Die Wundärztin
vergleichen mit dem, was die Söldner drüben im Lazarett erleiden. Und dann auch noch die falsche Pflege! So ein Pech, dass ausgerechnet jetzt, wo Ihr hier sämtliche Aufmerksamkeit braucht, die Schweden einfallen müssen. Als hätte Wrangel es geahnt, was er Euch persönlich in diesem Moment mit seinem Angriff antut. Elender Hundsfott, dämlicher Heringfresser!« Theatralisch schüttelte Magdalena den Kopf. Der Blick, mit dem der Steckenknecht auf ihre Worte reagierte, verriet, wie sehr der sich über Seumes Wehleidigkeit ärgerte. Das besserte ihre Laune schlagartig. Eine klammheimliche Freude überfiel sie, festzustellen, dass Seume vergessen hatte, in wessen Händen sein weiteres Schicksal derzeit lag. Sie nahm sich eines der Lichter vom Tisch und reichte es der Cousine. »Lass mich schauen, was die Wunden machen.« Sie zwinkerte dem inzwischen amüsiert schmunzelnden Steckenknecht zu und bedeutete Elsbeth, an Seumes Lager zu leuchten. Geschickt begann sie, das Leinen um den massigen Schädel abzuwickeln.
»Ist es nicht ein Wunder, dass Ihr seit Stunden schon bei Besinnung seid? Andere schaffen das mit diesen Wunden erst nach vielen, vielen Tagen.« Lächelnd untersuchte sie die lange Naht oberhalb der Augenbraue. Tatsächlich war sie besser verheilt, als sie erwartet hatte. Geschwind löste sie das Tuch, mit dem sie sich vorhin einige Salben und frisches Leinen um die Hüften gebunden hatte, und öffnete einen Tiegel. Sorgfältig strich sie die bewährte Paste aus roter Mennige, Leinöl, Bleiweiß und Seife über den Grind. Zusätzlich presste sie ein getrocknetes Eibischblatt obenauf. Dabei übte sie etwas mehr Druck aus als nötig und bemerkte zufrieden, dass Seume zusammenzuckte.
»Aua! Bist du wahnsinnig!«
»Oh, verzeiht. Bei einem so tapferen Mann wie Euch bin ich wohl doch zu leicht zu unvorsichtig. Dass ich immer gleich denke, ein Mann wie Ihr kenne keine Schmerzen!« Bedauernd schüttelte sie den Kopf und biss die Lippen aufeinander, um nicht herauszulachen. »Verbinde du ihm das Auge, Elsbeth. Schau, so quer herüber musst du das Leinen legen, aber vorsichtig, nicht dass du ihm unnötig weitere Schmerzen zufügst.«
Geduldig wies sie Elsbeth an. Sie winkte dem Steckenknecht, das Licht zu halten, und begutachtete unterdessen die Rippenbrüche. Auch dabei ging sie ruppiger vor als nötig. Seume sollte deutlich spüren, wie sehr es in ihrer Hand lag, ob er Schmerzen empfand oder nicht. Dass er überhaupt noch am Leben war, verdankte er allein Meister Johanns und ihrer Redlichkeit. Kurz huschte ihr die Erinnerung durch den Kopf, wie sie das Skalpell an seinen Hals gesetzt hatte. Ob sie es ein zweites Mal wieder zurückziehen würde, dessen war sie nicht sicher.
Ein-, zweimal stöhnte Seume auf, dann hatte er sich im Griff und ließ sich nichts mehr anmerken. Sie bedachte seinen Leib mit einer großzügig bemessenen Menge der roten Salbe. Ihre Finger auf der entblößten Brust weckten bei ihm noch weitere Lebensgeister. Statt weiterhin leidend zu schnaufen, ließ er bald ein lüsternes Grunzen hören. Sein Gesicht rötete sich, die Lippen wurden ihm feucht. Angewidert beendete Magdalena die Prozedur und versagte sich einen Blick auf seinen Unterleib. Sie ahnte, was sich dort bereits regte. Mit Elsbeths Hilfe legte sie ihm rasch neue Verbände um den Bauch und drückte ihn anschließend fest auf die Strohschütte zurück.
»Wenn Ihr Euch weiter so schont, könnt Ihr in wenigen Tagen aufstehen«, erklärte sie und wollte sich bereits abwenden. Blitzschnell fasste er mit der gesunden Hand nach ihrem Arm und zog sie näher. Elsbeth nutzte die Gelegenheit, sich in die andere Ecke des Zeltes in Sicherheit zu bringen.
»Was faselst du für einen Unsinn? Halb tot bin ich vor Schmerzen! Wenn du nicht hierbleibst und bei mir wachst, krepiere ich, eh der Tag vorbei ist. Die beiden Tölpel«, wütend nickte er zu seinem Steckenknecht am Tisch hinüber, »wissen doch gar nicht, wie sie mir beistehen sollen. Zu nichts zu gebrauchen sind die. Du allein aber bist schon eine gute Medizin.« Begehrlich glitt sein Blick über ihre Brust. Seine Hand landete auf ihrem Hintern und tastete ihn mit gierigen Fingern ab. »Selbst wenn ich wie ein hilfloser Krüppel hier liege, weiß ich doch, was mir helfen würde, um rasch wieder gesund zu werden.« Ehe sie sich versah, presste er ihre Hand in seinen Schritt.
Ein fremdartiges Quietschen und Schnappen, als rastete ein Eisenscharnier ein, lenkte sie kurz ab. Energisch
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