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Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Wolfsjägerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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an seinem Gesicht abwärts und berührte seine geschwollene Wange.
    »Aua«, flüsterte er. Er sah zu ihr hoch. »Jetzt fliege ich nicht …«
    »Ein Kuss würde dich jetzt gerade vermutlich umbringen«, sagte Billi, während sie den Stoff über seine Lippen und dann langsam an seinem Kiefer entlang zu seinem Hals führte. Jetzt konnte sie seinen Pulsschlag deutlich spüren. »Da. Geschafft.«
    »Danke.«
    Sie saßen einander gegenüber und sprachen nicht. Billi hätte nie damit gerechnet, nach Kay wieder jemanden zu finden. Sie hatte ihre Liebe unter dem Training und den Kämpfen begraben, aber jetzt, da das Ende so nah war, war er da.
    »Ich wollte so viel tun«, sagte Billi und hob den Blick zu den Sternen. »Komisch, man denkt immer, dass alles so endlos ist.«
    »Das Leben bemisst sich nicht an seiner Länge, sondern an den Taten.«
    Billi lachte. »Ist das auch von Tschechow?«
    »Von meinem Vater.«
    Billi schüttelte ihr Haar aus. Sie musste aussehen, als hätte eine Bombe eingeschlagen. »Nicht, dass ich große Pläne gehabt hätte, oh nein.« Sie schaute ihn unter den gelösten Haarsträhnen hervor an. »Anders als du.«
    Iwan zuckte mit den Schultern. »So schlecht ist es doch nicht gelaufen.«
    »Freut mich, dass du es so stoisch siehst. Gestern Nacht hast du noch in einem Himmelbett mit seidenen Laken geschlafen; heute hast du Kiefernnadeln und Schnee.«
    »Aber mit dir, da ?« Er lächelte. »Du hättest eine gute Zarin abgegeben.«
    Billi fasste ihr Haar zu einem Knoten zusammen. »Ja, sicher. Wenn dir die Supermodels ausgegangen wären.«
    Billi sah, dass Iwan versuchte, ihr Lächeln zu erwidern, aber er konnte nur zittern. Er hatte viel Blut verloren und war schwach.
    »Wir müssen dich ein bisschen mehr aufwärmen.« Sie hob ihren Kukri und schnitt einige der niedrigeren, trockeneren Zweige ab; damit entfachte sie ein Feuer am Höhleneingang. Sie war zwar nicht ganz Davy Crockett, aber es würde schon reichen.
    »Wir bleiben heute Nacht hier«, sagte sie und warf ein paar mehr Zweige aufs Feuer. Verdammt! Sie waren so nahe dran. Sie starrte in den Wald. Wassilissa war irgendwo da drinnen.
    Sie nahm ihr Satellitentelefon und rief ihren Vater an.
    Der Empfang war äußerst schlecht, aber sie konnte seine Stimme gerade eben hören. Er klang, als würde er unten in einem Bergwerksschacht stehen und nach oben rufen.
    »Billi? Wo bist du?«
    »Wir sind aufgehalten worden. Sehr.«
    »Geht es dir gut?«
    Billi sah Iwan an. Sein Gesicht war blutleer und sein Mund zu einer verkniffenen Grimasse verzogen.
    »Mach dir keine Sorgen um uns«, sagte sie. Iwan zuckte zusammen, während sie sprach. Sie konnte es nicht riskieren, dass die Templer damit Zeit verloren, nach ihnen zu suchen. Wassilissa hatte Priorität. »Wo bist du?«
    »Unterwegs. Elaine hat angerufen und mich informiert. Aber ich habe Wassilissas Großmutter gefunden.«
    »Und?«
    »Du weißt das meiste schon. Baba Jaga ist direkt nach dem Meteoriteneinschlag an der Tunguska verschwunden.« Arthur schnaubte; vermutlich war er wütend, dass sie ein Mittel gehabt hatten, Baba Jaga zu vernichten – die Venusstatuette –, und es nicht bemerkt hatten. »Aber die alte Großmutter hat uns einen nützlichen Rat gegeben. Baba Jaga ist in der Wildnis am stärksten; je tiefer sie im Wald lebt, desto mächtiger wird sie. Also gilt auch das Gegenteil: In Städten ist sie am schwächsten. Das ergibt einen Sinn. Deshalb stützt sie sich auf die Polenitsy; sonst hätte sie sich Wassilissa wohl selbst geholt. Wenn wir sie aus den Wäldern locken, haben wir vielleicht eine Chance gegen sie.«
    »Wir könnten sie töten?«
    »Wir könnten es versuchen.« Er seufzte. »Aber es ist ein verdammt großes Risiko, wenn wir uns täuschen. Halte dich an den abgesprochenen Plan.«
    Billi biss sich auf die Lippe. Es gab keinen Ausweg. »Wir müssen Wassilissa immer noch finden.«
    »Tief im Wald ist ein Wolfsreservat. In der Gegend gibt es auch ein ausgedehntes Höhlensystem. Wenn sie irgendwo ist, dann dort. Ich schicke dir die Koordinaten per SMS .«
    So viele Puzzleteile fügten sich zusammen – Baba Jagas Schwächen, der Aufenthaltsort der Wölfe –, aber war es nicht schon zu spät? Ohne die Venusstatuette, den kleinen Meteoritenklumpen von der Tunguska, fehlte ihnen das größte Stück. Billi betrachtete die Koordinaten, die ihr Vater ihr schickte, und glich sie mit der Landkarte ab. Die Grenze des Wolfsreservats lag zehn Meilen entfernt. Die Sonne würde in ein paar

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