Die Wolkenkinder
Jagdausritten zusammen mit seinem Vater gemacht hatte.
„ Ach, macht euch keine Sorgen!“ winkte Amelie ab und zog dabei ihren reichlich gefüllten Lederbeutel vom Sattel, in dem sie herrliche Leckereien gebunkert hatte.
„ Erst einmal lassen wir es uns jetzt gut gehen, Jungs! Ich habe mir nämlich erlaubt die Einwilligung meines Vaters voraus zu setzen und habe heute Nacht bevor ich losritt einen kleinen Umweg an Vaters Vorratskeller vorbei gemacht und diesen kurzerhand geplündert!“
Amelie ließ den Sack mit ihrer reichlichen Wegzehrung zwischen die Jungs plumpsen, die sich auf Felsplatten niedergelassen hatten. Doch bevor sie ihn öffnete, hielt sie einen Moment inne, genoss ihren Auftritt und die erwartungsfrohen Gesichter ihrer Begleiter, die am liebsten gierig über den prallen Lederbeutel hergefallen wären – aber soweit wollte sich jetzt doch keiner erniedrigen.
Nach einigen quälenden Sekunden, in denen die Jungs den Sack förmlich hypnotisiert hatten, schritt Amelie reichlich gestelzt zur Tat: Gemein in sich grinsend schlug sie bedächtig den ersten Lederriemen zurück, öffnete absichtlich umständlich den zweiten und schlug ihn in aller Seelenruhe zurück, um dann den Sack oben gemütlich auseinander zu ziehen und genüsslich und in aller Ruhe erst einmal hinein zu schauen.
„ Wollen mal sehen“, quälte sie die Jungs weiter. „Ah ja! Da haben wir ihn ja!“ Sie langte in den Sack, packte fest zu und förderte das Prachtexemplar eines geräucherten Schinkens zu Tage, der dunkelrot in der Sonne schimmerte und sofort einen schweren, würzigen Duft verbreitete. Dieser majestätischer Anblick lies die Köpfe der Freunde allesamt und gleichzeitig etwas nach vorne zucken und ein jeder hatte damit zu kämpfen sich vor lauter Gier nicht vollzusabbern.
„ Könntest du mal halten?“ wandte sie sich völlig gelassen und innerlich wegen ihrer schändlichen Verzögerungstaktik köstlich amüsiert an Randolf.
Dieser brauchte ein paar Sekundenbruchteile, bevor er sich, gebannt von dem Anblick dieses unglaublichen Kunstwerks eines begnadeten Metzgermeisters erholt hatte, um dann schnell einzuwilligen und das gute Stück an sich zu reißen.
Doch Amelie holte bereits zum nächsten Schlag aus, wühlte erneut in ihrer sagenhaften Wundertüte und hielt letztendlich einen nicht minder imposanten Laib dunkelkrustigen Bauernbrots wie eine Ikone gegen den Himmel.
„ Lothar! Wärst du mal so nett!“ sprach sie scheinheilig eines ihrer Opfer an, um ihm zu bedeuten, dass er den Laib halten sollte und dieser griff ebenso schnell zu, wie Randolf zuvor.
Und weiter ging die Vorstellung: Amelie zauberte erst schweren Wein, dann noch wertvollen alten Käse und zum Schluss noch einige hart geräucherte Würste auf die Tafel.
Die Jungs hatten die Welt um sich herum vergessen und nur noch den einen Wunsch: Sich gierig und maßlos voll zu stopfen, bis nichts mehr in sie hinein gehen würde. Und genau das taten sie dann endlich auch.
Die Pferde waren am nahe gelegenen Bergbach, mit seinem kalten, klaren Wasser, erfrischt worden und hatten die Rast dazu genutzt sich an den saftigen Bergwiesen gütlich zu tun, sodass es jetzt gestärkt und in aller bester Laune, mit übervollen Bäuchen bei Mensch und Tier, weiter gehen konnte.
„ Wird bedenklich dunkler da oben!“ stellte Lothar mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn fest.
„ Stimmt!“ gab Dietbert ungern zu, wäre er gerne doch noch ein gutes Stück vorangekommen. So beschloss er: „Männer! Der nächste Unterschlupf ist unser!“
Dietbert wusste: Auf einer weiten Hochebene dem Unbill des unberechenbaren Wetters des Hochgebirges ausgesetzt zu sein, konnte Lebensgefahr bedeuten! Doch woher einen Unterschlupf nehmen, wenn die Landschaft nichts als flache Bergwiesen anbot, auf denen es gerade einmal schmale Risse oder kleine Erdabbrüche gab, die für vier fast Erwachsene als Unterschlupf kaum geeignet waren.
Langsam wurde die Sache ernst: Nur wenig vor ihnen, als ob man sie greifen hätte können, wirbelten wütend schwarze, haushohe Wolken, die jeden Moment, wie riesige Urzeittiere, über sie her fallen konnten.
„ Hinter mir her! Da vorne ist der Bergrücken zu ende!“ schrie Dietbert gegen die aufheulenden Winde an. „Auf geht’s Leute! Wir müssen etwas tiefer kommen, um geschützter zu sein!“
In gestrecktem Galopp flogen sie der schroffen Kuppe entgegen und
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