Die Wohlgesinnten
weihen und kann meine Hingabe vor dem Endsieg unmöglich teilen.« Himmler musterte mein Gesicht, während er zuhörte, und seine Augen weiteten sich ein wenig. »Trotz Ihres Fremdblutes, Sturmbannführer, sind Ihre germanischen und nationalsozialistischen Tugenden beeindruckend. Ich weiß nicht, ob ich Ihre Schlussfolgerung teilen kann; ich halte es nach wie vor für die Pflicht eines jeden SS-Mannes, die Rasse zu erhalten. Aber ich werde über Ihre Worte nachdenken.« –»Danke, mein Reichsführer.« – »Hat Ihnen Obersturmbannführer Brandt Ihre Aufgabe erklärt?« – »In groben Zügen, mein Reichsführer.« – »Ich habe nicht viel hinzuzufügen. Gehen Sie vor allem mit Feingefühl zu Werke. Ich möchte keine unnützen Konflikte heraufbeschwören.« – »Jawohl, mein Reichsführer.« – »Ihre Berichte sind sehr gut. Sie haben einen ausgezeichneten Sinn für Zusammenhänge und ruhen in einer fest verwurzelten Weltanschauung. Das hat mich bewogen, Sie auszuwählen. Aber Achtung! Ich wünsche praktische Lösungen und kein Gejammer.« – »Ja, mein Reichsführer.« – »Dr. Mandelbrod wird Sie sicherlich bitten, ihm Kopien Ihrer Berichte zukommen zu lassen. Ich habe nichts dagegen. Viel Glück, Sturmbannführer. Wegtreten.« Ich stand auf, grüßte und wandte mich zum Gehen, als Himmler mich plötzlich mit seiner beherrschten, nüchternen Stimme anrief: »Sturmbannführer!« – »Jawohl, mein Reichsführer?« Er zögerte: »Keine falsche Gefühlsduselei, klar?« Ich stand stramm: »Bestimmt nicht, mein Reichsführer.« Ich grüßte erneut und ging hinaus. Im Vorzimmer warf mir Brandt einen forschenden Blick zu: »Alles gut gegangen?« – »Ich glaube, ja, Obersturmbannführer.« – »Der Reichsführer hat Ihren Bericht über die Ernährungsprobleme unserer Soldaten in Stalingrad mit großem Interesse gelesen.« – »Ich bin überrascht, dass der Bericht bis hierher gelangt ist.« – »Der Reichsführer interessiert sich für viele Dinge. Gruppenführer Ohlendorf und die anderen Amtschefs schicken ihm oft interessante Berichte.« Im Namen des Reichsführers überreichte mir Brandt das Buch eines gewissen Hellmut Schramm, Der jüdische Ritualmord . »Der Reichsführer hat es für alle SS-Führer vom Standartenführer aufwärts drucken lassen. Aber er hat auch befohlen, es an Offiziere niedrigerer Dienstgrade zu verteilen, sofern sie mit der Judenfrage befasst sind. Sie werden sehen, es ist sehr interessant.« Ich dankte ihm; noch ein Buch zu lesen, für mich, der ich kaum noch las.Brandt riet mir, mir ein paar Tage Zeit zu nehmen, um mich einzurichten: »Sie werden nichts Vernünftiges zustande bringen, wenn Ihre persönlichen Angelegenheiten nicht geregelt sind. Kommen Sie anschließend wieder zu mir.«
Mir wurde rasch klar, dass die schwierigste Frage die Unterkunft betraf: Ich konnte nicht unbegrenzt im Hotel bleiben. Der Obersturmbannführer des SS-Personalhauptamts schlug mir zwei Lösungen vor: ein SS-Heim für unverheiratete Offiziere, sehr preiswert, mit Vollpension; oder ein möbliertes Zimmer, für das ich Miete zu zahlen hätte. Thomas wohnte in einer Dreizimmerwohnung, geräumig und sehr bequem, mit hohen Decken und kostspieligen alten Möbeln. Angesichts der akuten Wohnungsnot in Berlin – Wohnungsinhaber, die über ein leeres Zimmer verfügten, waren grundsätzlich verpflichtet, einen Mieter aufzunehmen – war das ein Luxusappartement, zumal für einen ledigen Obersturmbannführer; sogar ein Gruppenführer mit Frau und Kindern hätte es nicht verschmäht. Lachend erzählte er mir, wie er es ergattert hatte: »Es war nicht schwer. Wenn du willst, kann ich dir helfen, eine solche Wohnung aufzutreiben, vielleicht nicht ganz so groß, aber mit zwei Zimmern mindestens.« Dank eines Bekannten, der in der Generalbauinspektion Berlin arbeitete, hatte er sich durch eine Sonderverordnung eine jüdische Wohnung zuweisen lassen, die im Zuge der Neugestaltung der Stadt frei gemacht worden war. »Das einzige Problem war, dass ich sie nur unter der Bedingung bekommen habe, die Renovierungskosten zu übernehmen, rund 500 Reichsmark. Die hatte ich nicht, aber ich habe sie mir von Berger als Soforthilfe bewilligen lassen.« Aufs Sofa gelümmelt, ließ er einen zufriedenen Blick umherwandern: »Nicht schlecht, was?« – »Und der Wagen?«, fragte ichlachend. Thomas besaß ein kleines Kabrio, mit dem er begeistert spazieren fuhr und mich abends manchmal abholte. »Das, mein Lieber, ist eine andere
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