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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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Teller wurde klappernd vor ihr auf den Tisch gestellt. Das Croissant war leicht aufgerissen worden; Butter lag geschmolzen in seinem Innern. Lance goss ihr eine Tasse heiße Schokolade ein, wirbelte einen Löffel darin herum und fügte noch eine Prise Zimt hinzu.
    » Voilà .« Er lehnte sich an die Arbeitsplatte und wartete. »Bitte iss.«
    Billi nahm einen Bissen. Das Croissant zerschmolz fast in ihrem Mund.
    »Wow«, flüsterte sie.
    Lance zuckte mit den Schultern, als sei das nichts Besonderes; Spitzenleistungen fielen ihm leicht. Dann begann er, auf einem Tablett ein weiteres Frühstück zusammenzustellen: für Wassilissa.
    Billi warf einen Blick zur Tür und zur Treppe. Das Mädchen kam ihr wie ein ungebetener Hausgast vor, ein Eindringling. Warum? Sie bedeutete Billi nichts, weshalb also fühlte sie sich derart unbehaglich? Sie hätte froh sein sollen: Wenn Wassilissa eine Seherin war, würde sie den Orden stärken. Aber Billi war nicht froh und konnte nicht verstehen, warum.
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie schläft noch.« Lance sah zu der Wanduhr über der Tür. Es war schon fast halb sieben. »Ich lasse etwas zu essen hier; bringst du es ihr später?«
    Billi nickte und schob sich das letzte Stück Croissant im Stehen in den Mund.
    Das Konklave begann.
    Billi rannte über den eisbedeckten Hof des Temple. Gott mochte es nicht, wenn man Ihn warten ließ. Ihr Vater auch nicht.
    Billi eilte in ihrem wettergegerbten Soldatenmantel dahin; trotz ihrer Körpergröße schwang er ihr um die Knöchel. Mit hochgeschlagenem Kragen und eingezogenem Kinn blinzelte sie gegen die frostige Brise an, die ihr in den Augen brannte. Die Temple Church war hinter Gerüsten und schweren Plastikfolien verborgen. Die Reparaturarbeiten gingen langsam voran – bei einem neunhundert Jahre alten Gebäude durfte man nichts überstürzen. Die bunten Glasfenster waren alle vernagelt, und es würde noch ein Jahr dauern, bis man sie würde ersetzen können.
    Billi blieb an der Seitentür stehen und berührte mit der Hand den kalten Stein. Offiziell hieß es, dass ein Blindgänger – eine nicht explodierte Bombe – in den Katakomben hochgegangen sei. Das Gebäude war im Zweiten Weltkrieg bombardiert worden, also war es möglich, dass einer der Sprengkörper irgendwie begraben worden war und all die Jahre still und untätig dort gelegen hatte, bis er durch irgendeinen dummen Zufall explodiert war.
    Es war logisch, in der Wirklichkeit verwurzelt.
    Es war eine Lüge.
    Die Wahrheit fußte auf einer anderen Realität. War Billi hier wirklich dem Teufel begegnet? Hatte er wirklich seine himmlischen numina , seine überirdischen Lichter, entfesselt, sie beinahe geblendet und fast die Temple Church zerstört?
    Neun hochlehnige Stühle waren wie die Thronsessel alter Könige in einem unregelmäßigen Kreis zwischen den Bildnissen der alten Gönner aufgestellt worden, die in Stein gemeißelt den Boden zierten.
    Elaine und Pater Rowland saßen auf kleineren Hockern am Rande; sie waren als Beobachter dabei, gehörten aber nicht dazu.
    Die Tempelritter. Arthur, der Templermeister, sah müde aus und spielte an seinem Ehering herum; das war nie ein gutes Zeichen. Gwaine saß gegenüber von ihm, in seiner üblichen Rolle als Widersacher. Im düsteren Licht wirkten seine Falten wie tiefe Risse, und seine Augen verloren sich in den Höhlen unter seiner gefurchten Stirn. Gareth, Bors und Mordred sahen gleichmütig zu. Billi blickte die Sièges Périlleux an – zwei Stühle, die mit schwarzem Tuch verhüllt waren, um an die Toten des Ordens zu erinnern. Kay und jetzt Pelleas. Percys altes Amt, das des Marschalls, war nun Lance zugefallen.
    Billi hielt den Kopf gesenkt, während sie durch den Kreis zu ihrem Platz zwischen Mordred und Bors hinüberging. Mordred schenkte ihr ein mitleidiges Lächeln, als sie an ihm vorbeikam. Die Kirche war ungeheizt, und Billis Atemluft quoll als große, weiße Wolke hervor, als sie sich setzte.
    »Nun, da wir alle hier sind, können wir vielleicht zum Wesentlichen kommen«, sagte Arthur. Er stand auf und trat in den Mittelpunkt des Kreises. »Zu Pelleas’ Tod und dem Mädchen: Wassilissa Bulgakow.« Er senkte den Kopf. »Pater Rowland wird morgen Nacht ein Requiem für Pelleas abhalten. Es versteht sich von selbst, dass dabei Anwesenheitspflicht besteht.« Er winkte Elaine heran. »Erzähl uns, was du weißt.«
    Elaine trat an den Rand des Kreises. »Während ihr alle euren Schönheitsschlaf nachgeholt habt, habe ich etwas

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