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Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman

Titel: Die Woll-Lust der Maria Dolors - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanca Busquets
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alle nicht, dass längst unterirdische Stollen gegraben waren und Dolors nichts, aber auch gar nichts von dem bereute, was sie getan hatte. Und vor allem wussten sie nicht, dass sie es auch weiterhin tat.
    Sie haben Besuch, Senyoreta Dolors. Senyor Eduard ist da, kündigte Mireia den Besucher an, und ihr Blick sprach Bände und sagte Dolors Dinge, die ein Dienstmädchen nicht laut aussprechen durfte, wie etwa, dass sie Eduard absolut nicht leiden konnte. Die Türglocke hatte zum ersten Mal seit langer Zeit geklingelt und unversehens die Grabesstille im Haus des Direktors durchbrochen. In den vergangenen drei Monaten hatte es niemand gewagt, sie zu besuchen, niemand wollte der Erste sein, der den Bann brach, weshalb man sein Anliegen dem Herrn Direktor durch die beiden Dienstmädchen ausrichten ließ, die man dafür eigens auf der Straße abpasste.
    Doch nun machte Eduard Dolors persönlich seine Aufwartung, und das rechnete sie ihm an diesem Frühlingsmorgen hoch an. Er hatte sich feingemacht, und Mireia führte ihn ins Wohnzimmer, nicht so ein Wohnzimmer wie das, in dem Dolors jetzt sitzt und strickt, sondern ein richtiger Salon, mit schweren Samtvorhängen, Plüschsesseln und Leuchtern. Dolors wappnete sich mit Geduld, war sie doch fest davon überzeugt, dass Eduard gekommen war, um ihr Vorhaltungen zu machen. Guten Tag, Eduard, empfing sieihn und blieb verblüfft stehen, als sie merkte, wie nervös er bei ihrem Anblick war. Doch er blieb stumm wie ein Fisch, und so ergriff Dolors nach einer Weile erneut das Wort: Sag, wieso bist du hier? Und da geschah etwas, das alles verändern sollte: Wortlos zog Eduard ein Päckchen aus seiner Hosentasche und überreichte es ihr mit zitternder Hand. Völlig verwirrt packte Dolors es aus, stieß auf ein Schächtelchen, und als sie es öffnete, war es um sie geschehen: Der Brillant blendete sie in dem Moment, in dem Eduard zu ihr sagte: Bitte heirate mich, Dolors.
    Manchmal passieren eigenartige Dinge. Ob Leonor dank ihrer neuen Position als Abteilungsleiterin tatsächlich selbstbewusster wird? Nachdem sie es ihrem Mann verkündet hatte, setzte sie sich zu ihrer Mutter, als sie einen Moment lang allein waren, und meinte: Ich dachte ja eigentlich, ich wäre für so einen Posten nicht geeignet, aber meine Kollegen sind alle froh, dass ich ihre Chefin geworden bin, und haben ein paar Flaschen Sekt geköpft, um mit mir auf meine Beförderung anzustoßen. Weißt du, der alte war nämlich ein Despot, der uns alle nach seiner Pfeife tanzen ließ. Das hat mich echt sprachlos gemacht, Mama, ich hätte nie gedacht, dass   … Leonor wusste nicht, ob sie es sagen sollte, doch am Ende platzte es dann doch voller Stolz aus ihr heraus: Ich hätte nie gedacht, dass sie mich so schätzen.
    Die Schikanen des Direktors hatte sie mit keiner Silbe mehr erwähnt. Dolors kennt das: Manchmal beeindruckt einen etwas so sehr, dass man sogar das Allerwichtigste darüber vergisst. So verschlug auch der Brillant Dolors vollkommen die Sprache, während Eduard eilends beteuerte, ja, ich weiß, was passiert ist, ich weiß, dass du mit einem anderen Mann zusammen warst, noch dazu mit einem Arbeiter,aber ich will dich dennoch heiraten, weil ich dich liebe. Er log, und Dolors wusste das genau, es musste irgendeinen triftigen Grund für seinen Antrag geben   … Sie bekam weiche Knie, weshalb sie sich schnell setzte, und stieß dann hervor: Ich kann dich nicht heiraten, Eduard, ich bin schwanger. Wir haben uns heimlich getroffen und   … nun ja.
    Kruzitürken! Hättet ihr nicht aufpassen können?!, brach es unflätig aus ihm heraus, doch als Dolors ihm den Ring zurückgeben wollte, hob er abwehrend die Hand. Aufgebracht begann er, im Salon auf und ab zu laufen, auf einmal blieb er jedoch stehen und sah sie fest an: Wir könnten uns mit einer Hochzeit gegenseitig einen Gefallen tun. Dolors begann die Sache zu interessieren. Was für einen Gefallen meinst du? Nervös rieb sich Eduard die Hände, bevor er schließlich mit der Sprache herausrückte: Meine Mutter hat gedacht, du würdest mich vielleicht von einem Dienstmädchen ablenken, das sie auf die Straße gesetzt hat. Ich kam nur schwer darüber hinweg, weil sie mir sehr gefallen hat. Man hat sie entlassen, weil   … nun, weil sie von mir schwanger war.
    Zum Glück hat Leonor sie gewarnt, dass Sandra gleich nach Hause kommt, gerade eben hat sie die Wohnungstür aufgeschlossen. Allerdings ruft sie nicht mit der von ihr gewohnten Fröhlichkeit »Hallo!«,

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