinen selbst gewählten Weg weiter verfolgst, und zwar bis ans Ende.« – »Ich bin mir nicht sicher, dass das wirklich mein Weg ist, Herr Doktor. Ich muss darüber nachdenken.« – »Oh, denk darüber nach! Denk nach. Und dann ruf mich an. Wir sprechen noch einmal darüber.« Eine andere Katze versuchte, auf meine Knie zu klettern, und hinterließ weiße Haare auf dem schwarzen Stoff, bevor ich sie verjagte. Ohne mit der Wimper zu zucken, unerschütterlich wie immer, fast schläfrig, ließMandelbrod einen weiteren gewaltigen Furz fahren. Der Gestank verschlug mir den Atem, ich holte nur noch vorsichtig Luft. Die Haupttür öffnete sich, und die junge Frau vom Empfang trat ein, anscheinend immun gegen den Gestank. Ich stand auf: »Danke, Herr Doktor. Meine Empfehlung an Herrn Leland. Auf bald also.« Mandelbrod schien schon fast zu schlafen; nur eine seiner kolossalen Hände, mit der er langsam eine Katze streichelte, bewies das Gegenteil. Ich wartete noch einen Augenblick, aber er schien nichts mehr sagen zu wollen, also ging ich hinaus, gefolgt von dem Mädchen, das die Tür lautlos schloss.
Als ich Dr. Mandelbrod von meinem Interesse an den Problemen der europäischen Beziehungen erzählt hatte, hatte ich zwar nicht gelogen, aber auch nicht die ganze Wahrheit gesagt: Ich hatte nämlich eine Vorstellung im Kopf, eine ganz genaue Vorstellung von dem, was ich wollte. Ich weiß nicht mehr genau, wann sie mir in den Sinn kam: Vermutlich in einer fast schlaflos zugebrachten Nacht im Hotel Eden . Auch ich hatte mir gesagt, es sei an der Zeit, etwas für mich zu tun, einmal an mich selbst zu denken. Und was mir Mandelbrod vorgeschlagen hatte, entsprach keineswegs der Idee, auf die ich gekommen war. Aber ich wusste nicht recht, wie ich es anstellen sollte, mein Vorhaben umzusetzen. Zwei oder drei Tage nach meiner Unterhaltung in den Büros Unter den Linden rief ich Thomas an, der mich aufforderte, ihn zu besuchen. Doch er empfing mich nicht in
Weitere Kostenlose Bücher