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Die Wohlgesinnten

Die Wohlgesinnten

Titel: Die Wohlgesinnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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sagte ich brutal. Aber es schien unmöglich, sie zu schockieren: »Erklären Sie mir, was ich tun muss«, sagte sie ruhig. »Ich helfe Ihnen.« Ich erklärte es ihr, ohne vulgäre Worte, aber auch ohne Beschönigung, und sie tat, was getan werden musste. Bitter sagte ich mir, dass sie mich zum ersten Mal nackt sah – ich hatte keinen Pyjama mehr – und dass sie sich sicherlich nicht vorgestellt hatte, mich unter solchen Umständen nackt zu sehen. Ich empfand keine Scham, aber ich war von mir selbst angeekelt, und dieser Ekel erstreckte sich auf sie, auf ihre Geduld und auf ihre Sanftmut. Ich wollte sie beleidigen, vor ihr masturbieren, sie um obszöne Gunstbeweise bitten, aber das war nur ein Gedanke, ich wäre unfähig gewesen, einen hochzukriegen, unfähig, eine Bewegung zu machen, die auch nur ein Mindestmaß an Kraft verlangt hätte. Das Fieber stieg jedenfalls wieder, ich begann erneut zu zittern und zu schwitzen. »Sie frieren ja«, sagte sie, nachdem sie mich gesäubert hatte. Warten Sie.« Sie verließ die Wohnung und kam nach einigen Minuten mit einer Decke wieder, die sie über mich breitete. Ich hatte mich zu einer Kugel zusammengerollt, klapperte mit den Zähnen und hatte das Gefühl, dass meine Knochen aneinanderschlugen wiebei einem Knöchelspiel. Die Nacht wollte noch immer nicht kommen, der Sommertag dauerte endlos an, es machte mich wahnsinnig, doch gleichzeitig wusste ich, dass die Nacht mir weder Ruhe noch Linderung bringen würde. Wieder zwang sie mich, sehr sanft, etwas zu trinken. Aber gerade diese Sanftheit reizte mich aufs Äußerste: Was wollte diese Frau von mir? Was führte sie im Schilde, mit ihrer Freundlichkeit und Güte? Hoffte sie, mich auf diese Weise von irgendetwas überzeugen zu können? Sie behandelte mich, als wäre ich ihr Bruder, ihr Liebhaber oder ihr Mann. Aber sie war weder meine Schwester noch meine Frau. Ich zitterte, die Fieberschübe schüttelten mich, und sie wischte mir die Stirn ab. Wenn sich ihre Hand meinem Mund näherte, wusste ich nicht, ob ich sie beißen oder küssen sollte. Dann verschwamm alles endgültig. Bilder kamen, ich hätte nicht gewusst, ob es Träume oder Gedanken waren, es waren die gleichen Bilder, die mich in den ersten Monaten des Jahres so sehr beschäftigt hatten, ich sah mich mit dieser Frau leben und mein Leben entsprechend einrichten, ich verließ die SS und all die Schrecken, die mich seit so vielen Jahren umgaben, ich streifte meine Fehler und Schwächen ab wie eine Schlange ihre Haut, meine Obsessionen verflüchtigten sich wie Sommerwolken, ich tauchte wieder ein in den Strom der Normalität. Doch statt mich zu beruhigen, empörten mich diese Gedanken: Was denn? Meine Träume abwürgen, um meinen Schwanz in ihrer blonden Vagina zu versenken, ihren Bauch küssen, den die Schwangerschaft mit schönen, gesunden Kindern anschwellen ließ? Ich sah die jungen Schwangeren wieder vor mir, wie sie im Schlamm von Kaschau oder Munkács auf ihrem Gepäck saßen, ich dachte an ihr Geschlecht, das schamhaft zwischen den Beinen und unter dem runden Bauch verborgen lag, all diese Geschlechter und diese Bäuche, die die Frauen wie Ehrenzeichen ins Gas trugen. Immer sind die Kinder in den Bäuchen der Frauen, das ist das Schreckliche.
     
    Warum dieses entsetzliche Vorrecht? Warum müssen die Beziehungen zwischen Männern und Frauen immer mit dem Schwängern enden? Ein Sack voll Saatgut, eine Bruthenne, eine Milchkuh, das ist die Frau im Sakrament der Ehe. So unerquicklich mein Lebenswandel auch sein mochte, er blieb wenigstens frei von solcher Verderbnis. Paradox vielleicht, das erkenne ich jetzt, während ich es schreibe, doch damals, in den weiten Spiralen, in denen mein überhitzter Verstand kreiste, erschien es mir vollkommen logisch und schlüssig. Ich hatte Lust aufzuspringen, Helene zu schütteln, um ihr all das zu erklären, aber vielleicht habe ich diese Lust auch nur geträumt, denn ich wäre vollkommen unfähig gewesen, die geringste Bewegung zu machen. Am Morgen ging das Fieber etwas zurück. Ich weiß nicht, wo Helene schlief, sicherlich auf dem Sofa, aber ich weiß, dass sie jede Stunde nach mir sah, mir das Gesicht abwischte und etwas zu trinken gab. Die Krankheit hatte meinem Körper alle Energie geraubt, und zur Erde die blühenden Glieder ihm sanken , oh selige Schulzeit. Meine aufgeschreckten Gedanken hatten sich schließlich verflüchtigt und nichts als tiefe Bitterkeit zurückgelassen, den heftigen Wunsch, möglichst schnell zu

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