Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)
hinübergerollt war, hatte er sich in den einer Frau verwandelt, die Billi nicht kannte. Olga und Swetlana hatten Freundinnen mitgebracht.
»Gehen wir«, sagte Arthur, während er das Blut von seinem Schwert schüttelte.
Mit Arthur vorn, Wassilissa in der Mitte und Billi als Nachhut stiegen sie in den Keller hinunter. Noch mehr Glas zersplitterte, diesmal im Wohnzimmer. Gareth ging mit einem dornenbewehrten Streitkolben der Sache nach.
Bors wartete im vollgestopften Lagerraum. Er reichte jedem von ihnen eine Taschenlampe und machte sich dann daran, eine große Vorratstruhe beiseitezuschieben.
Billi fand ihr Wakizashi samt Scheide an der Wand hängend. Sie schnallte es sich auf den Rücken und zog ihre Jacke darüber, während Bors einen Kanaldeckel hochstemmte. Arthur schnappte sich einen Fairbairn-Sykes-Dolch, seine alte Waffe aus seinen Zeiten bei den Royal Marines, und schob ihn in eine lederne Unterarmscheide, die er unter seinem Ärmel verbarg.
»Wenn irgendwer mit Pelz hier herunterkommt, behandle ihn ausgesprochen schlecht«, sagte er und reichte Bors das Templerschwert.
»Oh ja, das werde ich«, sagte Bors.
Sie kletterten den Kanalschacht hinunter, Arthur als Erster. Er leuchtete mit der Taschenlampe den Tunnel in beide Richtungen aus, bevor er den anderen winkte herunterzukommen. Der Gestank verdoppelte sich mit jedem Meter, den sie weiter hinunterstiegen, bis Billi endlich den Boden berührte. Ratten quiekten in der Dunkelheit. Billi ließ das Licht durch den niedrigen, runden Abwasserkanal scheinen. Die alten Ziegelsteine glänzten feucht, und schmutziges Wasser sickerte durch die Ritzen, um sich in einem dünnen Rinnsal zu sammeln, das am tiefsten Punkt entlangfloss.
Ein gewaltiges Labyrinth aus Kanälen und unterirdischen Gängen lag unter dem Temple District, und nur die Templer kannten sie alle. Der alte Fleet River war in Viktorianischer Zeit überbaut und in einen der wichtigsten Abwasserkanäle verwandelt worden. Eine von Billis ersten Trainingseinheiten hatte darin bestanden, sich in diesem System ohne Karte zurechtzufinden.
»Wo entlang?«, fragte Billi.
»Ausgang elf.«
Holborn. Das war sinnvoll. Sie konnten von dort aus die U-Bahn direkt zum Flughafen Heathrow nehmen.
»Tretet in nichts rein«, warnte Arthur, während er sie an Kolonien rotäugiger Ratten und an Gruben, die vor Übelkeit erregendem Unrat überquollen, vorbeiführte.
Am Ende erreichten sie eine Treppenflucht, die vor einer Stahltür endete. Arthur schloss sie mit einem großen Schlüssel auf, und sie traten in einen weiß gekachelten Gang hinaus, die U-Bahn-Station Holborn. Auf der Tür stand: ACHTUNG – HOCHSPANNUNG , und sie war mit einem offiziell aussehenden Schild der Londoner Elektrizitätswerke versehen, so dass es für den flüchtigen Betrachter nur nach einer der unzähligen Schaltanlagen aussah, die es in der gesamten Stadt gab.
Pendler in Wintermänteln, mit gesenkten Köpfen und iPod-Kopfhörern schenkten ihnen kaum einen zweiten Blick. Es war Hauptverkehrszeit, und jeder wollte nach Hause. Billi nahm Wassilissa an die Hand und reihte sich in den Strom ein.
Angerempelt und von der Menge vorangestoßen, schloss Billi die Finger um Wassilissas Handgelenk, als das menschliche Meer sie umfing. Sie konnte nichts bis auf den Rücken des Kerls vor ihr sehen. Eine Polenitsy mochte ganz in der Nähe sein, und doch würde sie es erst wissen, wenn ihr die Krallen in den Rücken drangen. Irgendein Ellbogen traf sie an den Rippen, und Billi hätte beinahe zugeschlagen, da ihre Sinne aufs Äußerste gespannt waren. Ein Mann zwängte sich zwischen Billi und Wassilissa hindurch, rammte Billi so, dass ihr Griff sich löste.
»Billi!«, schrie Wassilissa, während sie in einer plötzlichen Menschenflut versank, die zur Rolltreppe wogte. Billi sah sich in alle Richtungen um. Arthur war weg.
Verdammt noch mal!
»Aus dem Weg!« Billi stieß einen Mann beiseite, so dass ihm die Zeitung aus den Händen fiel.
»He!«
Billi bleckte die Zähne; dann sah sie, wie Wassilissa sich hinter einer Wand von Körpern wieder und wieder um sich selbst drehte. Billi brach durch, und Wassilissa rannte in ihre Arme. Billi brauchte eine Minute, um sich zu beruhigen; hier auf dem Bahnhof raste ihr eigenes Herz heftiger als in dem Augenblick, als die Werwölfinnen angegriffen hatten. Sie durfte Wassilissa nicht verlieren. Billi benutzte ihren Ärmel, um Wassilissa die Tränen aus dem Gesicht zu wischen. Diesmal gingen sie Seite an Seite zu
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