Die Wolkenreiter Bd 3 - Herrscherin der Lüfte
Antwort.
»Er reitet«, antwortete Slathan anzüglich. »Er reitet seine Diamant.«
»Während das Schiff aus Kleeh im Hafen liegt?«, stieß Jinson hervor. »Und Krieg droht?«
Slathan lachte höhnisch. »Unser Fürst interessiert sich mehr für das Fliegen als für die Kriegsführung. Wir geben ihm nur einen kleinen Anstoß.«
»Nicht wir, Meister Slathan«, korrigierte Amelia steif. »Ich mache bei diesem Unsinn nicht mit.«
Er trat nach vorn und packte mit eisernem Griff ihren Arm. »Das werden Sie, Mädel«, erwiderte er und blies ihr seinen fauligen Atem ins Gesicht. »Weil ich es sage.«
Sie holte Luft und wollte sich erneut widersetzen. Da sprang zu ihrem Erstaunen Jinson nach vorn, stieß Slathan zur Seite und zwang ihn, sie loszulassen. Sowohl Slathan als auch Amelia kämpften um ihr Gleichgewicht. Er wirbelte mit den Stiefeln ein paar Kieselsteine auf und wankte. Dann landete er hart auf dem Rücken und stieß ächzend die Luft aus. Sein schwarzer Mantel landete ausgebreitet um ihn herum auf dem Boden. Er keuchte vor Schmerz, und seine Pistole fiel klappernd auf die Steine.
Jinson wandte Slathan den Rücken zu und fragte Amelia: »Geht es Ihnen gut, Baroness? Sind Sie verletzt?«
Amelia hatte nur einen Augenblick geschwankt, sich jedoch gleich wieder gefangen. Neben ihr stand Beere, und sie beugte sich kurz zu dem Hund hinunter. Dann zog sie das zu große Wams glatt und blickte an Jinsons Schulter vorbei.
Slathan rappelte sich auf die Füße hoch. Sein Gesicht war dunkelrot vor Wut, und er zog die Lippen hoch, so dass seine gelben Zähne zu sehen waren. Er sah aus wie ein Hund, der die Zähne fletschte.
Amelia schnappte nach Luft. »Meister Jinson! Hinter Ihnen!«
Jinson riss die Augen auf und wirbelte herum.
Slathan hatte seine Pistole vom Boden aufgehoben und schwang sie nach oben.
Amelia würde nie erfahren, ob er auf sie oder auf Jinson zielen wollte. Sie wusste nicht, inwiefern er seine Wahl bewusst getroffen oder der Zufall eine Rolle gespielt hatte. Jedenfalls ließ er Jinson keine Zeit zu entscheiden, ob er schützend vor ihr stehen bleiben oder lieber zur Seite springen und sie dem Tod ausliefern wollte.
Die Pistole klickte, als Slathan den Hammer spannte, dann ertönten ein Knall und ein abscheuliches Fauchen, als die Kugel das Rohr verließ. Amelia schrie.
Jinson stürzte zu Boden, bevor ihr Schrei verhallte. Er brach zusammen, als wären seine Beine aus Wasser, und lag schlaff vor Amelias Füßen. Aus seinem Mantel quoll Blut, das sich zu einer dunklen Lache ausbreitete und dann schnell im Kies und in dem darunterliegenden Boden versickerte. Beere jaulte und wich zitternd zurück.
Amelia starrte erschrocken auf den bewegungslos auf dem Boden liegenden Jinson, dann zu Slathan, der sie mit offenem Mund und erstaunten Augen anglotzte. Das Echo ihres Schreis und das Echo des Schusses schienen sich zu einem Laut zu vereinen, der von dem Stall und den nackten Stämmen des Buchenwäldchens widerhallte.
Wieder und wieder drang Mahagonis Wiehern von der Trockenkoppel zu ihr herüber, und sie hörte das Trampeln seiner Hufe, während er von einer Seite auf die andere rannte.
Amelia rührte sich zuerst, holte tief Luft und erschauderte. Sie riss den Blick von dem Gesicht des Mörders los und
ließ sich neben Jinson auf die Knie sinken, wobei sie sich nicht darum scherte, dass das Blut Flecken auf ihrem Rock hinterließ. Sie zog vorsichtig an seinem Körper und versuchte, ihn umzudrehen. Seine Schultern waren schmal, und er fühlte sich leicht und warm an. Sein Körper sackte zurück und fiel schlaff auf den Kies, die Arme hingen schlapp und regungslos herunter, und seine Beine waren verdreht, weil sich ein Stiefel hinter dem einen Knie verhakt hatte. Er schien zu seufzen, als das letzte bisschen Luft aus seiner Brust wich, doch Amelia begriff, dass Jinson nicht mehr atmete. Er starrte sie aus leeren Augen an. Seine Lippen waren leicht geöffnet und bewegten sich nicht, während die Blutlache unter ihm immer größer wurde. Es war mehr Blut, als sie sich hatte vorstellen können.
Sie legte die Hände auf seine Brust, die danach voll roten klebrigen Blutes waren. Sie sah ein, dass sie nichts mehr für ihn tun konnte. Dennoch konnte sie ihn nicht einfach so dort liegen lassen, nicht so verquer und mit diesem leeren Blick. Sie legte vorsichtig ihren Mantel um ihn, als wenn ihm die Kälte etwas ausmachen könnte, zog seine Beine gerade und schloss behutsam die Augenlider. Als sie fertig
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