Die Wolkenreiter Bd 2 - Kriegerin der Lüfte
neue Zuchtmeister ist nur seine willfährige Marionette.«
»Ja, das ist Prinz Frans klar.« Kateleen berührte die Botentasche an ihrem Gürtel. »Ich habe hier einen Brief für den Fürsten. Prinz Frans möchte, dass Philippa ihn ausliefert.«
»Philippa? Aber sie und der Fürst …« Margret lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht.«
Philippa schloss die Augen, als ihr die Schwere dieser Verantwortung bewusst wurde. »Ich schon, Margret«, sagte sie ernst. »Frans weiß, dass ich Druck auf seinen Bruder ausüben kann.«
Kateleen löste die Tasche und hielt sie Philippa hin. »Prinz Frans hat gesagt, du würdest es sicher verstehen.«
Philippa ging zu ihr und nahm ihr die Tasche ab. »Ich wünschte sehr, ich würde es nicht verstehen«, erklärte sie. »Aber es muss getan werden. Nicht nur der entführten Kinder wegen, sondern für die Ehre von Oc.«
Margret erhob sich mühsam von ihrem Stuhl. »Sei vorsichtig, Philippa.«
»Dafür ist es viel zu spät, Margret. Wilhelm hat sich gegen mich gestellt. Und unser Konflikt hat alte Wurzeln«, erklärte sie. Sie befestigte die Botentasche an ihrem Gürtel und nickte Kateleen und Margret zu. »Er wird zweifellos wütend auf mich sein. Aber es gibt kein Zurück mehr. Und was kann er schon wirklich tun? Ich bin eine Pferdemeisterin von Oc. Ich habe meine Rechte.«
Als Philippa und Soni im Park des fürstlichen Palastes landeten, wirbelten ein paar Schneeflocken um sie herum, was für die Jahreszeit ungewöhnlich war. Soni schnaubte und tänzelte, während sie auf die Stallungen zutrabte. Auf ihrer roten Mähne landeten ein paar glitzernde weiße Kristalle und lösten sich gleich wieder auf.
Philippa strich ihr über den Hals. »Du magst das kalte Wetter, nicht wahr, mein Mädchen?«
Die Stute blieb stehen und nickte mit dem Kopf. Jolinda, das alte Stallmädchen, die bereits seit dem Amtsantritt von Fürst Friedrich in den fürstlichen Stallungen diente, kam über das frostige Gras auf sie zu. Sie lächelte, und ihr welkes Gesicht legte sich in Hunderte von Falten. »Die Hübsche benimmt sich wie ein junges Fohlen, was, Meisterin?«
»Allerdings, Jolinda.« Philippa schwang ein Bein über den Sattel und sprang auf den Boden. Sie zuckte leicht zusammen, als sie die Erschütterung in den Knien spürte. »Ich glaube allerdings, dass wir alle keine Fohlen mehr sind«, bemerkte sie ironisch. »In dieser Saison sitze ich seit neunzehn Jahren im Sattel.«
Jolinda nahm Sonis Zügel und lockte sie. Über die Schulter hinweg sagte sie: »Und für mich sind es dreißig Jahre in den Ställen, Meisterin Winter. Die Knie sind erst der Anfang. Tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen.«
Philippa lachte. »Na, mach mir nur Mut!«
Jolinda grinste und führte Soni in Richtung der Stallungen ab. Philippa sah ihnen nach, wandte sich dann nach links und durchquerte den runden Hof zur Palasttreppe.
Alles am Palast war ihr schmerzlich vertraut. Das Fenster zu Friedrichs alten Gemächern befand sich genau über dem Eingang, und das Zimmer, in dem sie vor so langer Zeit selbst gelebt hatte, lag rechts um die Ecke herum und durch den Garten hindurch. Sie erinnerte sich an die unbeschreibliche Aufregung, die sie empfunden hatte, als sie zum ersten Mal hergekommen war, um ihr Amt im Dienste des Fürsten anzutreten. Sie und Soni waren damals sehr jung gewesen, nervös und stolz zugleich. Sie hatten sowohl
dem Fürsten als auch dem Fürstentum gute Dienste geleistet, dachte Philippa.
Sie lief die Stufen hoch und zog dabei die Handschuhe aus. Die Anspannung schien ihre Nackenmuskeln zu verknoten. Auf eine seltsame Weise diente sie Friedrich immer noch, obwohl er nun bereits mehr als ein Jahr tot war. Sie kannte seine Träume und Ziele, die allesamt Oc und den geflügelten Pferden dienten. Offiziell musste sie sich Wilhelm gegenüber loyal verhalten, weil er nun der Fürst war. Sie hatte diese Haltung von klein auf verinnerlicht, und ihre Ausbildung an der Akademie hatte ihren Sinn für Treue noch vertieft. Doch gleichzeitig war ihr klar, dass sie zu blinder Loyalität niemals fähig sein würde.
»Bei Kallas Zähnen«, brummelte sie leise vor sich hin. »Wenn der Fürst nicht dem Fürstentum dient, wer soll es denn dann tun?«
Natürlich gab es darauf keine Antwort. Vor ihr öffneten sich die Türen, und Parksohn, Wilhelms Diener, verneigte sich vor ihr. Sie nahm ihre Kappe ab, folgte ihm ins Innere und fand sich kurz darauf in einem
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