Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
alles, was Sie brauchen, um glücklich zu sein, Meister Jinson?« Amelia setzte ihren vornehmsten, überheblichsten Akzent ein. »Essen und ein Bett?«
Jinson hatte den Anstand zu erröten und scharrte betreten mit den Füßen. Seit sie hier angekommen war, hatte er ihr noch nicht ein einziges Mal in die Augen gesehen. »Es ist … es ist eine sehr peinliche Situation, Baroness. Ich weiß.«
»Es ist eine kriminelle Situation«, korrigierte sie ihn kühl.
»Nein«, widersprach er hastig. Er wandte sich ab und öffnete das Stalltor, dann trat er zurück, damit sie Mahagoni hineinführen konnte. »Nein, das ist es nicht, Baroness. Schließlich ist er der Fürst.«
»Ihr Fürst ist ein Irrer. Das müssen Sie doch begreifen«, zischte sie, als sie mit Beere an ihren Fersen das Fohlen an Jinson vorbeiführte.
Endlich hob er den Blick, und als sie sah, wie resigniert er wirkte, empfand sie trotz ihrer Wut ein wenig Mitgefühl mit ihm. »Würde ich mir auch nur erlauben, das zu denken, wäre das mein sicheres Ende«, gestand er.
Jinson hatte in der Sattelkammer eine Pritsche aufgestellt. Amelia schürzte bei ihrem Anblick verächtlich die Lippen. »Er hat offenbar vor, mich einige Zeit festzuhalten«, stellte sie fest.
»Offenbar, Baroness.«
»Wozu?«
Jinson scharrte unruhig mit den Füßen. »Ich … ich glaube, es geht um Meisterin Winter. Er will, dass sie zurückkommt.«
»Wieso ist ihm das so wichtig?«
Jinson seufzte und ging zur Tür. »Durchlaucht spricht mit mir nicht über solche Dinge«, sagte er. »Aber dieser Kerl, ich meine Slathan, hat gesagt, Meisterin Winter hat sich ihm widersetzt, und das kann er ihr nicht verzeihen.«
»Und er glaubt, wenn er eine Geisel hat, kommt sie zurück?«
»Ja. Aber … eigentlich sollten das nicht Sie sein, Baroness.«
»Das hilft mir auch nicht weiter, oder?«
»Nein, Baroness.«
Amelia prüfte die Pritsche. Sie war gut gepolstert, die Decken waren sauber und weich. Sie richtete sich auf, stemmte die Hände in die Seiten und drehte sich zu ihm herum. »Sehr gut, Jinson«, sagte sie. »Wenn Sie mir jetzt bitte etwas zum Frühstück servieren würden. Ich habe seit gestern Mittag nichts mehr gegessen und die Tiere auch nicht.«
Er verneigte sich und zog sich zurück. Amelia ging zu dem winzigen Fenster auf der einen Seite der Sattelkammer und sah in den blassblauen Himmel hinaus. Sie erhaschte einen flüchtigen Blick von einem Paar silberner und einem Paar schwarzer Flügel. Sie beugte sich näher an das Fenster und versuchte, mehr zu erkennen.
»Das sind Diamant und ihr Leittier«, erklärte Jinson von der Tür aus. Sie sah sich nach ihm um. »Das Fohlen des Fürsten«, fügte er erklärend hinzu. »Aus den Palaststallungen. Sie fliegt mittlerweile täglich.«
Auf einem Tablett trug er einen Apfel, einen Teller mit Brot und eine dampfende Schale herein. Er stellte es auf der Kante des Sattelregals ab und deutete darauf. »Ich hoffe, das genügt, Baroness. Paulina ist die Einzige, die oben in der Küche arbeitet. Und sie ist keine richtige Köchin.«
Amelia nahm das Tablett und trug es zu der Bank unter dem Fenster. »Wo genau befinde ich mich hier, Jinson?«
»Im Fleckham-Haus, Baroness. Hier will Durchlaucht die Fleckham-Schule errichten.«
»Hat der Fürst keine Angst, dass jemand herausfinden könnte, wo er mich hingebracht hat?«
Er schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht, Baroness. Aber es wäre auch egal. Es gibt hier an die zwei Dutzend Milizionäre. Niemand außer den Jungen darf das Gelände betreten.«
»Jungen?«
Er wich erneut ihrem Blick aus. »Ja, Baroness. Die jungen Adligen, die ebenfalls fliegen lernen wollen.«
Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, doch sie nahm den Löffel von dem Tablett und hielt ihn über die Schale mit dem dünnen Haferbrei.
»Jinson, Sie wissen vermutlich, dass der Fürst auch Larkyn Hammloh angegriffen hat?«
»Das tut mir sehr leid, Baroness.«
»Man munkelt, er habe zwei andere Mädchen umgebracht. Können Sie mich vor diesem Schicksal beschützen?«
»Er … ich glaube, dass er in letzter Zeit … es scheint, als habe er keine Mädchen mehr …«
Bevor er zu Ende sprechen konnte, tauchte im Eingang hinter ihm eine Gestalt in einem großen dunklen Mantel auf. Es war einer der hässlichsten Männer, die Amelia je gesehen hatte. Er hatte fettige Haare, und als er den Mund zu einem boshaften Grinsen verzog, sah man seine schiefen Zähne. Der Bursche schob die Hände in die großen Taschen des
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