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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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scharf genug, einer Werwölfin ein paar Haare abzurasieren. Außer dem Säbel war noch ein schlichter Stoßdolch vorhanden. Ideal, um ihn zwischen Rippen zu rammen.
    »Ich mache mich auf die Suche nach Wassilissa«, sagte Billi.
    Iwan fragte sie nicht, was sie mit ihr vorhatte. Billis kalter Tonfall war Erklärung genug.
    »Und danach?«, fragte er, während er den ohnmächtigen Mann fesselte. Er stand auf und lächelte traurig, dann lehnte er sich erschöpft an den Zeltpfosten.
    Billi schüttelte den Kopf. »Es wird kein ›danach‹ geben, Iwan.« Sie konnte davonlaufen, aber wie weit würde sie kommen? Die Polenitsy würden sie eingeholt haben, bevor sie auch nur eine Meile zurückgelegt hatte. Sie würden es ihr nicht danken, dass sie das Frühlingskind getötet hatte. Aber was auch immer die Werwölfinnen ihr antaten, würde schnell vorüber sein; Baba Jaga würde wollen, dass sie eines längeren, grausameren Todes starb.
    »Es muss einen anderen Weg geben.« Iwan kam zu ihr und legte ihr die Hände auf die Arme.
    »Es tut mir leid, dass ich dich in diesen Schlamassel hineingezogen habe.« Billi versuchte zu lachen. »Ich scheine eine fatale Wirkung auf Jungen zu haben.« Aber vielleicht würden sie Iwan am Leben lassen, wenn sie die Tat allein beging. Es war eine törichte Hoffnung, aber zum jetzigen Zeitpunkt war ohnehin jede Hoffnung töricht.
    Die Hoffnung, dass Arthur und die Tempelritter erscheinen und die Helden des Tages sein würden.
    Die Hoffnung, dass die Polenitsy Baba Jaga trotzen würden.
    Die Hoffnung, dass sie alle würde retten können, ohne ein kleines Mädchen zu töten.
    Töricht, töricht, töricht .
    Billi schaute zu Iwan hoch und sah ihr Spiegelbild in seinen grauen Augen. In dem, was Billi einst für einen kalten, beherrschten Blick gehalten hatte, lag Wärme, die mit den Gefühlen hinter seinem traurigen Lächeln im Einklang stand. Billi verschränkte die Finger mit seinen.
    Ich werde sterben . Der Gedanke traf sie wie ein Speer. Billi schloss die Finger fester um Iwans. Sobald sie losließ, würde alles vorbei sein. Sie holte tief Luft, um die Furcht zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. Zumindest würde sie nicht mit den Schuldgefühlen dafür, dass sie Wassilissa getötet hatte, leben müssen. Jedenfalls nicht lange.
    »Lass uns wenigstens eine Minute nachdenken«, sagte Iwan verzweifelt. »Vielleicht kann dein Vater …«
    Billi entzog sich ihm. Es war an der Zeit, es zu Ende zu bringen. »Wir können nicht warten.« Sie schlang sich den Gürtel um die Taille, schnallte ihn im allerletzten Loch zu und überprüfte ihre Waffen noch einmal. Die Säbelscheide war abgenutzt und geschmeidig; die Waffe glitt mühelos daraus hervor.
    »Nimm dir den Mantel und die Mütze der Wache und stell dich hier draußen hin; wenn er nicht mehr da ist, wird es ihnen irgendwann auffallen.« Billi ging zur Türklappe. »Wünsch mir Glück, Iwan.«
    »Ich wünsche …« Er brach ab. Die Zeit für Wünsche war abgelaufen. Er zog sich die Kleider zurecht; wenn das der Abschied war, würde er ihn ordentlich hinter sich bringen. Er begann, die Falten glattzustreichen, gab dann aber auf. Er berührte Billis Gesicht sacht, bevor er die Hand sinken ließ.
    » Deus vult , Billi SanGreal.«
    Billi ging.
    Sie blickte in den dunkler werdenden Himmel empor. Im Westen überzog das ersterbende Licht der Sonne die Wolken mit Streifen in dunklem Scharlachrot; die Schatten im Osten wurden dunkellila und schwarz. Der Mond war hinter den dichten Wolken verschwunden, was ihr einen gewissen Aufschub verschaffte. Sie spürte die zarten Küsse von Schneeflocken auf ihren Wangen. Der eisige Wind riss an ihrem zerlumpten roten Mantel, und sie schlug den Kragen hoch, um ihren Hals zu schützen, aber die kalte Luft zerzauste ihr das Haar und brannte ihr in den Ohren.
    Sie war fünfzehn Jahre alt. Komisch, sie fühlte sich älter. Der Tod war ihr schon immer nachgeschlichen, und jetzt hatte er sie eingeholt. Die warme Luft aus dem ger wärmte ihr den Rücken, und einen Moment lang war Billi nahe daran, sich umzudrehen und in Iwans Arme zu stürzen, aber das war eine törichte Phantasievorstellung. Sie war Templerin. Die Pflicht kam immer zuerst.
    Ihr sollt den Märtyrern Gesellschaft leisten.
    Billi schloss die Augen und suchte die Luft ab, suchte nach einem Duft, den sie wiedererkannte. Die Luft füllte sich mit Emotionen, ihren, denen der Polenitsy. Sie wallten wie eine scharfe Gewürzmischung um sie herum auf. Furcht war wie

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