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Die Wohlgesinnten

Die Wohlgesinnten

Titel: Die Wohlgesinnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Littell
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mir schwer, der Rücken tat mir weh, aber die Wege waren leicht.
    Körlin war heftig umkämpft. Am Waldrand verborgen, beobachteten wir die russischen Panzer, wie sie, über eine etwas erhöhte Straße verteilt, die deutschen Stellungen pausenlos beschossen. Infanteristen rannten neben den Panzern her und warfen sich in die Gräben. Überall Leichen, braune Flecken, die über den Schnee oder den schwärzlichen Boden verstreut lagen. Vorsichtig zogen wir uns wieder in den Wald zurück. Etwas weiter oben hatten wir eine kleine, noch heile Steinbrücke über die Persante entdeckt; dorthin kehrten wir zurück und überquerten sie, dann schlichen wir im Schutz eines Buchenwäldchens zur Reichsstraße nach Plathe. Auch in diesem Wald lagen überall Gefallene, Russen und Deutsche durcheinander, es musste ein erbitterter Kampf gewesen sein; die meisten deutschen Soldaten trugen französische Ärmelabzeichen; jetzt herrschte Stille. Als wir ihre Taschen durchsuchten, fanden wir einige nützliche Sachen: Taschenmesser, einen Kompass, Trockenfisch im Brotbeutel eines Russen. Auf der Straße über uns rollten sowjetische Panzer mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Körlin. Thomas hatte entschieden, dass wir die Nacht abwarteten, dann wollten wir versuchen hinüberzugelangen, um zu sehen, wer die Straße nach Kolberg hielt, die Russen oder wir. Ich setzte mich hinter einen Busch, mit dem Rücken zur Straße, und aß eine Zwiebel, die ich mit Pflaumenschnaps hinunterspülte, dann holte ich die Lehrjahre des Gefühls aus der Tasche, deren Ledereinband vollkommen aufgequollen und verzogen war, löste vorsichtig einige Seiten voneinander und begann zu lesen. Der lange gleichmäßige Fluss der Prosa trug mich rasch davon, ich hörte nicht mehr das Rasseln der Ketten noch das Dröhnen der Motoren, nicht die abgeschmackten russischen Rufe » Dawai! Dawai! « noch die etwas weiter entfernten Explosionen;nur die gewellten und verklebten Seiten beeinträchtigten meine Lektüre. Der Einbruch der Dunkelheit zwang mich, das Buch zu schließen und wieder einzustecken. Ich schlief ein wenig. Auch Piontek schlief, Thomas blieb sitzen und beobachtete den Wald. Als ich erwachte, war ich mit einer dicken Schicht Pulverschnee bedeckt; er fiel dicht, in großen Flocken, die sich zwischen den Bäumen drehten, bevor sie sich niederließen. Auf der Straße kam von Zeit zu Zeit ein Panzer vorbei, mit aufgeblendeten Scheinwerfern, deren Lichter Löcher in den wirbelnden Schnee bohrten; ansonsten war alles still. Wir näherten uns der Straße und warteten. In Körlin wurde noch immer geschossen. Zwei Panzer kamen an, gefolgt von einem Lastwagen, einem Studebaker, mit rotem Stern: Sobald sie uns passiert hatten, überquerten wir die Straße im Laufschritt und rannten auf der anderen Seite die Böschung hinunter, um möglichst schnell in den Wald zu gelangen. Nach einigen Kilometern mussten wir das Ganze wiederholen, um die kleine Straße zu kreuzen, die nach Groß Jestin, einem Nachbardorf, führte; auch dort war die Chaussee von Panzern und Fahrzeugen blockiert. Das dichte Schneetreiben verbarg uns, als wir querfeldein marschierten, es herrschte Windstille, die Flocken sanken fast senkrecht herab und dämpften alle Geräusche, Schüsse, Motoren, Schreie. Hin und wieder hörten wir metallischen Lärm und russische Rufe, dann gingen wir rasch in Deckung, flach auf dem Bauch in einem Graben oder hinter einem Busch; eine Patrouille kam direkt vor unserer Nase vorbei, ohne uns zu bemerken. Wieder versperrte uns die Persante den Weg. Der nach Kolberg war auf der anderen Seite; wir folgten der Böschung nach Norden, bis Thomas einen Kahn entdeckte, der versteckt im Schilf lag. Es gab keine Ruder, doch Piontek schnitt lange Stöcke ab, um zu staken, und schaffte unsere Überfahrt mühelos. Auf der Straße herrschte dichter Verkehr in beide Richtungen: Russische Panzer undLastwagen fuhren mit aufgeblendeten Scheinwerfern wie auf einer Autobahn. Eine lange Kolonne von Panzern bewegte sich in Richtung Kolberg, es war ein märchenhafter Anblick, jedes Fahrzeug war mit Spitzentüchern geschmückt, großen weißen Stücken, die an den Kanonen und Geschütztürmen befestigt waren und an den Seiten flatterten; in den von den Scheinwerfern beleuchteten Schneewirbeln nahmen diese düsteren und dröhnenden Gefährte etwas Leichtes, fast Luftiges an, sie schienen über der Straße zu schweben, durch den Schnee zu gleiten, der mit ihren Segeln ineinander verschwamm. Langsam

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