Die Würfel Gottes
er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, hörte er irgendjemand, der sich nur ein paar Schritte hinter ihm befand, schreien: »Hey, du Arschloch!«
David fuhr herum und sah einen barfüßigen jungen Mann mit nacktem Oberkörper die Verandatreppe hochkommen. Er trug nur eine Jeans, hatte lange blonde Haare, eine beeindruckende Brustmuskulatur, aber was David wirklich ins Auge fiel, war der Baseballschläger in seinen Händen. »Yeah, ich rede mit dir«, sagte der Mann unnötigerweise. »Was zum Teufel machst du hier? Feststellen, dass niemand zu Hause ist?«
David machte einen Schritt von der Tür weg und streckte seine Hände aus, um zu zeigen, dass sie leer waren. »Tut mir leid, dass ich so spät noch störe. Ich heiße David …«
»Es tut dir leid? Du sagst, es tut dir leid? In einer Minute tut es dir noch viel mehr leid, du Arschgesicht.«
Sobald der Mann die oberste Stufe erreicht hatte, drosch er mit dem Baseballschläger los. Er verfehlte David nur um ein paar Zentimeter, der Schläger fuhr so nahe an seinem Ohr vorbei, dass er ihn pfeifen hören konnte. »Herrgott!«, rief er und wich zurück. »Hör auf. Ich bin ein Freund.«
Der Mann kam hinter ihm her. »Du bist nicht mein Freund. Du bist ein Scheißnazi.« Er holte mit dem Schläger aus, um erneut zuzuschlagen.
Es blieb keine Zeit mehr zum Nachdenken, daher reagierte David instinktiv. Er wusste, wie man kämpfte. Sein Vater hatte ihm die Grundregel beigebracht: Hab keine Angst davor, schmutzig zu kämpfen. Er blieb außer Reichweite, bis der blonde Kerl zuschlug, dann lief er auf ihn zu und trat ihm zwischen die Beine. Als der Kerl zusammenklappte, rammte David ihm einen Unterarm gegen die Brust und warf ihn hintenüber. Sein nackter Rücken landete mit einem dröhnenden Klatschen auf der Veranda, und während er nach Luft
schnappte, hebelte David ihm den Baseballschläger aus den Händen. Innerhalb von drei Sekunden war alles vorbei.
David beugte sich über den auf dem Rücken liegenden Mann. »Okay, zweiter Versuch«, sagte er. »Tut mir leid, dass ich so spät noch störe. Ich heiße …«
»Keine Bewegung, du Wichser!«
David schaute hoch und sah Monique zwischen den Türpfosten stehen und eine Schusswaffe auf ihn richten. Ihre hinreißenden Augen funkelten wütend, während sie den Revolver in beiden Händen hielt. Ein knallgelbes Nachthemd hing ihr bis auf die Oberschenkel und bewegte sich leicht in der nächtlichen Brise. »Lass den Schläger fallen und geh weg von ihm«, lautete ihre Anweisung.
David tat wie befohlen. Er ließ den Schläger klappernd zu Boden fallen und machte drei Schritte zurück. »Monique«, sagte er. »Ich bin es, David. Ich habe …«
»Halt gefälligst das Maul!« Sie hielt die Waffe auf seinen Kopf gerichtet, erkannte ihn offenbar nicht. »Keith, ist alles in Ordnung?«
Der barbrüstige Mann stemmte sich hoch. »Ja, mir geht’s gut«, sagte er, klang aber ein bisschen benommen.
»Monique, ich bin es«, wiederholte David. »David Swift. Wir haben uns neunundachtzig auf dem String-Kongress kennengelernt, als du dein Referat über die Calabi-Yau-Mannigfaltigkeiten gehalten hast.«
»Ich hab gesagt, du sollst das Maul halten!«, zischte sie, aber David merkte, dass er sie auf sich aufmerksam gemacht hatte. Ihre Stirn legte sich in Falten.
»David Swift«, sagte er noch einmal. »Ich war Doktorand an der Columbia. Relativität in zweidimensionaler Raumzeit. Erinnerst du dich?«
Als sie begriff, wer er war, sperrte sie den Mund auf, aber wie David es sich gedacht hatte, war sie nicht erfreut. Sie schien eher noch wütender zu sein. Sie runzelte weiterhin
die Stirn, während sie den Revolver senkte und den Hahn entspannte. »Was zum Teufel ist hier los? Warum tauchst du hier mitten in der Nacht auf? Ich hätte dir fast den Kopf weggepustet.«
»Kennst du diesen Typ, Mo?«, fragte Keith, der mühsam auf die Beine kam.
Sie nickte. »Ich kenne ihn vom Studium. Flüchtig.« Mit einer schwungvollen Bewegung ihres Handgelenks klappte sie die Trommel des Revolvers heraus und ließ die Patronen in ihre Handfläche fallen.
In dem Haus nebenan ging ein Licht an. Mist, dachte David. Wenn wir nicht leiser werden, wird jemand die Cops rufen. Er warf Monique einen flehenden Blick zu. »Hör mal, ich brauche deine Hilfe. Ich hätte dich nicht belästigt, wenn es nicht wichtig wäre. Können wir uns vielleicht drinnen unterhalten?«
Moniques Stirn blieb gerunzelt. Nach ein paar Sekunden stieß sie jedoch einen
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