Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
von Wilhelms Angriff auf sie erzählt hatte. Doch das hatte sie offenbar nicht getan, überlegte Philippa. Larkyn wusste nur allzu gut, wie Broh reagieren würde.
Sie stieß ärgerlich die Luft aus, weil Wilhelm ihr eine solche Geheimnistuerei auferlegte. Sie nahm noch einen Schluck von dem würzigen Wein und zwang sich zu einem kurzen Lachen, als hätte die ganze Sache keine wirkliche Bedeutung, als stünde nicht ihr ganzes Leben auf dem Spiel. »Fürst Wilhelm hat gefordert, dass ich von der Akademie verwiesen werde und man mich meines Amtes enthebt. Er will, dass ich unter der Aufsicht meines Bruders in Inseehl unter Arrest gestellt werde.«
Broh blickte auf sie herunter, und der Feuerschein spiegelte sich in seinen Augen. »Das werden Tagschmidt und Beeht gewiss niemals zulassen.«
Sie starrte ihn überrascht an. »Kennen Sie denn die Edlen des Rates?«
»Ja«, sagte er finster. »Ich weiß sehr wohl, wem es um die Interessen von Oc geht und wem nicht.« Er blickte zu den Dorfbewohnern und den Bauern von Willakhiep hinüber, die vor dem Lagerfeuer tanzten und die Winterferien
feierten, als gäbe es keine Sorgen auf der Welt. »Die Blutlinien sind wichtig. Ebenso von Bedeutung wie das Schilf, die Blutrübenernte und ein Dutzend anderer Geschäfte.«
»Sie haben natürlich Recht. Ich habe die ganze Angelegenheit nur aus meiner eigenen Sicht betrachtet.«
»Das ist normal.« Der Schein des Feuers fiel auf seine Wangenknochen und seinen kräftigen Kiefer. Die grauen Strähnen in seinen Haaren schimmerten silbrig. »Doch diese Aufgabe hält den Rat von den wirklich wichtigen Dingen ab.«
Sie tranken schweigend und beobachteten die Feiernden, bis Edmar mit einem schläfrigen Brandohn auftauchte, der müde über seiner Schulter hing. »Ich bringe den Kleinen nach Hause«, sagte er zu Broh. Er nickte Philippa zu. »Ich lasse euch den Ochsenkarren da.«
»Es macht mir nichts aus, zu Fuß gehen«, sagte Philippa schnell.
»Nein, das ist nicht nötig. Es ist nicht weit. Schönes Erdlin euch beiden.« Mit dem Jungen im Arm drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit.
Broh lehnte sich gegen den Stamm einer alten Eiche und leerte den Becher Wein. »Ich hätte nie gedacht, dass mein stiller Bruder einmal so viel Zuneigung für jemand entwickeln würde wie für diesen Jungen.«
»Pamella ist heute Abend nicht gekommen«, stellte Philippa fest.
»Nein. Sie mag es nicht, wenn die Leute sie anstarren.«
»Sie meinen, weil sie nicht spricht?«
»Ja. Außer mit Edmar natürlich.«
Philippa fragte überrascht: »Pamella redet mit Edmar?«
Broh lachte, es war ein tiefes, klangvolles Lachen, das die
Feierstimmung des Abends zu spiegeln schien. »Ja, Philippa. Pamella spricht mit Edmar, obwohl der selbst nie mehr als fünf Worte auf einmal sagt! Sie werden sich vielleicht darüber wundern, doch ich glaube, dass es da ein gewisses … Verständnis zwischen den beiden gibt.«
Philippa schüttelte verwundert den Kopf. Dass Prinzessin Pamella, die weit und breit für ihr hitziges Temperament, ihren Schwarm an Bewunderern und ihre Vorliebe für ausgelassene Feste bekannt war … sich mit dem sturen, einsilbigen Edmar verstand, war schwer zu fassen. »Was erzählt sie ihm denn, Broh?«
»Das verrät er nicht.«
Noch mehr Geheimnisse, dachte sie, doch sie behielt den Gedanken für sich. Es gab eindeutig zu viele Geheimnisse auf der Welt, und sie wünschte, sie könnten einfach alle wie muffige Laken in der Sonne gelüftet werden. Broh holte ihnen noch zwei Becher Wein. Philippa nahm ihren an und trank einen Schluck. Sie beobachteten, wie der hübsche Nikh mit verschiedenen Mädchen über den Platz hüpfte, gefolgt von der armen Peonie, die sich offensichtlich nichts mehr wünschte, als von ihm bemerkt zu werden. Larkyn flitzte hierhin und dorthin und begrüßte alte Freunde. Broh und Philippa blieben unter den herabhängenden Eichenzweigen stehen und sahen zu, wie das Lagerfeuer langsam herunterbrannte.
Als er ihre Hand nahm, um ihr auf den Ochsenkarren zu helfen, fühlte sich die Berührung, obwohl sie nur einen Atemzug lang dauerte, wie ein Streicheln an. Philippa legte den Kopf in den Nacken, um in den sternklaren Himmel zu sehen. Ein freudiger Schauer durchfuhr sie, und ihr Körper reagierte auf eine Art und Weise, die sie schon lange hinter sich gelassen zu haben glaubte.
Sie schüttelte sich und zog den Mantel fest um sich. So ein Quatsch, dachte sie. Sie verfiel doch nicht in alberne Schwärmereien wie
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