Die Wolkenkinder
Dietberts früheren Tross-Kameraden. Aber was blieb ihm übrig: Er raffte sich auf, machte sich frisch, nahm eine Kleinigkeit zu sich und sattelte seinen Fuchs-Wallach. Kurz darauf trotteten Ruppert und Randolf ihrem Schicksal entgegen.
Die Burg lag schaurig schön in der Morgensonne vor ihnen – ein monumentales Bauwerk mit seinen mächtigen Mauern, seinen hohen Türmen, seinen unendlichen Zinnen und einer sich überlappenden Dachlandschaft mit dem klotzigen Burgfried in der Mitte. Wie er so da lag, dieser Jahrhunderte alte Koloss aus Menschenhand, hinter ihm die grandios schillernde Bergwelt, gegen einen Himmel, wie ihn Leonardo nicht besser hätte malen können – einfach sagenhaft – ein Traumbild für die Ewigkeit!
Randolf war fasziniert! Für Minuten ritt er wie in Trance, seine Blick war gefesselt und auf die immer näher rückende Burglandschaft fixiert – seine Gedanken kreisten in höheren Sphären – er war der Welt entrückt und hatte völlig verdrängt, auf was er sich da eingelassen hatte.
Ruppert, der gemerkt hatte, dass Randolf der schroffen Schönheit des alten Gemäuers erlegen war, gönnte ihm eine Weile diese Freude – er erinnerte sich selbst gut an seine erste Begegnung mit dieser, über die vielen Jahre gewachsenen, Anlage – ihm war es nicht anders ergangen: Man war einfach überwältigt. Erst die Berge und dann noch dieses hoch und mächtig aufragende Monument menschlicher Schaffenskraft in dieser endlosen Weite!
Die Burg kam näher und näher, inzwischen konnte man einzelne Männer auf den Mauern erkennen und mit Sicherheit konnten die wiederum sie erkennen. War ja auch weiter kein Problem – im Gegenteil: Umso auffälliger sie sich zeigten, umso sicherer konnte die Burgbesatzung sein, dass da keine Feinde anrückten. Nachlässig durften sie deshalb noch lange nicht sein und da Ruppert nicht wusste, ob Randolf noch vor sich hinträumte, beschloss er ihn sicherheitshalber aufzurütteln und sprach ihn extralaut von der Seite her an: „Alles klar, da drüben?“
Randolf blinzelte kräftig, zog die Augenbrauen hoch und drehte etwas benommen den Kopf zu Ruppert: „Ja, ja – bin klar! Nur ein bisschen müde vielleicht.“
„Na, dann reiß dich jetzt mal ein wenig zusammen! Wir sind gleich da und dann wird es ganz schnell ernst!“
„Geht schon in Ordnung! Habe nur ein wenig vor mich hin geträumt!“ Randolf schüttelte sich noch einmal kräftig, machte sich auf seinem Pferd gerade und setzte ein entschlossenes Gesicht auf. „Es kann losgehen!“
Nur Minuten später erreichten sie die äußere Mauer und wurden von den Wachen dort nach ihrem woher und wohin gefragt. Zum Glück aber erkannte einer der Männer Ruppert wieder und sie konnten ohne Schwierigkeiten passieren.
Dumpf donnerten die Hufe über die Zugbrücke, um anschließend auf dem Kopfsteinpflaster des Durchgangs zum Innenhof ein helles Klappern zu erzeugen.
Vom alten Graf war keine Spur; der Mann der sie empfing war Ruppert als eine Art Hauptmann bekannt.
„Grüß dich Hartwig!“ sprach er ihn locker an.
Der Mann verzog etwas sein Gesicht und korrigierte Ruppert streng: „Hauptmann Hartwig!“
„Selbstverständlich! Hauptmann!“
„Wen bringst du uns denn da mit?“ fragte der Hauptmann, zufrieden mit der Korrektur Rupperts.
„Einen neuen Mann, Hauptmann!“
„So, so? Einen neuen Mann! Na wunderbar - können wir gerade jetzt gut gebrauchen! Wird wohl bald losgehen mit der Sippschaft vom Schloss!“
„Glaubst du?“ fragte Ruppert nach, um Informationen über den Wissensstand der Burgbesatzung zu erlangen.
„Klar!“ war sich der Hauptmann sicher, hielt die Zügel der Pferde, sodass Randolf und Ruppert absitzen konnten.
„Was macht dich da so sicher?“ fasste Ruppert nach.
„Glaubst du, der junge Graf hätte die Geschichte von Emmerich gefressen? Nie im Leben! Der alte Graf jedenfalls lässt Vorbereitungen treffen – die Schanzen im Vorfeld der Burg habt ihr ja sicherlich schon gesehen!“
„Ja, haben wir gesehen! Hat uns zunächst auch gewundert, aber dann haben wir kapiert! Aber wird das ausreichen?“
„Die Lage ist für uns nicht ganz leicht!“ bestätigte der alte Kempe, der auch nur als Söldner beim Alten angeheuert hatte - mit der eigentlichen Familienfehde, oder gar mit den Kindern der Nacht, hatte er überhaupt nichts am Hut; was ihn nicht davon abhalten würde, im
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