Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
helfen, doch trotz all der Bücher, die er gelesen hatte, einschließlich der medizinischen Schriften, wusste er nicht, was sie noch versuchen konnten. Der Schmerz in der Wunde hatte nachgelassen und war zu einem dauerhaften dumpfen Pochen abgeklungen, doch die Kraftlosigkeit und Schwäche waren geblieben.
Er blickte hinaus in den kalten, klaren Wintertag und wartete ab, ob er leben oder sterben würde. Er wollte wieder gesund werden, wollte sein Leben zurückhaben. Aber manchmal, insbesondere wenn er in den frühen Morgenstunden erwachte, dachte er, dass er lieber sterben würde, als seine Tage als nutzloser Invalide zu fristen.
Als er Pferdegeklapper im Hof vernahm, setzte er sich im Bett auf und legte das Buch, in dem er halbherzig gelesen hatte, auf den Nachttisch. Obwohl er nicht gesehen hatte, dass Wintersonne auf den Park zugeflogen war, hoffte er, dass es Philippa war. Riehs konnte es nicht sein, er war nach Kleeh gesegelt. Frans beugte sich von seinem Kissenhaufen nach vorn, doch er konnte weder Pferd noch Reiter sehen. Er hörte, wie die großen Eingangstüren aufgingen und wieder geschlossen wurden und wie der Hausdiener mit jemand sprach. Es klang wie eine Frauenstimme, also vielleicht war es endlich Philippa.
Frans streckte einen Fuß aus dem Bett und strich seinen Morgenmantel glatt. Er griff nach dem Bettpfosten und zog sich hoch. Zumindest konnte er seinen Besucher im Sitzen empfangen. Als die Schritte die Treppe hinaufkamen, ließ er sich mit einem Stöhnen in den Sessel neben dem Bett sinken.
Die Tür flog auf und schlug derart heftig gegen die Wand, dass das Wasserglas auf dem Nachttisch hochsprang.
In der Tür stand Wilhelm, eine Hand auf dem Türpfosten, in der anderen eine Gerte. Um Augen und Mund hatten sich tiefe Falten gebildet. »Verdammt, Frans!« Seine Stimme war mittlerweile so hoch geworden, dass sie sich sogar dann, wenn er wütend war, wie eine Frauenstimme anhörte. »Hast du denn nicht einen Funken Familiensinn?«
Frans sah seinen älteren Bruder erstaunt an. Er trug eine Weste, die so aufwendig bestickt war, dass man den Stoff gar nicht mehr erkennen konnte. Seine Wangen und sein Kinn waren so glatt wie die eines Mädchens, und irgendwie wirkte die Form seiner Hüften merkwürdig in den eng geschnittenen Hosen. »Wilhelm.« Frans ignorierte die Frage und sagte: »Stimmt es, was Philippa sagt?«
Sein älterer Bruder stampfte in das Zimmer und warf die Tür hinter sich ins Schloss. »Sie und all diese anderen Weiber sollen verdammt sein!«, schrie er. »Das ist allein meine Sache und geht niemand anders etwas an!«
»Wie hast du das gemacht?«, fragte Frans schwach. Er unterdrückte einen Lachreiz. Es war keine gute Idee, über Wilhelm zu lachen, wenn er wütend war.
Wilhelm ignorierte die Frage. Er stolzierte durch den Raum und schlug mit der Gerte auf seinen Oberschenkel. »Du hast mich vor meinem eigenen Rat bloßgestellt.«
» Deinem Rat, Wilhelm? Ich glaube kaum …«
»Du hast dort gesessen, ganz blass und heldenhaft und vorgegeben, so edel zu sein! Du hast dich auf die Seite dieser alten Hure Philippa Winter gestellt, du hast sie unterstützt statt deinen eigenen Bruder, deinen Fürsten , und du hast dein Bestes getan, um mich wie einen Idioten dastehen zu lassen!«
»Das habe ich nicht, Wilhelm. Das warst du ganz allein.«
Wilhelms Gesicht lief rot an, und er nahm die Gerte in
die Faust. »Du bist eifersüchtig! Du willst den Titel haben, oder? Das ist deine Rache!«
»Ach, hör doch auf«, sagte Frans müde. »Ich wollte niemals Fürst werden, das weißt du.«
»Lügner!«, stieß Wilhelm hervor.
Frans ließ den Kopf gegen die Stuhllehne sinken. »Du hast Schande über uns gebracht, Wilhelm. Es ist keine Ehre mehr, ein Fleckham zu sein.«
»Warte nur ab. Wenn es erst eine ganz neue Generation geflügelter Pferde gibt, die Männer in die Luft trägt, werde ich der einzige Held sein, an den man sich in Oc erinnert. Anders als du, der von einem Barbaren mit dem Messer verletzt wurde, noch dazu von einer Frau!«
Die Spitze hatte gesessen. Frans senkte den Blick.
Wie ein Hund sich auf einen Hasen stürzt, nutzte Wilhelm seinen Vorteil aus. »Hast du etwa gedacht, du könntest von deinen Büchern geradewegs in den Krieg ziehen? Es ist ein Wunder, dass die Frau dich nicht getötet hat!«
»Du hast Recht. Es ist ein Wunder. Ein kleines Mädchen hat mich verteidigt, ein kleines Mädchen, das geschlagen und misshandelt worden ist und das wochenlang im Wildland
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