Die Wolkenkinder
Gefahrensituation, kannst du ja den edlen Retter spielen, ich jedenfalls bringe dann erst mal meinen eigenen Arsch in Sicherheit. Wenn du mit diesen Vorgaben einverstanden bist, kannst du sie ja mitnehmen!“
„ Na gut! Machen wir es so! Ich stehe für das Mitkommen Amelies in jeder Hinsicht gerade, aber du hörst dann auch ab sofort auf zu meckern!“
Elftes Kapitel
Es war noch halbe Nacht, die Sonne ließ bislang nur den Horizont ein wenig graublau über dem Tal schimmern, als sich die Jungs gestiefelt und gespornt vom Grafen verabschiedeten. Man hatte sich an einer der unbewachten hinteren Pforten zu dieser frühen Stunde verabredet, damit sie niemand beobachten würde.
Der Graf war, seit dem man ihn über die Machenschaften der Kinder der Nacht in Kenntnis gesetzt hatte, äußerst misstrauisch geworden. Er wusste zwar, dass fast alle seine Leute loyal waren - aber eben nur fast alle! Außerdem genügte ein unbedachtes Wort zur falschen Zeit, am falschen Ort und Randolf und seine Freunde konnten in ernsthafte Gefahr geraten. Also hieß die Devise: Absolute Geheimhaltung!
Dietbert mahnte zur Eile, wusste man doch nie, ob irgend so ein Dussel um die Ecke kommen würde, um sein Wasser abzuschlagen und sie dabei entdecken würde. Die Pferde stampften nervös und bliesen weißen Atem durch ihre Nüstern. Der Graf war etwas verlegen: Forderte er doch von diesen drei blutjungen Kerlen ihr Leben für sich aufs Spiel zu setzen; also war er ganz froh, dass alles schnell gehen musste und er nicht so viele Worte zu machen brauchte. Die Jungs schwangen sich nach ein paar knappen dürren Worten des Grafens auf ihre Pferde und ritten in die feuchtkühle Luft des frühen Morgen hinaus.
Amelie hatte sich bereits mitten in der Nacht auf die Socken gemacht, vorher aber noch eine Erklärung verfasst, die sie für ihre Mutter in ihrem Zimmer hinterließ. Darin war zu lesen, dass sie sich aus eigenen Stücken den Knappen angeschlossen habe, ohne dass diese etwas davon vorher gewusst hätten und sie nähme ihre Strafe dann bei ihrer Heimkehr entgegen. Nach dem sie diesen Brief dekorativ auf ihr Ruhekissen gelegt hatte, hatte sie sich ein Pferd geschnappt, ihre Waffen und jede Menge Proviant auf das Tier gebunden und war an den nächsten Waldrand vorrausgeritten, um hier die Jungs abzupassen.
Hier harrte sie nun schon eine längere Zeit in den Büschen versteckt aus. Nicht dass sie keine Angst vor Strauchdieben oder wilden Tieren gehabt hätte - das schon! - aber ihre Abenteuerlust war weit stärker gewesen als ihre Angst – zumindest zu Hause noch! In der Zwischenzeit hatte sie sich selbst mehrfach einen Deppen gescholten, als hinter ihr im dunklen Wald Äste geknackt oder eine Eule gerufen hatte. Jedes Geräusch konnte Gefahr bedeuten! Und ob ein Geräusch gefährlich war oder nicht, konnte sie nicht wissen, schließlich war sie zum ersten Mal in ihrem Leben um eine solche Zeit außerhalb der Schlossanlage. Angesichts dieser Situation hatte sie beschlossen ihr mitgenommenes Jagdmesser aus der Satteltasche zu holen und hielt dies nun ständig mit beiden Händen und steif gestreckten Armen vor ihre Brust. Endlich hörte sie das ersehnte Pferdegetrappel, dass, wie sie leicht erkannt hatte, zu den Tieren der Jungs gehörte.
„ Da seid ihr ja endlich!“ erschreckte sie Randolf, seine Freunde und vor allem deren Pferde, als sie unverhofft hinter ihrem Busch hervorsprang, unter dem sie jetzt schon so lange gelauert hatte.
„ Verdammt!“ fluchte Dietbert vor sich her, dessen Wallach mit ängstlich aufgerissenen Augen nervös hin und her tänzelte und bereits zwei Mal ausgekeilt hatte. „Super Auftritt von dir! Um ein Haar hätte mich der Gaul abgeworfen!“
„ Entschuldige!“ Amelie war mit einem Mal sehr kleinlaut. „Aber ich wartete schon so lang, meine Glieder taten schon weh und dann die Freude, es geschafft zu haben – da habe ich einfach nicht nachgedacht und ...“
„ Was soll die Scheiße?“ blökte Dietbert weiter. „Was suchst du da in den Büschen?“
Amelie wollte auf keinen Fall eingestehen, Angst gehabt zu haben und lies blitzschnell ihr schlaues Köpfchen nach einer Ausrede suchen: „Ich hatte Angst, die dumme Ziege von Zofe würde meine Mutter zu früh über mein Verschwinden informieren, und man würde versuchen, mich zurück zu holen.“
„ Spar dir deine Worte!“ schnauze sie Dietbert verärgert an: „Wenn du noch so einen Fehler
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