Die Wolkenkinder
Tross, leben musste! Keiner baut bessere Wetterdächer als der große Wetterdachmeister Dietbert selbst!“
Ihre schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich, und der immer eisiger werdende Sturm tobte die ganze Nacht. Aber geschützt durch Dietberts Konstruktion, eng, Körper an Körper liegend und gut zugedeckt wurde den Freunden auch später nicht kalt, als sich ihr Feuer dem Ende neigte und schließlich, tief in der Nacht, gänzlich verlosch. Wirklich unangenehm waren lediglich die seltsamen Laute dieser sturmgepeitschten Nacht. Bei diesem Jaulen und Dröhnen und den gewaltigen Schlägen konnte man kaum zur Ruhe kommen, sodass sie noch lange nicht einschlafen konnten und deshalb am nächsten Tage erst sehr spät erwachten.
Randolf hob die, aus ineinander verwobenen Ästen bestehende Matte, die ihnen als Eingang diente, an und traute seinen Augen kaum!
„ He Leute!“ rief er in die Erdhöhle hinab. „Schaut euch das einmal an!“
Da Randolf so aufgeregt getan hatte, kamen flugs auch die Köpfe der drei Anderen wie Luftblasen an die Wasseroberfläche aus der Luke getaucht und spähten mit blinzelnden Augen in die Gegend.
„ Ist ja fantastisch!“ Amelie war restlos begeistert.
„ Ja, wirklich! Kaum zu glauben!“ stimmte Lothar zu.
Und Dietbert war schier sprachlos angesichts der gleißend weißen Schneelandschaft, aus der jegliche Farbe gewichen schien.
„ Bei der Menge, die da liegt, muss es ja die ganze Nacht lang durchgeschneit haben!“ vermutete Randolf.
„ Da kannst du recht haben!“ hatte Dietbert, dem es zunächst die Sprache verschlagen hatte, wieder zu sich gefunden. „So was habe ich bislang nur selten gesehen! Das ist ja wirklich ein dickes Ding!“
Und die Pferde?“ machte sich Amelie erneut Sorgen.
„ Schaut dort drüben! Die Schneehaufen – darunter liegen sie!“ erklärte Randolf.
Genau da, wo sie die Pferde angebunden hatten, sah man jetzt lediglich pro Tier einen kleinen Schneehügel.
„ Au weia!“ erschrak Amelie. „Denen wird doch nichts passiert sein? Hoffentlich leben sie noch!“
„ Keine Angst!“ beruhigte Randolf. „Denen geht es bestens unter der Schneedecke! Die sind schlau! Die lassen sich einschneien und haben dann einen gewissen Schutz gegen die rauen Winde! Wirst gleich sehen!“
Randolf ging zum ersten Schneehaufen, wischte die Schneemassen vom vermuteten Hinterteil und gab dem Tier einen Klaps. Kaum geschehen, begann der Hügel sich zu bewegen, die Schneedecke des kleinen Hügels bekam feine Risse und dann kam auch schon die ganze Masse in Bewegung. Etwas müde noch raffte sich der Fuchs-Wallach hoch, schüttelte sich kräftig und schien ebenfalls überrascht von der hell glitzernden Welt zu sein, in die er mit großen, treuen Augen blinzelte.
Plötzlich war ein entferntes Rumpeln und Rumoren zu hören. Fast gleichzeitig drehten Mensch und Tier ihre Köpfe Richtung Lärmquelle: Am gegenüberliegenden Berghang donnerte eine ansehnliche Lawine, begleitet von hoch aufquellenden Staubwolken, zu Tal. Spätestens jetzt waren auch die anderen Pferde wachgerüttelt und reckten neugierig ihre dicken Nasen in die Höhe.
„ Guten Morgen die Damen und Herren“, juxte Dietbert, der gerade eine handvoll Schnee auf seine Beschaffenheit hin prüfte. „Wird nicht lange liegen bleiben!“ stellte er fest. „Sehr matschig – der zerfließt ja schon in der Hand!“
„ Um so besser!“ glaubte Amelie. „Dann haben wir auch wieder freie Wege.“
„ Das ist das Eine!“ antwortete Dietbert. „Auf der anderen Seite aber steigt die Lawinengefahr! Der Schnee ist wässrig, also schwer – das Wasser sammelt sich unter der Schneedecke und drängt zu Tal, das reißt dann die ganze Masse mit.“
„ Nutzt alles nichts!“ unterbrach Randolf die beiden. „Wir müssen weiter!“
Während die Pferde sich den Schnee von den Rücken geschüttelt hatten und jetzt nach Gras scharrten, ging Randolf mit gutem Beispiel voran und kroch in die Erdhöhle zurück, um seinen Kram zusammen zu packen. So war er auch zuerst wieder fertig und kam erneut ans Tageslicht gekrochen.
„ Schaut euch den an!“ rief Randolf den anderen zu und wies Richtung Himmel, wo ein riesiger Bartgeier kreiste, der, offensichtlich angelockt von den liegenden Tieren, auf Beute nach der harten Nacht gehofft hatte.
„ War wohl nichts, alter Junge! Leben alle noch!“ rief Dietbert
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