Die Wohlgesinnten
Brennholzvorräte und trug mehrere Ladungen großer Kloben zum Kamin, außerdem kleinere, fertig gemachte Scheite, die ich in einer Holzwiege aus dickem Leder schichtete. Ich trug auch Holz in den ersten Stock und machte Feuer in dem Ofen eines der kleinen Gästezimmer, wozu ich alte Nummern des VB nahm, die in den Toiletten gestapelt waren. Wieder in der Diele, zog ich endlich den Mantel aus und tauschte meine Stiefel gegen dicke Pantoffeln, die ich dort fand; dann trug ich meinen Kleidersack hinauf, packte ihn auf dem schmalen Messingbett aus und räumte meine Wäsche in den Kleiderschrank. Das Zimmer war einfach, mit praktischen Möbeln, Krug und Waschschüssel, einer unauffällig gemusterten Tapete. Der Kachelofen verbreitete rasch Wärme. Mit der Flasche Kognak ging ich wieder hinunter und begann, im Kamin Feuer zu machen. Ich hatte damit mehr Mühe als mit dem Ofen, doch endlich brannte es. Ich goss mir ein Glas Kognak ein, fand einen Aschenbecher und machte es mir mit aufgeknöpfter Uniformjacke in einem Sessel am Feuer bequem. Draußen ging der Tag still zu Ende, und ich dachte an nichts.
Ich weiß nicht, ob ich viel erzählen kann von dem, was in dem schönen leeren Haus geschah. Ich habe bereits einen Bericht darüber geschrieben und hielt ihn beim Schreiben auch für glaubwürdig, wirklichkeitsgetreu, doch nun scheint mir, als entspräche er doch nicht der Wahrheit. Warum ist das so? Schwer zu sagen. Nicht, dass ich mich nur noch verworren erinnern würde, im Gegenteil, ich habe zahlreiche und sehr genaue Erinnerungen, aber viele überschneiden undwidersprechen sich sogar, und sie sind nicht ganz zuverlässig. Lange habe ich geglaubt, dass meine Schwester bei meiner Ankunft da gewesen sein müsse, dass sie mich an der Haustür in einem dunklen Kleid erwartet habe, ihr langes schwarzes schweres Haar kaum von den Maschen eines dicken schwarzen Schals zu unterscheiden, der um ihre Schultern lag. Wir hatten im Schnee gestanden und miteinander geredet, ich wollte, dass sie mit mir abreiste, aber sie weigerte sich, selbst als ich ihr erklärte, dass die Roten kämen, dass es nur eine Frage von Wochen, sogar nur von Tagen sei, ihr Mann arbeite, sagte sie, er komponiere, zum ersten Mal seit langer Zeit, sie könnten jetzt nicht fort, also beschloss ich zu bleiben und schickte Piontek fort. Am Nachmittag hatten wir Tee getrunken und uns unterhalten, ich hatte ihr von meiner Arbeit erzählt und auch von Helene; sie hatte mich gefragt, ob ich mit ihr geschlafen habe, ob ich sie liebe, und ich hatte nicht antworten können; sie hatte mich gefragt, warum ich sie nicht heirate, und ich hatte immer noch nicht antworten können, schließlich hatte sie mich gefragt: »Schläfst du meinetwegen nicht mit ihr, heiratest du sie deshalb nicht?«; und ich hatte weiter beschämt die Augen gesenkt gehalten und mich in den geometrischen Mustern des Teppichs verloren. Das war es, woran ich mich erinnerte, doch es scheint, dass die Dinge sich anders zugetragen haben, und ich muss heute einsehen, dass meine Schwester und ihr Mann ganz bestimmt nicht da waren, und deshalb beginne ich mit dem Bericht noch einmal ganz von vorn, wobei ich versuche, mich möglichst eng an das zu halten, was als gesichert gelten kann. Käthe kam am Abend mit Vorräten in einem kleinen Karren, der von einem Esel gezogen wurde, und machte mir etwas zu essen. Während sie kochte, stieg ich in das langgestreckte staubige Kellergewölbe hinab, in dem es angenehm nach feuchter Erde roch, um mir Wein zu holen. Dort waren Hunderte von Flaschen gelagert, teilweise sehr alte, und ichmusste den Staub wegblasen, um die Etiketten lesen zu können, von denen einige vollkommen verschimmelt waren. Ungeniert suchte ich mir die besten Flaschen aus, ich sah nicht ein, dass ich dem Iwan solche Schätze überlassen sollte, wo der doch sowieso nur Wodka schätzte, ich wählte einen Château Margaux 1900, außerdem einen Château Ausone des gleichen Jahrgangs und, ein wenig auf gut Glück, einen Graves, einen Haut-Brion von 1923. Sehr viel später erkannte ich, dass es ein Fehler war, 1923 war kein sonderlich großer Jahrgang, ich hätte lieber den eindeutig besseren von 1921 nehmen sollen. Ich öffnete den Margaux, während Käthe die Mahlzeit servierte, und vereinbarte mit ihr, als sie wegging, dass sie jeden Tag kommen sollte, um mir das Abendessen zu bereiten, mich aber den Rest des Tages allein ließ. Die Gerichte waren einfach und reichhaltig, Suppe, Fleisch,
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