Die Wolkenkinder
zu unserem Hof.
Das übliche Zeremoniell, das die Kinder der Nacht jedes Mal veranstalteten, wenn sie sich trafen, war vorüber. Nun folgte der Teil, der für Randolf und seine Freunde am interessantesten war: Neue Mitglieder wurden eingeführt und dann kam man zu Berichten und Maßnahmebeschlüssen.
„ Also, Leute!“ hob Emmerich nach einem hasserfülltem Bericht von einem Mitglied an. „Ihr habt gehört, dass unser Bruder hier von diesem schäbischen Kuhbauern zuerst beleidigt, und als er dann mit unserer Organisation drohte, auch noch verpönt wurde! Dieser miese Schweinehirt hat es gewagt uns zu beleidigen!“ Emmerichs Stimme überschlug sich spitz „Dem muss dringend Einhalt geboten werden! Wir müssen ein Exempel an dem Kerl statuieren!“
Seine, halb im Opiumrausch befindlichen, Zuhörer waren begeistert: Einige johlten enthusiastisch auf. Andere brüllten wütend dazwischen, dass man es dem Verräter kräftig zeigen müsse, damit die ganze Gegend wisse, mit wem sie es in Zukunft zu tun haben würde.
Emmerich genoss diese Zustimmung und im Geiste sah er sich schon, wie er von seinem Volk auf Händen getragen und die Macht im Land übernehmen würde! Wenn der alte Graf endlich ins Gras gebissen hätte, würde er die Burg und das Amt des ersten Hexenmeisters übernehmen und dann könnte ihn niemand mehr aufhalten! Sollte der Alte noch lange machen, müsste man halt etwas nachhelfen, sinnierte Emmerich.
„ Nun liebe Brüder“, unterbrach er mit freudigem Grinsen die feixende Schar, „ich freue mich, dass ihr meiner Meinung seid! Es ergeht also folgender Beschluss: Der Hof des Jan-Bauern wird schon morgen niedergebrannt, die Familie wird vertrieben - gehen sie nicht freiwillig, werden sie vernichtet! Der Hof wird von unserer Organisation übernommen!“
„ Habt ihr das gehört?“ flüsterte der entsetzte Anselm im Unterholzversteck den anderen zu.
„ Ein Wahnsinn!“ schüttelte Randolf den Kopf.
„ Wir müssen sofort etwas unternehmen!“ machte Dietbert kampfeslustig klar. „Wäre doch gelacht, wenn wir denen nicht ein Schnippchen schlagen könnten!“
Lothar war inzwischen kreidebleich: „Ihr wollt gegen diese Verrückten antreten? Die haben uns gegenüber doch eine totale Übermacht! Wie soll das denn gehen? Wir könnten alle umgebracht werden!“
„ Werden wir sehen!“ schlug sich Dietbert mit der Faust entschlossen in die Hand. „Uns hilft der Überraschungseffekt! Die werden sich wundern!“
„ Wenn uns der Überraschungseffekt helfen soll“, warf Amelie ein, „müssen wir auch unentdeckt bleiben! Also weg hier!“
„ Da muss ich ihr zustimmen!“ war Lothar froh, dass er das nicht sagen musste. „Schließlich wissen wir ja jetzt alles!“
„ In Ordnung!“ war Dietbert einverstanden. „Soweit ich das sehe, sind die jetzt eh nur noch am Feiern – da passiert nicht mehr viel! Also gut, nichts wie weg hier!“
Zwei Stunden später erreichten sie das, ruhig im Schlaf liegende, Schloss. Anselm und seine Theosophenfreunde übernahmen die nassgeschwitzten Pferde und verabredeten sich mit Amelie und den Jungs für den nächsten Morgen.
Randolf hatte bei der Gräfin für den nächsten Tag schon gestern um einen freien Tag für seine Kräuterstudien gebeten, was die Gräfin nur zu gerne unterstützte. Also war Randolf frei! Amelie war sich sicher, dass auch sie eine solche Exkursion mitmachen dürfe und würde zu ihrem Schutz auf die Begleitung durch Lothar und Dietbert bestehen – damit hätten sie alle offiziell freien Ausgang und gingen kein Risiko ein.
„Gut, meine Liebe!“ erlaubte die Gräfin am nächsten Morgen beim Frühstück im Freien. „Du und die Knappen ihr könnt Kräuter sammeln. Randolf soll mir was für meine trockene Haut zusammenstellen. Sag ihm das! Ja, Liebes?“
„ Ja, Mama! Sage ich ihm!“
„ Natürlich sind Lothar und Dietbert kein richtiger Schutz für dich; ich werde dir wieder die Gardisten mitgeben.“
„ Oh nein!“ erschrak Amelie. „Die werden uns den schönen Tag vermiesen! Nein, das will ich nicht!“
„ Was du willst, meine Liebe, spielt überhaupt keine Rolle! Die Zeiten werden auch bei uns langsam unruhiger! Man hört, dass aufgelöste Truppenteile von diesem Mannsfeld gar nicht weit von hier ihr Unwesen treiben. Dein Vater plant bereits Maßnahmen gegen diese Banden. Du siehst: Ich muss dich besser schützen,
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