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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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dass nur noch ihre verängstigten Schreie zu hören waren.
    »Wassilissa«, krächzte Billi; alle Luft war ihr aus der Lunge gewichen. Sie führte benommen einen Fausthieb, aber es war nichts da. Sie roch den urtümlichen, feuchten Gestank schwitzenden Fells und wirbelte mit ausgestreckten Händen herum. Aber die Werwölfin schlug sie beiseite; Billi strauchelte und prallte gegen den Beton. Dann verblassten sogar die fernen Lichter, und die Schreie des kleinen Mädchens verklangen, bis alles, was Billi noch hatte … nichts war.

14
    Der Himmel brennt, es schneit. Rings um Billi liegen Menschen, verbrannte Statuen, über die sich langsam eine Schneedecke legt. Die Bäume sind geschwärzte Aschestöcke; einer hat Äste, die noch rauchen.
    Es ist das Ende der Welt, die sie kennt.
    Die Plakatwände sind zu nichts verbrannt, und die Häuser selbst sind Ruinen, schwarz, mit eingestürzten Dächern und geborstenen Fenstern. Die Autos stehen reglos da; ihre Fahrer sind bloße Hüllen aus verbranntem Fleisch und Knochen.
    Billi streckt die Hand aus. Der Schnee ist grau.
    Asche. Der Himmel ist voller Asche.
    »Das wird sie anrichten, wenn du sie nicht tötest.«
    Billi sieht Kay vor sich. Diesmal geht sie nicht zu ihm, aber sie fühlt sich allein dadurch, dass sie ihn sieht, gewärmt.
    Kay kommt näher. Er hält zwei Kinder an der Hand. Eines ist Wassilissa, die ihren Schlafanzug trägt. Das andere ist ein kleiner Junge, der Jeans und ein blaues und weinrotes Crystal-Palace-Fußballoberteil trägt.
    Oh Gott. Nein.
    »Du hast es mir angetan, Billi«, sagt Alex Weeks. Er hält ihr ein Schwert mit dem Griff voran hin. »Das erste Mal ist immer das schwerste.« Billi hat es bisher nicht gesehen, aber ein roter Fleck breitet sich auf seiner Brust aus. Sein Hemd ist aufgerissen, und sein weißes Fleisch ist wie ein unbeschriebenes Blatt. Das Rot ist seine Lebensgeschichte. Gar nicht lang.
    Billi nimmt das Schwert, das Schwert ihres Vaters. Sie sieht Kay hilfesuchend an.
    »Du musst dich entscheiden«, sagt Kay.
    Das hier ist falsch! Die Schwertspitze ruht jetzt auf Wassilissas Herz. Sie schaut zu Billi auf. Sie vertraut Billi.
    »Nein.« Billi versucht, die Waffe fallen zu lassen, aber jemand packt sie an Hand und Arm. Sie sieht sich um, und es ist ihr Vater. Die anderen Templer reihen sich hinter ihm auf. Er hält Billis Arm fest und stößt sie auf Wassilissa zu.
    »Du musst.« Sein Mund verrät Entschlossenheit. »Es ist deine Pflicht.«
    »Kay, hilf mir!« Billi wehrt sich gegen ihren Vater, aber die anderen unterstützen ihn mit aller Kraft. Eine endlose Reihe von Rittern erscheint, undeutlich im Dämmerlicht, und all ihre Stärke strömt durch Arthurs Arm.
    »Du musst. Um unser aller willen«, sagt Arthur.
    Billi starrt auf Wassilissa hinab und sieht den Schatten des Mädchens. Er ist riesig, missgestaltet und verkrümmt. Der Schatten einer monströsen alten Vettel.
    Wassilissa schreit, als Billi ihr das Schwert ins Herz stößt.
    »Wassilissa!« Billi erwachte ruckartig. Sie stemmte sich gegen die Gurte, die sie fesselten, während Schmerz hinter ihren Augen pochte. Helle Lichter schienen ringsum, und sie wusste nicht, wo sie war.
    »Ganz ruhig, Miss«, sagte eine Frau, die in eine grüne Sanitäteruniform gekleidet war. Gasflaschen und Masken hingen von der Wand, und neben ihr befand sich ein Regal, in das ordentlich notärztliches Gerät einsortiert war: ein tragbarer Defibrillator und Packungen mit Morphin, Desinfektionsmittel und Verbandsmaterial. Billi war in einem Krankenwagen. Auf dem Fußboden neben ihr lagen die zerfetzten Überreste ihres Rucksacks. Sie konnte die drei tiefen Risse sehen. Draußen hörte sie Sirenen, Autohupen und das misstönende Lärmen Hunderter Menschen.
    »Ich … muss weg«, sagte Billi. Sie musste Wassilissa retten. Wenn sie sich beeilte, hatte sie vielleicht noch eine Chance. Aber sie konnte sich nicht rühren: Die Gurte um ihre Brust, Taille und Beine fixierten sie auf der Trage. »Bitte. Es geht mir gut.«
    Die Sanitäterin tätschelte ihr den Kopf. »Sicher, meine Liebe, aber du hast einen üblen Schlag auf den Kopf bekommen. Wir nehmen dich besser mit und behalten dich im Auge, nur für heute Nacht.«
    Die Türen schwangen auf, und Arthur stürmte herein.
    »He, Sie können hier nicht so einfach hereinkommen.« Die Frau stand auf und streckte die Hand aus. Eine Sekunde lang dachte Billi, dass Arthur sie ihr brechen würde, aber dann warf er einen Blick auf Billi und ließ die Schultern

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