Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
Pfeffer und trieb einem die Tränen in die Augen. Zorn brannte ihr als Chilipulver auf den Lippen. Moschusartige Liebe stieg ihr in die Nase.
Die Welt der Werwölfinnen überwältigte ihre Sinne.
Menschen leben in solch einer langweiligen, leblosen Welt.
Ich bin ein Mensch .
Billi riss die Augen auf.
Leute stapften durch den dichten Schnee, und die Schneeflocken schränkten ihre Sicht ein. Niemand schenkte ihr auch nur die geringste Aufmerksamkeit. Billi starrte durch den Schneeschleier und sah einen roten Haarschopf, der sich von der weißen Umgebung abhob.
Swetlana.
Gut, ich komme, bereit oder nicht .
Swetlana war zwischen den Bäumen, zwanzig Meter entfernt. Eine kleinere Gestalt folgte ihr in ein paar Schritten Abstand. Billi umklammerte den Schwertgriff fester. Das war es. In ein paar Minuten würde alles vorbei sein.
Billi ging direkt auf die beiden zu. Schritt für Schritt näherte sie sich, ohne den Blick jemals von ihnen abzuwenden. Sie waren aus einem Zelt auf der gegenüberliegenden Seite der Lichtung hervorgekommen und gingen weiter, ohne Billi zu bemerken. Swetlana streckte die Hand aus und half Wassilissa durch den Schnee. Das Mädchen trug immer noch nur ein Hängerkleidchen. Manchmal war sie gar nicht zu sehen, dann wieder glänzte sie heller als die Eiszapfen, die von den Bäumen hingen. Sie hatte noch mehr Schmuck erhalten, bunte Armreife, Ringe, Halsketten und kleine Kronen aus geflochtenen Zweigen und Winterblumen.
Billi kletterte über einen vier Meter hohen Findling, indem sie sich an dem Geflecht aus Ranken festhielt, das den grauen Felsen wie Adern überzog. Sie erreichte die Oberseite und stellte sich hin; ihr scharlachroter Mantel flatterte im eisigen Wind. Sie zog den Säbel mit der rechten Hand und nahm den Dolch in die Linke. »Wassilissa«, sagte sie.
Wassilissa schaute auf und starrte sie an. Sie versuchte, sich von Swetlana loszureißen, doch das rothaarige Mädchen war zu stark.
»Billi …«, flehte Wassilissa. »Hilf mir!«
Aber die junge Polenitsy begriff, dass Billi nicht hier war, um das kleine Mädchen zu befreien, und stieß es hinter sich zu Boden. Sie lächelte und entblößte dabei die langen Reißzähne.
»Der Tod in Rot«, sagte Swetlana. »Das ist meine Lieblingsfarbe.«
36
Swetlana warf den Mantel ab. Bis auf den roten Haarflaum, der ihre breiten Schultern und kräftigen Oberarme bedeckte, war sie nackt. Sie schlich vorwärts und ließ die Finger spielen. »Komm herunter und stirb, Templerin.«
Billi sprang.
Swetlana griff binnen eines Herzschlags an. Zwei Sätze, dann hatte sie sich in ein rasendes Monster verwandelt, die Bestie, die Billi in Thetford zum ersten Mal gesehen hatte. Die massige halb menschliche, halb wölfische Kreatur hatte kräftige, sehr muskulöse Arme und lange Elfenbeinkrallen, scharf und spitz wie Nadeln. Sie warf den zottigen Kopf zurück und heulte. Billi landete schwer vor ihr und wartete, bis sie die Klauen die Luft durchschneiden fühlen konnte; dann sprang sie zur Seite und führte einen waagrechten Hieb, um der Wölfin den Bauch aufzuschlitzen. Aber Swetlana blieb plötzlich stehen, so dass die Schneide der Klinge nur ihren dichten Pelz streifte.
Billi rollte sich im Schnee ab und war sofort wieder auf den Beinen. Das Innere Tier war geweckt: Schierer Zorn durchflutete sie, und sie stach zu. Das wollte das Tier. Es roch den Tod und wollte ihn um jeden Preis. Billi kämpfte nicht geschickt oder elegant: In diesem Duell ging es um Blut um des Blutes willen. Swetlana bekam einen Kratzer an den Rippen ab, während sie nach Billis Gesicht schlug. Billi stach mit dem Dolch nach oben, aber Swetlana schlitzte ihr mit den Krallen das Handgelenk auf und zwang sie, die Waffe fallen zu lassen.
Roter Nebel trat vor Billis Augen, und ihr menschliches Selbst erzitterte unter dem Ansturm der Bestie. Sie musste sie in Schach halten, diese Kraft zu ihrem Vorteil einsetzen, das Tier benutzen, statt zuzulassen, dass es sie benutzte. Wenn sie unbedacht kämpfte, zu den Bedingungen der Roten, dann würde sie verlieren. Sie konzentrierte sich auf ihren Säbel, ihre Ausbildung, darauf, wie ein Ritter zu kämpfen, nicht wie ein Tier.
Etwas riss ihr das Bein auf, und sie nahm verschwommen drei rote Linien unter ihrer zerfetzten Hose wahr. Statt zurückzuweichen, schrie Billi und stürzte sich auf die junge Frau. Sie fielen hin, und Billi landete oben. Sie ließ den Säbel auf Swetlanas Hals niederfahren. Swetlana packte die Klinge und hielt sie
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