Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
harsch. »Durchlaucht.«
Wilhelm stand auf und trat seinen Stuhl zurück. Beeht sprang auf, doch Baronin Beeht blieb sitzen, wo sie war, und sah ihn unverwandt an. Wilhelm kehrte ihr absichtlich
den Rücken zu und ging zu dem riesigen Kamin, der die eine Wand beherrschte. Es brannte kein Feuer. Er legte eine Hand auf das Kaminsims aus schwarzem Stein und erfreute sich an dem Anblick seiner langen, weißen, spindeldürren Finger auf dem dunklen Untergrund. Sie erinnerten ihn daran, dass er von Gottes Gnaden Fürst von Oc war. Seine Herrschaft war vorherbestimmt, und er musste seinem Instinkt vertrauen.
Dass die Ereignisse sich derart überschlugen, konnte sich für ihn und für Oc als Vorteil erweisen. Er musste nur einen kühlen Kopf behalten.
Er sah über seine Schulter hinweg zu den Beehts. »Es gibt eine lange Tradition fürstlicher Geiselnahmen. Philippa Winter ist aus dem Fürstentum geflohen, um der Strafe zu entkommen, die der Rat ganz legal für sie vorgesehen hatte. Dieser Vorfall droht die Autorität des Rates und des Palastes zu untergraben. Deshalb wollen Wir, dass sie zurückkehrt und ihr Urteil akzeptiert. Das Mädchen aus Kleeh war nicht Unsere erste Wahl als Geisel, doch sie war diejenige, die, sagen wir, verfügbar war.« Er lächelte, weil Amanda Beeht so kampfbereit wie ein Oc-Hund wirkte, der die Nackenhaare gesträubt hatte. »Sie ist absolut sicher dort, wo sie ist. Das versprechen Wir Ihnen.«
»Erlauchter Fürst«, stammelte Beeht.
Wieder schaltete sich seine verfluchte Frau ein. Sie stand auf, schritt um den riesigen Schreibtisch herum und baute sich direkt vor Wilhelm auf. Ihr Blick war beinahe auf einer Höhe mit seinem. »Sie sind eine Schande für Ihr Amt«, sagte sie und streckte ihm ihr kantiges Kinn entgegen. »Zwei Mädchen sind bereits gestorben … oder sind es noch mehr, Durchlaucht?«
Er versuchte ihr mit seiner seidigen Stimme zu antworten,
doch heiße Wut kroch an seinem Hals hinauf bis in seine Wangen. »Sie vergessen sich, Baronin«, entgegnete er mit schriller Stimme.
»Das können Sie sich selbst sagen«, erwiderte sie streng. »Denken Sie daran, was Sie Ihrem Volk antun! Kleeh wird hier einmarschieren, bevor Meisterin Winter überhaupt erfährt, was Sie getan haben.«
Er nahm die Hand vom Kaminsims, um nach seiner Gerte zu greifen, und bemerkte zu spät, dass er sie unter dem Schreibtisch liegen gelassen hatte. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, erwiderte er und bemühte sich, die Oberhand zu behalten.
»Sie haben eine Tochter von Kleeh als Geisel genommen!«
»Sie ist Schülerin Unserer Akademie!«, beharrte er. »Wir haben jedes Recht …«
Aber Amanda Beeht drehte ihm unerhörterweise den Rücken zu und steuerte die Tür an. »Komm«, zischte sie ihrem Ehemann zu. »Das muss der Rat umgehend erfahren.«
Beeht zögerte genauso lang, wie Wilhelm brauchte, um sich zu sammeln. »Baron Beeht«, sagte er und bemühte sich mit fester Stimme zu sprechen, »Wir raten Ihnen, Ihre Frau im Zaum zu halten. Sie macht Ihnen nur Schande.«
Wieder lockerte der kleine Baron Beeht seinen Kragen, dann zog er die Jacke glatt und erwiderte: »Bei allem Respekt, Durchlaucht, Sie irren sich. Sie ist eine unvergleichliche Frau.« Und dann drehte auch er sich auf dem Absatz um und marschierte hinter seiner unattraktiven Frau her. Sie verließen den Raum, ohne sich von ihm zu verabschieden.
Wilhelm starrte hinter ihnen her. Diese Kühnheit, ja, diese Dreistigkeit jagte ihm einen Angstschauer durch den
Körper. Einen fürchterlichen Augenblick lang fragte er sich, ob er vielleicht zu weit gegangen war.
Dann schüttelte er sich, fluchte leise vor sich hin und ging zurück zu seinem Schreibtisch. Er fand seine Gerte wieder und empfand es als tröstend, das weiche, geflochtene Leder zu berühren. In Gedanken versunken ging er zum Fenster und beobachtete, wie das ungleiche Paar in ihre Kutsche stieg und davonfuhr.
Als Parksohn den Kopf durch die Tür steckte, sagte Wilhelm: »Vergessen Sie den Tee, Parksohn. Trinken Sie ihn. Ich gehe zu meinem Fohlen.«
Kapitel 13
L ark verbrachte die Nacht in einem Zimmer, das extra für Besucher bereitgehalten wurde. Vor den Fenstern hingen blütenreine weiße Vorhänge, ansonsten standen in dem Raum ein weichgepolsterter Sessel und ein Frisiertisch mit Spiegel. Als Lark unter die dicke Bettdecke in das schmale weiche Bett schlüpfte und ihren Kopf auf das unglaublich dicke Daunenkopfkissen legte, staunte sie über den Luxus des Palastlebens. Nach
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