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Die Würfel Gottes

Titel: Die Würfel Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Alpert
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und sein Vater in die Stadt fuhr, um sich zu betrinken, saß er im Garten und zeichnete die Sternbilder mit dem Finger nach. Indem er sich in die Gesetze der Physik vertiefte – die Theorien von Kepler und Newton, Faraday und Maxwell -, konnte David sich von den Wutausbrüchen seines betrunkenen Vaters und der stummen Verzweiflung seiner Mutter distanzieren. Er verbrachte seine ganze Jugend damit, sich auf die Karriere eines Wissenschaftlers vorzubereiten, studierte beharrlich Geometrie und Differentialrechnung in der Highschool und setzte dies fort, indem er Thermodynamik und Relativität im College lernte. Als seine Dämonen ihn im Alter von dreiundzwanzig schließlich einholten, ihn aus der Welt der Physik ausstießen und an die düstere Theke der West End Tavern setzten, war dies mehr als nur ein beruflicher Rückschlag. Er verlor das, was ihm in seinem Leben die größte Freude bereitet hatte. Und obwohl es ihm gelang, aus dem Abgrund hinauszukriechen und eine erfolgreiche Karriere in den Randbezirken der Wissenschaft aufzubauen, indem er Bücher über Newton, Maxwell und Einstein schrieb, kam er sich immer noch wie ein Versager vor. Er wusste, dass er nie eine Chance bekäme, auf den Schultern dieser Riesen zu stehen.

    Aber als David in den Himmel über Carnegie’s Retreat starrte, spürte er, wie ein Teil der alten Freude in sein Herz zurückkehrte. Er betrachtete das gesamte Aufgebot der Planeten und Fixsterne als winzigen Tropfen in einer kosmischen Welle. Vor fast vierzehn Milliarden Jahren war ein Quantenkessel zur Größe des Universums explodiert und hatte gewaltige Spuren von Materie und Energie in seinem Gefolge hinterlassen. Kein Wissenschaftler auf der Welt wusste, warum es zu diesem Urknall gekommen oder was ihm vorausgegangen war – oder wie alles ausgehen würde. Aber die Antworten auf diese Fragen waren vielleicht endlich in Reichweite, lauerten irgendwo in den Schaltkreisen von Professor Guptas Computer. Und David wäre einer der Ersten, die sie zu sehen bekämen.
    Er war derart aufgedreht, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte, als er einen leichten Klaps auf seiner Schulter spürte. Er fuhr herum in der Erwartung, Gupta hinter sich zu sehen, aber der Professor starrte immer noch auf den Computerbildschirm. Stattdessen war es Monique. Sie sah genauso besorgt aus wie er. »Ich möchte dir noch eine Frage zu deinem Flachland-Referat stellen«, sagte sie. »Zu deinem Modell eines zweidimensionalen schwarzen Lochs.«
    Ihr Wunsch kam völlig überraschend, aber nach einem Moment des Nachdenkens verstand David. Monique wollte sich noch ein letztes Mal selbst an der Theorie von Allem versuchen, bevor Professor Gupta die Gleichungen bekannt gab. »Was möchtest du wissen?«
    »Enthielt dein schwarzes Loch CTCs?«
    David hatte den Begriff seit fast zwanzig Jahren nicht mehr gehört, aber er erinnerte sich an ihn. Ein CTC war eine closed timelike curve, eine geschlossene zeitartige Kurve oder Zeitschleife. Im Wesentlichen war es ein Pfad, der es einem Teilchen erlaubte, in der Zeit vor und zurück zu reisen und an genau demselben Punkt anzukommen, an dem es gestartet war.
»Ja, wir haben CTCs in dem Modell gefunden, aber es war nicht so erstaunlich, sie in einer zweidimensionalen Raumzeit zu sehen. Flachland hat alle möglichen seltsamen, unsinnigen Dinge, die man nicht unbedingt in einem dreidimensionalen Universum sehen würde.«
    »Und hatte die Raumzeit eine Wurmloch-Struktur?«
    David nickte. Ein Wurmloch war ein Tunnel durch die Berge und Täler der Raumzeit, eine kosmische Abkürzung, die es Objekten ermöglichte, unmittelbar von einer Region des Universums in eine andere zu reisen. In der zweidimensionalen Welt, die er und Dr. Kleinman vorgeschlagen hatten, würden Teilchen, die in das schwarze Loch abtauchten, in einem separaten Universum auf der anderen Seite wieder zum Vorschein kommen. »Ja, das stimmt. Ich bin überrascht, dass du all das weißt. Ich dachte, du hättest gesagt, dass du dich an dieses Referat nicht so gut erinnerst?«
    »Tu ich auch nicht. Aber während wir hierhergefahren sind, hab ich angefangen darüber nachzudenken, warum Kleinman gesagt hat, dein Referat sei der Wahrheit nahe gekommen. Und jetzt frage ich mich, ob es vielleicht eine Verbindung mit Geons gibt.«
    Das war ein Begriff, der ihm nicht vertraut war. Entweder hatte er ihn nie gelernt oder er hatte ihn völlig vergessen. »Geons?«
    »Das steht für ›gravitative elektromagnetische Einheit‹. Es

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