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Die Wohlgesinnten

Die Wohlgesinnten

Titel: Die Wohlgesinnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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handle.« Ich atmete tief durch: »Genau das habe ich immer gesagt. Glücklicherweise hat der Reichsführer stets Vertrauen in mich gehabt. Wenn es sich wirklich so verhält, wie Sie sagen, ist meine Ehre wiederhergestellt.« – »In der Tat«, sagte Drescher und nickte zustimmend. »Sturmbannführer Morgen hat mir sogar anvertraut, SS-Richter von Rabingen denke daran, ein Disziplinarverfahren gegen die Inspektoren anzustrengen, die Ihnen so übel mitgespielt haben.« – »Das würde mich freuen.« Die Nachricht wurde mir drei Tage später durch einen Brief von Brandt bestätigt, dem die Kopie eines Schreibens an den Reichsführer beigefügt war, in dem von Rabingen versicherte, er habe sich von meiner Unschuld restlos überzeugt . In keinem der beiden Briefe war von Clemens und Weser die Rede, trotzdem war ich zufrieden.
    Schließlich traten die Sowjets nach kurzer Atempause aus ihren Brückenköpfen an der Weichsel zu ihrer so sehr befürchteten Offensive an. Die schwachen Kräfte unseres Sperrriegels wurden beiseitegefegt. Während der Waffenruhe hatten die Russen eine unerhörte Feuerkraft zusammengezogen; ihre T 34 ergossen sich in langen Kolonnen über die polnischen Ebenen, durchbrachen unsere Divisionen, wobei sie in glänzender Weise unsere Taktik von 1941 nachahmten; vielfach wurden unsere Truppen von den feindlichen Panzern überrascht, die sie noch mehr als hundert Kilometer entfernt wähnten. Am 17. Januar räumten Generalgouverneur Frank und seine Verwaltung Krakau, und unsere letzten Einheiten zogen sich aus den Ruinen von Warschau zurück. Die ersten sowjetischen Panzer drangen bereits in Schlesien ein, als Schmauser den Fall A ausrief. Ich hatte von meiner Seite alles Menschenmögliche getan: mich mit einigen Kanistern Treibstoff, belegten Broten und Rum für unsere zwei Fahrzeugebevorratet und alle Kopien meiner Berichte vernichtet. Am Abend des 17. wurde ich mit allen anderen Offizieren zu Baer gerufen; er teilte uns mit, dass auf Anweisung von Schmauser alle Häftlinge, die kräftig genug seien, ab dem nächsten Morgen zu Fuß evakuiert würden: Dieser Abendappell werde der letzte sein. Die Evakuierung werde planmäßig durchgeführt. Jeder Kolonnenführer habe darauf zu achten, dass kein Häftling entkommen oder zurückbleiben könne; jeder Versuch müsse unbarmherzig bestraft werden; Baer empfahl allerdings, keine Häftlinge während des Marsches durch Dörfer zu erschießen, damit die Bevölkerung nicht vor den Kopf gestoßen werde. Einer der Kolonnenführer, ein Obersturmführer, meldete sich zu Wort: »Ist der Befehl nicht etwas zu streng, Sturmbannführer? Wenn ein Häftling zu entkommen versucht, muss er selbstverständlich erschossen werden. Aber wenn er einfach zu schwach zum Marschieren ist?« – »Alle Häftlinge, die in Marsch gesetzt werden, sind als arbeitsfähig eingestuft und müssen fünfzig Kilometer ohne Schwierigkeiten schaffen«, erwiderte Baer. »Die Kranken und die Schwachen bleiben in den Lagern. Wenn es Kranke in den Kolonnen gibt, müssen sie eliminiert werden. Diesen Befehlen ist unbedingt Folge zu leisten.«
    In dieser Nacht schlief die Lager-SS kaum. Vom Haus aus, das in der Nähe des Bahnhofs lag, sah ich die langen Trecks deutscher Zivilisten vorbeiziehen, die vor den Russen flohen: Nachdem sie die Stadt hinter sich und die Brücke über die Soa überquert hatten, stürmten sie den Bahnhof oder schleppten sich zu Fuß weiter Richtung Westen. Die SS bewachte einen Sonderzug, der für die Familien des Lagerpersonals reserviert war; er war bereits zum Bersten gefüllt, die Männer versuchten große Bündel neben ihren Frauen und Kindern zu stapeln. Nach dem Abendessen inspizierte ich das Stammlager und Birkenau. Ich kontrollierte einige Baracken: Die Häftlinge versuchten zu schlafen, die Kaposbestätigten mir, dass überhaupt keine zusätzlichen Kleidungsstücke ausgegeben worden waren, trotzdem hoffte ich immer noch, dass das am nächsten Tag vor dem Abmarsch geschehen würde. Auf den Wegen brannten Stapel von Dokumenten: Die Müllverbrennungsöfen waren überlastet. In Birkenau bemerkte ich ein gewaltiges Durcheinander am »Kanada«: Im Scheinwerferlicht verluden Häftlinge alle möglichen Dinge auf Lastwagen; ein Untersturmführer, der die Operation beaufsichtigte, versicherte mir, dass die Ladung ins KL Groß-Rosen geschafft werde. Aber ich sah sehr wohl, dass sich die SS-Wachen auch selbst bedienten, manchmal ganz offen. Alles schrie, machte sich hektisch, aber

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