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Die Würde der Toten (German Edition)

Die Würde der Toten (German Edition)

Titel: Die Würde der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Pons
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Rothaarigen noch einfiel. Er setzte sich in seinen Wagen und fuhr Richtung Danneckerstraße. Eine ruhi ge Gegend mit Vorgärten hinter hohen Eisenzäunen. Dort parkte er halblegal vor dem Zugang zu einer Grünanlage mit Spielplatz am Ende der Straße.
    Elisabeth von Bragelsdorf hatte nicht einfach nur gewohnt. Sie hatte im ersten Stock des Gründerzeitgebäudes geradezu residiert. Mit Putzhilfe und Köchin. Beiden war auf Elisabeths Wunsch gekündigt worden, aus Kostengründen, nachdem sie vor drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert worden war.
    Adrian öffnete alle Fenster und ließ die Räume von der kalten, klaren Herbstluft durchfluten. Gunther von Bragelsdorf war all die Jahre für die Miete aufgekommen. Oder gehörte ihm die Wohnung sogar? Adrian musste sich eingestehen, dass er es nicht wusste. Wie so vieles, was es nun herauszufinden galt. Zwangsweise, ob er wollte oder nicht. Er schnaubte ungehalten. Vielleicht erwartete ihn ein reiches Erbe. Klassisches Mordmotiv. Vielleicht aber auch nicht. Zu ihren Vermögensverhältnissen hatte Elisabeth sich nie deutlich geäußert.
    Über Geld spricht man nicht. Man hat es einfach.
    Über dem dunkelbraunen Sofa im Wohnzimmer prangte ein Porträt von ihr. Adrian durchsuchte hastig den Schrank, den Blick ihrer gemalten Augen im Nacken. In einem Schubfach entdeckte er eine kleine Pappschachtel mit Bildern, die fast ausnahmslos Elisabeth zeigten. Daneben fand sich ein Stapel alter Briefe, die er unberührt liegen ließ, und ein Adressbuch. Er steckte drei der Fotografien in einen Umschlag, nahm das Adressbuch an sich und beeilte sich, die Wohnung wieder zu verlassen.
    Im Feierabendverkehr brauchte er eine gefühlte Ewigkeit bis nach Höchst. Es wäre viel sinnvoller gewesen, einen Bestatter in der Nähe seiner eigenen Wohnung zu beauftragen, als in der Nähe der Klinik. Aber dazu war es nun zu spät. Einen Moment lang dachte er daran, Eberhard Moosbacher den Umschlag einfach in die Hand zu drücken und zu verschwinden. Dann entschied er sich dagegen.
    Langsam öffnete er die Eingangstür, niemand nahm ihn in Empfang. Er hielt den Atem an, um dem Mottenkugelgeruch zu entgehen, den er hier wieder zu riechen glaubte, und durchquerte den Raum mit großen Schritten. Erst als er sicher war, nur noch Lösungsmitteldämpfe einzuatmen, stieß er die Luft wieder aus. Im Versorgungsraum hörte er Henry leise singen. Ohne zu klopfen trat er ein. Diesmal entlockte ihm ihr Anblick nur ein Grinsen und verschaffte ihm keine Gänsehaut. Er vermied es, die Person auf dem Tisch zu betrachten, was schwierig war, weil er fasziniert Henrys tänzerisches Tun verfolgte. Sie arbeitete mit ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen, konzentriert und zügig, und schaffte es, dabei gleichzeitig ihre Hüften und Schultern in rhythmische Schwingungen zu versetzen. An der Wand hinter dem Tisch wa ren Zettel und Fotografien an einer Magnetleiste aufgehängt. Ge legentlich warf sie einen kurzen Blick darauf, lächelte, flüsterte ein paar Worte, die eindeutig für ihre Klientin bestimmt waren, um dann wieder weiterzusingen. Selbstvergessen. Das Wort kam ihm in den Sinn, als er sie beobachtete.
    Unvorstellbar für ihn, sich so einem Toten zu nähern. Zu seiner Ausbildung bei der Polizei hatte auch die Anwesenheit bei einer Obduktion gehört, die er nur mit äußerster Anstrengung aufrecht stehend hinter sich gebracht hatte.
    Und dann war der Unfall passiert.
    Seither vermied er Begegnungen dieser Art. Er drückte sich, wenn nötig, womit er sich den Unmut seiner Kollegen zuzog. Schließlich hatte er sogar die Abteilung gewechselt, um den Toten zu entkommen. Aber jetzt stand er hier. In einem Raum mit einer fremden Toten und einer fremden lebenden Frau.
    Henriette Körner kämmte der Leiche die Haare, zupfte das Kleid zurecht, dann schaltete sie die Musik aus. »Hallo«, sagte sie, noch ehe sie sich umdrehte.
    Er fühlte sich seltsam ertappt, beinahe schuldig, so dass er nicht einmal eine Antwort stottern konnte.
    »Sie haben mir zugesehen?«
    Seine Zunge klebte am Gaumen, und er nickte mit den Augen.
    Henry löste die Magnete von der Wand, sortierte die Bilder auf einen kleinen Stapel, den sie dann in einen Umschlag schob und in einer Schublade verstaute. »Es dauert noch ein bisschen, bis ich Zeit für Sie habe. Die Dame wird gleich noch in den Sarg umgebettet. Sie sollten oben warten.«
    Die Haut seiner Unterlippe sprang auf, als er ein Nein herauspresste. Mit der Zungenspitze entfernte er den

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