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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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den linken Schenkel.
    Die Shuriken bestanden aus schwarzem, gehärtetem Stahl; Billi ließ drei von ihnen auf der Handfläche tanzen und lauschte dem schweren, befriedigenden Klirren. Die sternförmigen Wurfklingen waren gut für kurze Distanzen geeignet, und das Gewicht verlieh ihnen hervorragende Durchschlagskraft. Sie steckte sie direkt in die Manteltasche.
    »Das Schwert?«, fragte sie. Sie wollte ein Kurzschwert als Ersatz für ihr Wakizashi.
    Lance schüttelte den Kopf. »Morgen, ma chérie .«
    Gwaine begnügte sich mit einer Axt. Nicht groß genug, um Bäume damit zu fällen, sondern so klein, dass sie unter seinen Mantel passte, aber doch kräftig genug, um bei entsprechender Gewaltanwendung einen Arm abzuschlagen.
    Lance schnallte sich ein modernes Kampfmesser an den Gürtel.
    »Ist das alles?«, fragte Billi.
    »Ja.«
    Aber sonst geht’s dir gut, Kumpel ?
    »Oh, eines noch«, sagte Lance. Er reichte Billi einen klobigen Schlagring.
    Billi steckte ihn sich in die linke Tasche. »Was ist geplant?«
    »Wir gehen hinauf in die Sperlingsberge. Halten nach den Bogatyri Ausschau«, sagte Gwaine. »Überlasst das Reden mir.«
    Die Moskauer U-Bahn war nicht so wie die zu Hause. Hier bestand der Bahnhof aus Marmor und poliertem Granit, Kerzenleuchtern und Mosaiken. Man hatte keine Kosten und Mühen gescheut.
    Die Rolltreppe brachte sie tief, tief nach unten. Kunstvolle Lampen aus den 1930er Jahren säumten die Wände, und ihr goldenes Licht warf lange Schatten, die sich über Billi krümmten. Ein Nachtschwärmer saß auf der Rolltreppe; der Kopf war ihm zwischen die Knie gesunken, als sei er ein Verdammter auf dem Weg hinab in die Hölle.
    Billi umklammerte mit schweißnasser Hand das Geländer. Als sie das letzte Mal U-Bahn gefahren war, hatte sie Wassilissa festgehalten.
    Es war Mittwochabend. Nur noch drei Tage.
    Jugendstilleuchter aus Bronze und Bernstein hingen entlang des Bahnsteigs. Pfützen aus geschmolzenem Schnee glänzten auf dem polierten Granitboden. Billi folgte Lance und den anderen zum Ende des Bahnsteigs, der nicht sehr belebt war; die wenigen nächtlichen Pendler warteten ruhig, in schwere Pelzmäntel oder dicke Parkas mit Kapuze gehüllt. Eine Reinigungskraft ging auf dem Bahnsteig auf und ab und sammelte weggeworfene Dosen, Flaschen und Zeitungen auf. Obwohl Billi die Schlagzeilen nicht lesen konnte, sah sie, dass die Titelseiten Bilder des noch immer rauchenden Vesuv zeigten.
    Bronzestatuen von Helden der Sowjetzeit waren auf dem Bahnsteig aufgereiht. Edle Soldaten, stolze Bäuerinnen, gutaussehende Ingenieure und Wissenschaftler, die alle als Teil von Stalins großem Experiment voranstrebten.
    Eine Frau rieb die Schnauze eines bronzenen Wachhunds. Die Patina war abgewetzt, so dass die Nase nun eine hellgoldene Farbe hatte. Offensichtlich war sie nicht die erste, die daran herumrieb.
    »Bringt Glück«, sagte Lance.
    Kann ja nicht schaden , dachte Billi. Sie zog den Handschuh aus und fuhr mit der Hand über die Schnauze des Schäferhunds. Sie konnte alles Glück gebrauchen, das sie kriegen konnte.
    Nach einer kurzen Zugfahrt blickte Billi von hoch oben über Moskau. Die Sperlingsberge, die vom gigantischen Gebäude der Staatlichen Universität Moskau dominiert wurden, erhoben sich über den Südwesten der Stadt und gestatteten es Billi, die gewaltige Größe der russischen Hauptstadt zu erkennen. Moskau breitete sich bis an den weit entfernten Horizont aus, voller gotischer Türme, Plakatwände und Brücken, deren Lichter auf dem brüchigen Eis des Flusses funkelten, der sich in riesigen Schleifen durch die Stadt wand.
    Goldene Türme erstrahlten gleißend hell vor dem dunklen Hintergrund des Nachthimmels, der nur von einem verschwommenen, zunehmenden Mond durchbrochen wurde. Unterhalb einer breiten Straße dehnten sich die Wälder des Worobjowy-Gory-Naturschutzgebiets, durch das sich laternenerhellte Pfade zogen, die den Hang hinab zur Moskwa und zu dem riesigen Oval des Moskauer Olympiastadions führten.
    Motoren dröhnten hinter ihr. Autos säumten die Ulitsa Kosygina mit offenen Motorhauben, während Motoren nach einem Publikum schrien. Die breite, kurvige Straße vor dem riesigen Universitätsgebäude war Schauplatz von Straßenrennen zwischen den gelangweilten, reichen Söhnen und Töchtern der neuen städtischen Elite, der Oligarchen. Hunderte schlenderten über die Straßen und den verschneiten Platz; Musik dröhnte aus den offenen Fenstern der umherfahrenden Sportwagen. Manche trugen

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